DRK unterstützt Aufbau der Behindertenhilfe in Polen


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Wolfenbüttel. Von einer dreitägigen Dienstreise zurückgekehrt sind jüngst die DRK-Mitarbeiter Thomas Stoch (Leiter des Integrations- und Therapiezentrums, ITZ Am Exer), Imke Völker (Leiterin der Abteilung Familienentlastender Dienst, FED) und Petra Kaschefski (Leiterin der Autismusambulanz im ITZ). Eingeladen wurden sie von Piotr Kuzniak von der Einrichtung Fundacji Imago aus Breslau.

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Polnische Delegation zu Gast im ITZ des DRK Wolfenbüttel. Foto: Privat



Den Kontakt zu den Wolfenbüttelern stellte Kuzniak auf der Internationalen ISBA Konferenz in der Wolfenbütteler Landesmusikakademie im vergangenen September her. Kuzniak stellte dort seine Initiative vor, das System der Behindertenhilfe in Polen zu verändern – es müsse sich von der eher stationären Orientierung der Hilfsangebote hin zu ambulanten und personenzentrierten Hilfen entwickeln. Hier hat Kuzniak nicht nur die Strukturen seiner Heimatstadt Breslau im Blick, sondern er spricht für Projektpartner in ganz Polen. Auf der Konferenz in der Lessingstadt knüpfte er Kontakte zum Wolfenbütteler DRK.

Unterstützt durch Fördergelder von der Europäischen Union stellte er eine fünfköpfige Delegation zusammen und besuchte im Februar das Integrations- und Therapiezentrum in Wolfenbüttel. "So intensiv haben uns noch keine Gäste befragt", erinnert sich Thomas Stoch an den zweitägigen Besuch der Fachleute aus Polen. Die Qualität der Beratung im ITZ, unsere konkreten Angebote und die gesetzlichen Grundlagen der Eingliederungshilfe und der Pflegeversicherung in Deutschland wurden hinterfragt und ausführlich protokolliert. Auf Grundlage des von Jola Waszkiewicz erstellten Berichts über die Arbeit des ITZ in Wolfenbüttel und einer weiteren Einrichtung in Dänemark sollen Gesetzesvorschläge formuliert werden, um sie wiederum den Behörden in Polen zur Diskussion vorzulegen.

Zum Projektpartner aus Dänemark erklärt Stoch: "Das Granbohus ist eine Einrichtung wenige Kilometer nördlich der Hauptstadt Kopenhagen, sehr ähnlich dem ITZ. Mit dem Leiter der Einrichtung Thor Simony arbeite ich schon seit vielen Jahren zusammen. Wir tauschen unsere Erfahrungen, Konzepte und Ideen aus", so der Bereichsleiter der im vergangenen Jahr die Internationale Konferenz nach Wolfenbüttel geholt hat.

Höhepunkt der dreitägigen Reise nach Polen waren die Vorträge von Stoch und Simony im Regierungszentrum von Kattowitz, der Hauptstadt des Bezirks Schlesien. Es nahmen rund 40 Vertreter von Einrichtungen der Behindertenhilfe aus ganz Polen teil, zudem waren auch Vertreter aus den Ministerien und Behörden anwesend. Die Eröffnungsansprache der Veranstaltung hielt Polens Abgeordneter im Europäischen Parlament Marek Plura. Er lobte ausdrücklich die Konzepte der Einrichtungen und bezeichnete sie als gute Beispiele für die Zukunft der Behindertenhilfe in Polen. Plura sieht großen Änderungsbedarf in Bezug auf die polnische Gesetzgebung, er selbst hat eine schwere körperliche Behinderung und ist auf einen Rollstuhl angewiesen und bekommt Unterstützung durch persönliche Assistenten. Dies sei aber keine Selbstverständlichkeit – in Polen werden Menschen mit Behinderung noch nicht ausreichend unterstützt und ihre Familien erhalten nur sehr wenig Entlastung und Anerkennung durch die Behörden.

Die polnischen Gastgeber luden die Gäste aus Dänemark und Deutschland zu einer Rundreise ein, auf der sie verschiedene Einrichtungen in der Region Schlesien vorstellten. Besonders beeindruckt habe die Kollegen aus Wolfenbüttel das Konzept der Tagesbetreuung Oligos in Ribnik und vor allem die Arbeit des "Artistic Association Grodzki Theatre" in Bielsko-Biala, einer modularen und inklusiven Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, mit einer Tagesstruktur und Beschäftigungsbereichen mit einer engen Anbindung an den ersten Arbeitsmarkt. Petra Kaschefski dazu: "Mich beeindrucken die künstlerischen Einflüsse aus Theater und Schauspiel sowie aus Handwerk und Gestaltung. Die Einrichtung hat eine sehr positive Haltung und entwickelt kreative Projekte", erklärt die Leiterin der Autismusambulanz im ITZ.

Die Vize-Präsidentin des Theatre Grodzki Jolanta Sopicka stellte in der Vorstellung ihres Konzepts ausdrücklich die Nähe zum ITZ in Wolfenbüttel dar – auch hier werden individuelle Lösungen für Betroffene und ihre Familien gefunden, die verschiedenen Abteilungen greifen ineinander und ergänzen sich. Die Einrichtung in Bielsko-Biala betreibt auch ein Hotel im Ausflugsort Laliki an der tschechischen Grenze, in dem Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden. Das Ziel sei dabei aber immer, die Beschäftigten weiterzubilden und sie konsequent in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

In den Gesprächen der Einrichtungsvertreter wurde schnell klar, dass die Zusammenarbeit und Kooperation der Projektpartner aus Polen, Dänemark und Deutschland auch zukünftig Bestand haben wird. "Wir haben viele Anregungen von dieser Reise mitgenommen", meint Stoch. "So wäre es auch für uns denkbar, ein weiteres Beschäftigungsprojekt zu entwickeln. Mit den Integrationsbetrieben Solferino und der Zukunftsfabrik haben wir bereits Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt. Es muss auch bei uns mehr Alternativen für Menschen mit Behinderungen zum klassischen Werkstattbesuch geben."


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