Islamwissenschaftler Menno Preuschaft referierte im Solferino


Referent Menno Preuschaft. Foto: DRK
Referent Menno Preuschaft. Foto: DRK | Foto: DRK

Wolfenbüttel. In der Vortragsreihe der DRK-Flüchtlingshilfe ging diesmal der Islamwissenschaftler Menno Preuschaft vor zahlreichen Zuhörern im Solferino der Frage nach, was Salafismus ist – und gab Tipps insbesondere für Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten.


„Der Salafismus richtet sich mit seinem Angebot vor allem an Jugendliche und junge Menschen“, sagt der Experte, der beim Landespräventionsrat in Hannover tätig ist. In Deutschland gebe es rund 8600 Menschen, die sich dieser speziellen und radikalen Islam-Ausrichtung zugehörig fühlen – davon 520 in Niedersachsen. Die Hochburgen seien Braunschweig, Hannover, Hildesheim und Wolfsburg. Um die Attraktivität zu erläutern, die der Salafismus ausstrahlt, zeigte Preuschaft dem Publikum etwa die Homepage von Pierre Vogel, dem wohl bekanntesten deutschen Vertreter. Da finden sich Erklärungen für alle Lebenslagen, Argumentationshilfen für das Gespräch mit Ungläubigen – aber insbesondere das Versprechen, dass jeder, der zum Salafismus übertrete, zu den Gewinnern gehöre. Eine Konversion zum Islam ist dort – laut Vogel – sogar einfach direkt auf der Homepage möglich. „Das ist wie der Instantkaffee unter den Religionen“, so Preuschaft.

Dies seien die entscheidenden Anknüpfungspunkte zu den Jugendlichen. Außerdem könne man sich als Salafist sehr gut von den älteren Generationen abgrenzen – ein Ur-Bedürfnis der Jugend. So zähle es unter männlichen Salafisten zum religiösen Gebot, sich keinen Oberlippenbart wachsen zu lassen. Die perfekte Methode, sich vom Vater abzugrenzen. Für Frauen gibt es die Niqab – die Vollverschleierung. Auch dies sei ein gutes Mittel, sich vom Gros der Gesellschaft abzukapseln – ebenfalls ein Bedürfnis vieler Jugendlicher. Niqab zu tragen, sei im Grunde das, was vor 30 Jahren in der westlichen Gesellschaft der Punk war – Abgrenzung und Provokation in einem, erklärte Preuschaft.

Rund die Hälfte aller Salafisten in Deutschland seien – wie Pierre Vogel – Konvertiten, haben also keinen islamischen Hintergrund in der Familie. Das liege zum einen an der einfachen Möglichkeit überzutreten. Zum anderen praktizieren Salafisten aber eben auch Missionars-Arbeit, verteilen etwa den Koran in den Fußgängerzonen. Für Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten, ergeben sich daraus laut Preuschaft einige Herausforderungen. „Religiöse Identitätssuche ist bei jungen Menschen völlig normal. Es ist schwer zu erkennen, wo Extremismus anfängt“, sagt der Präventions-Experte. Wo beginnt Radikalisierung, wo beginnt antidemokratisches Handeln? Das sind die Fragen, die man sich stellen müsste. Wichtig sei vor allem die Frage nach den Gründen. „Wenn jemand in den Extremismus oder die Drogenszene abdriftet, hat das Gründe – etwa im familiären Umfeld“, sagt Preuschaft, und motiviert zum Nachfragen.


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