Hungerstreik im Celler Gefängnis – “Nicht jeder kann machen, was er will”

von Marc Angerstein


| Foto: Ado



 Im Celler Gefängnis sind heute (Montag) fünf von zwanzig Sicherungsverwahrten in den Hungerstreik getreten. Anstelle Zwangsernährung würden erst Gespräche mit dem Ziel der Deeskalation geführt.

Die Häftlinge fordern bessere Haftbedingungen, wie es das Bundesverfassungsgericht vorgegeben habe. Sie fordern u.a. uneingeschränkte Zellen-Zutritt von Frauen, Bezahlfernsehen und freie Internetnutzung. Außerdem haben drei der Streikenden  Strafanzeige gegen Justizminister Bernd Busemann eingereicht. Sie beziehen sich auf Artikel eins und zwei des Grundgesetzes, die unter anderem die Achtung der Menschenwürde und freie Entfaltung der Persönlichkeit garantieren. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg wird die Klage nun prüfen. Ministeriumssprecher Georg Weßling gegenüber WolfenbüttelHeute.de:

“Nach Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg ist dort eine Strafanzeige eingegangen. Ohne der Staatsanwaltschaft vorgreifen zu wollen, ist jedoch allgemein bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht Bund und Ländern eine Übergangsfrist bis zum 31. Mai 2013 gewährt hat, um die Gesetzgebung zur Sicherungsverwahrung insgesamt neu zu regeln. Die Aufhebung eines Gesetzes führt aber nicht zu gesetzlosen Zeiten. Bis ein neues Gesetz in Kraft ist bleibt im Regelfall die vorherige Regelung rechtsgültig. Das gilt auch für die Vollzugsgesetze der Länder, welche den Vollzug der Sicherungsverwahrung regeln.

In dem Rahmen, wie es die  Gegebenheiten in Celle zulassen, werden Schritt für Schritt verbesserte Rahmenbedingungen für die Sicherungsverwahrten bereits jetzt umgesetzt. Manches von dem, was Herr B. und seine Mitstreiter fordern (z.B. Frauen in die SV-Station, Pay-TV oder Computer und Internet), wird es in Celle nicht geben und auch künftig in Rosdorf nicht. Sicherungsverwahrte sind zwar Menschen, die ihre Strafhaft verbüßt haben. Gleichwohl sind sie auf Beschluss unabhängiger Gerichte in Gewahrsam zu behalten, weil von ihnen eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Daher ist immer der Sicherheitsaspekt zu beachten, wenn Lockerungen gewährt werden. Freiheitsorientierung heißt schließlich nicht, dass jeder machen kann, was er will.”

Das Bundesverfassungsgericht fordert in seinem Urteil mehr Lebensqualität in der Sicherungsverwahrung wie größere Zellen und private Gegenstände. Im Mai dieses Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht aber auch entschieden, dass sich die Sicherungsverwahrung von der normalen Strafhaft unterscheiden müsse. Die Zellen sollen z.B. größer sein und mehr Freizeit- und Therapieangebote bereitgestellt werden. Darum baut das Land Niedersachsen in Rosdorf im Kreis Göttingen ein neues Gefängnis (WolfenbüttelHeute.de berichtete), in das spätestens im Mai 2013 die ersten Sicherungsverwahrten untergebracht werden sollen.


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