Juliane Bartel Medienpreis verliehen: Özkan: „Medien schaffen Realität."


| Foto: WSF)



Niedersachsens Sozial- und Frauenministerin Aygül Özkan hat in Hannover den Niedersächsischen Juliane Bartel Medienpreis verliehen. Der Preis für Fernseh- und Hörfunkbeiträge ist mit insgesamt 12.000 Euro dotiert.

„Medien schaffen Realität", betonte die Ministerin. Deshalb hätten sie eine wichtige Funktion, wenn es um eine ausgewogene Darstellung von Frauen und Männern ginge. Wichtig seien daher Beiträge in Radio und Fernsehen, die „auf Klischees und überholte Rollenzuweisungen verzichten". Mit dem Juliane Bartel Medienpreis würden Autorinnen und Autoren ausgezeichnet, die „einen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit leisten oder Rollenkonflikte und Missstände aufzeigen", so Ministerin Özkan.

Aus insgesamt 117 Wettbewerbsbeiträgen haben die Jurymitglieder Tayfun Bademsoy (Schauspieler), Dr. Maya Götz (Medienwissenschaftlerin, Medienpädagogin), Oliver Mommsen (Schauspieler), Andreas Neumann (Leiter ARD-Aktuell, Radio Bremen), Susanne Stichler (Fernsehmoderatorin), Carmen Thomas (Journalistin und Autorin, 1. Moderationsakademie für Medien und Wirtschaft) und Petra Katharina Wagner (Drehbuchautorin, Regisseurin) folgende Autorinnen und Autoren für ihre Beiträge ausgewählt:

Kategorie Fernsehfilm und Fernsehserie

Abgebrannt, Verena S. Freytag, ZDF, 99 Min.

Pelin Yolcu lebt mit ihren der Kindern im Berliner Wedding, bezieht Hartz IV und ist Tätowiererin. Ihr Liebhaber Edin ist Kiezgangster und dealt mit Ecstasy. Als ihr kleiner Sohn daran fast stirbt, verrät Pelin ihn, um die sonst drohende Trennung von den Kindern zu verhindern. In der vom Jugendamt verordneten Mutter- Kind- Kur an der Ostsee wird klar: Sie ist wieder schwanger - von Edin. Er spürt sie auf, verspricht ihr, ein Vater für das Kind zu sein, wenn sie eine Kurierfahrt nach Dänemark macht. Aus Liebe lässt sie sich auf den Deal ein, doch der misslingt. Am Ende verliert Pelin durch Edins Schläge ihr Kind und zurück in Berlin ist wieder alles offen.

Der Film zeigt eindringlich die Geschichte einer jungen Frau mit türkischen Wurzeln in ihrem täglichen Überlebenskampf zwischen großen finanziellen Problemen, emotionaler Wurzellosigkeit, kriminellen Machenschaften, Lebenshunger und Mutterliebe.

Der filmisch außergewöhnlich stimmige Bestandsaufnahme von Verena S. Freytag rüttelt auf und macht nachdenklich - denn junge Frauen wie Pelin Yolcu gibt es viele im Schatten unserer Gesellschaft.

Kategorie Fernsehen - Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag, unter 10 min

Wutmütter, Gabriele Winter, Anke Becker-Wenzel, Dana Nowak, ZDF,

Frontal 21, 7 Min.

Die Autorinnen stellen anhand von drei Beispielen dar, wie schwierig die Vollzeit- Berufstätigkeit für alleinerziehende Mütter nach dem neuen Scheidungsrecht zu realisieren ist, weil Betreuungsplätze fehlen. Der Magazinbeitrag belegt, auch angereichert durch Hintergrundinformationen, die Ungleichbehandlung von geschiedenen berufstätigen Frauen gegenüber Männern sowie die negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung von weiblichen Fachkräften und gibt den Betroffenen die Möglichkeit sich zur gesetzlichen Regelung zu äußern: wütend!

Kategorie Fernsehen - Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag, länger als 10 min

Saving Face, Sharmeen Obaid-Chinoy und Daniel Junge, WDR, 45 Min.

Das Feature erzählt die erschütternde Geschichte von Rukhsan und Zakia, die einem Säureanschlag zum Opfer gefallen sind. Ein Schicksal, das zahlreiche Frauen in Pakistan erleiden. Die beiden bekommen Hilfe durch Mohammad Jawad, der als plastischer Chirurg in London tätig ist, und durch die Politik, die die Gesetze für die Attentäter drastisch verschärft.

Die klar erzählte, handwerklich gut gemachte ,story' begleitet die beiden Frauen, bis sich Zakia mit ihrem neuen Gesicht auf die Straße traut und ihr Mann zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt ist.

Der Film ist hoch emotional, mitfühlend und verstörend zugleich und bietet einen umfassenden Einblick in die gesellschaftliche Stellung von Frauen in Pakistan, wo Männern bis heute jegliches Unrechtsbewusstsein fehlt und sie immer noch behaupten (können), dass die Frauen selbst die Anschläge auf sich verüben, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Kategorie Fernsehen - Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag

mit einer Länge von mehr als 10 Minuten

Das Jenke-Experiment: Jenke als alleinerziehende Mutter, Jenke von Wilmsdorff, RTL, 7 x 21 Min.

Um zu zeigen, wie stressig das Leben von alleinerziehenden Müttern ist, übernimmt EXTRA-Reporter Jenke von Wilmsdorff in seinem 7-teiligen TV-Experiment die Rolle von Marion A. und lebt eine Woche lang in einer fremden Familie mit drei Kindern, Hund und Katze. Dabei ist der Reporter nicht nur mit sämtlichen mütterliche Pflichten konfrontiert sondern auch mit dem Job von Marion A. in der Spülküche eines Altenheims.

Jenke wird Tag und Nacht durch diverse Höhen und Tiefen begleitet: das ist amüsant, informativ, beeindruckend und emotional packend. Auf diese Weise schafft er es, sein Thema einem breiten Publikum nahe zu bringen. Der Mehrteiler lebt davon, dass eine Familie genug Vertrauen in das Experiment hat und Reporter Jenke sich ernsthaft, selbstkritisch, zugewandt und über die ganze Strecke interessiert in die enorm anstrengende Familiensituation einbringt. Am Ende haben die Zuschauer und er jede Menge gelernt

Kategorie Hörfunk

Frauenzuchthaus Hoheneck. Demütigung. Willkür. Verrat., Gabriele Stötzer,

MDR Figaro, 59 Min.

Im Alter von 23 Jahren wurde die Schriftstellerin Gabriele Stötzer wegen Staatsverleumdung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, sieben Monate davon verbrachte sie in Hoheneck.

Ihr Feature schildert anhand mehrerer biografischer Erzählungen den grausamen, von Willkür und Demütigung geprägten Alltag des DDR-Frauengefängnisses.

Strenger Schichtbetrieb, Mangelernährung, Säuglingsentzug, Folterkeller und die Beaufsichtigung durch sadistische Schwerverbrecherinnen sind die Rahmenbedingungen einer unmenschlichen Haft, in der Kriminelle und Politische auf engstem Raum zusammengepfercht waren.

Die geplante Nutzung von Hoheneck nach der Wende vervollständigt die erschütternde Geschichte dieses Ortes: ein Unternehmer wollte Hoheneck zum „Event-Hotel" der besonderen Art machen, bevor der massive Protest von Opferverbänden durchsetzte, dass die Burg zu einer Gedenkstätte wird.

In ihrer enorm eindringlichen Montage gelingt der Autorin eine erschütternde Bilanz der Haftbedingungen, denen Frauen in DDR-Gefängnissen ausgesetzt waren, sie zeigt die traumatisierenden Auswirkungen auf ihr gesamtes weiteres Leben und leistet damit einen lang nachwirkenden Beitrag zu einem bis heute nicht ausreichend aufgearbeiteten Thema.


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