Wolfenbüttel, die Stadt mit der Mailänder Scala in weiß, hat ganz schön was zu bieten. Heute das Schweigerfest mit einem bunten Programm für die ganze Familie, gestern den offiziellen Wahlkampfauftakt der SPD zur Bundestagswahl im September für etwa 300 Genossen oder die, die denen Nahe stehen.
Prominente Wahlkampfunterstützung war angesagt. Und das kostenlos. Alle rechneten mit dem Flussmonster aus der Ilse, gekommen sind dann aber der aus dem Fernsehen bekannte SPD-Chef Sigmar Gabriel, ein abgehalfterter Komiker und ein Privat-Detektiv, der bei dem Aufruf der Stadt "Wahlhelfer gesucht" einen Auftrag witterte.
Das es nur 300 Besucher waren, mag an Ingo Appelt und nicht an Sigmar Gabriel gelegen haben, obwohl der TV-bekannte "Unter-die-Gürtellinie-Gänger" in seinem 15-minütigen Auftritt nur sechsmal "ficken" gesagt hat. Aber das Klientel - und die stolzen Mitglieder der ehemals großen Volkspartei SPD - sind schon etwas betagter und deshalb schon fast so konservativ wie bei der CDU. "Ficken" sagt man eben nicht.
Ficken macht man auch nicht. Es ist zu warm im Moment. Das sorgt im städtischen Klinikum dann für geburtenschwache Wochen: Ende April, Anfang Mai. Stattdessen gehen die Menschen in Stadt und Landkreis Wolfenbüttel viel lieber ins Freibad. In Hornburg gestern zum Sommerfest des Freibades war der Teufel los. Der Teufel - und auch nicht das Flussmonster aus der Ilse.
Das die stolze SPD trotz der Unterstützung durch die Fernsehprominenz nur 300 Menschen vor ihrer Wolfenbütteler Zentrale am Bahnhof versammeln konnte, ist erstaunlich. Wie viele Besucher vor der Bühne gestanden hätten, wenn nur nur Sigmar Gabriel geredet hätte, wissen wir alle nicht. Doch schon vor Beginn der Veranstaltung waren sich die Verantwortlichen sicher, die richtige Standortentscheidung für den Wahlkampfauftakt getroffen zu haben. Den künftigen Paul Raabe-Platz hätte man wohl tatsächlich nur schwerlich füllen können...
Eines gilt aber als sicher: Das Gros der frenetisch tobenden Masse ist nicht wegen des korpulenten Bundestagsabgeordneten, nicht wegen dem niveaulosen Dampfplauderer und nicht wegen dem senilen Sherlock Holmes gekommen, sondern wegen des souveränen Moderators Falk Hensel.
Der ging mit keiner Silbe auf die von der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt (AWO) auf dem Schlossplatz angezettelte Gegenveranstaltung ein. Der berühmt-berüchtigte AWO-Flohmarkt hat Gabriels Promi-Trio richtig Besucherzahlen gekostet. "Das werden wir noch parteiintern auswerten", hieß es zum Ende der Veranstaltung vor dem SPD-Würfel.
In Stadt und Landkreis Wolfenbüttel herrschte gestern übrigens dicke Luft. Das lag nicht an der öffentlichen Feststellung von Ingo Appelt “Das war ja bisher eine lahmarschige Veranstaltung”, die er direkt nach der Rede vom Wahlkandidaten und Bundestagsabgeordneten Gabriel tätigte, sondern an der Gülle-Düngung einiger Landwirte.
Ob allerdings Ingo Appelt auch künftig bei weiteren Veranstaltungen des SPD-Chefs dafür sorgen wird, dass die Plätze nicht zu voll werden, ist unbekannt. Gabriel lies sich zumindest nichts anmerken. Hinter der Bühne soll es dann aber laut geworden sein, was aber auch an der Allround-Unterhaltungs-Waffe der SPD, der Band "Dixie Fire" gelegen haben könnte.
Der Privat-Detektiv machte sich derweil auf die Suche nach den Goldräubern, die lediglich ein Handy erbeuteten und auf die Suche nach den Tankstellendieben, die mit ihrem Fluchtauto liegen geblieben waren. Das Flussmonster aus der Ilse steht übrigens nicht unter Tatverdacht.
"Das ist ja eine ganz heiße Ecke hier", sagte der Schnüffler nicht nur auf die Außentemperaturen bezogen und fühlte sich bestätigt, als er hörte, dass ein Mähdrescher ein Stoppelfeld entzündete. Psst, streng geheim: Der Detektiv soll auch schon als Nachmieter für Gabriels Wahlkreisbüro gehandelt werden, sollte der SPD-Chef nicht wieder gewählt werden...
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