Kein Test: Weiterer Wolfenbütteler an Corona erkrankt?

"Ja, auch wir gehen von einer größeren Dunkelziffer aus", sagt der Landkreis Wolfenbüttel. Bei den Tests auf Infektionen mit dem Coronavirus würde man sich an die Vorgaben des Robert Koch Institutes (RKI) halten.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Anke Donner

Wolfenbüttel. "Wäre ich etwas verantwortungsloser, dann wäre ich jetzt schon draußen gewesen", sagt einer unserer Leser, der die Sorge hat am Coronavirus erkrankt zu sein. Getestet wurde der 29-Jährige, der namentlich nicht genannt werden möchte, nicht. Er fällt nicht in das enge Raster des Robert Koch Instituts (RKI). Und so bleibt er mit Krankheitssymptomen im Ungewissen zu Hause.


An seinem Arbeitsplatz in einem Großunternehmen in der Region soll ein Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt sein. Möglicherweise auch zwei. Wer genau, das werde aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt, sagt er. "Einer dieser Fälle war wahrscheinlich eine Etage über mir. Der Austausch der Kollegen ist sehr nah. Wir haben die gleichen Toiletten und die gleichen Kaffeeküchen. Die Türen der Großraumbüros müssen natürlich beim Betreten berührt werden."

Seit Dienstag hat der Wolfenbütteler Krankheitssymptome. Er spricht von kurzzeitigem Fieber, Husten, Halsschmerzen, sehr leichter Luftnot, einem leichten Schnupfen und Durchfall. Zunächst schiebt er es auf eine normale Erkrankung und sagt: "Es muss ja auch nicht immer alles Corona sein." Nur wusste er da noch nicht, dass an seinem Arbeitsplatz offenbar eine Erkrankung vorliegt. Er arbeitet zurzeit aus dem Homeoffice, war zuletzt am 13. März im Büro.

Am vergangenen Donnerstag nahm er per E-Mail Kontakt mit dem Bürgerbüro des Landkreises Wolfenbüttel auf und schildert sein Anliegen. Wörtlich heißt es in der E-Mail:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe seit gestern leichten trockenen Husten, Kratzen im Hals, leichten Schnupfen und sehr leicht erschwerte Atmung. Ich arbeite von zu Hause aus, müsste aber heute zu meiner Firma, in der es bestätigte Fälle gibt. Wie genau ich Kontakt zu diesen Kolleg_innen hatte, kann ich nicht sagen.

Mit freundlichen Grüßen


Landkreis sieht keine Gefahr


In einer Antwortmail gibt eine Landkreis-Mitarbeiterin Entwarnung und schreibt, dass bei ihm keine Gefahr bestünde sich mit dem Virus infiziert zu haben, wenn er sich nicht in den letzten zwei Wochen in einem Risikogebiet aufgehalten habe oder keinen direkten Kontakt zu einer positiv getesteten Person gehabt hätte. Sollte er sich krank fühlen, solle er zu Hause bleiben und sich krankschreiben lassen. Dies liege in seinem eigenen Interesse und seiner eigenen Verantwortung. Würde er sich dafür entscheiden, solle er den Hausarzt telefonisch kontaktieren.

Der 29-Jährige hatte sich erhofft, gleich einen Test machen zu können und zeigt sich enttäuscht darüber, weitergeschickt zu werden. Er versucht seinen Hausarzt zu kontaktieren, doch bekommt hier immer nur den Besetztton des Telefons zu hören. Eine dreimalige Überprüfung unserer Redaktion bestätigt dies. Und auch unter der Rufnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 sehe es nicht besser aus. Hier würde er immer wieder in einer nicht enden wollenden Warteschleife landen.

Er fragt, warum man auf der einen Seite über immer härtere Maßnahmen für die Gesellschaft diskutiert, während man auf der anderen Seite vor so große Hürden gestellt wird, erkrankte Menschen überhaupt testen zu lassen.

Vorgehen nach Handlungsvorgaben des RKI


Auf Nachfrage beim Landkreis Wolfenbüttel erklärt Pressesprecherin Lisa Burfeind: "Wir handeln nach Handlungsvorgaben des Robert-Koch-Institutes, genauso wie andere Landkreise und kreisfreie Städte auch. Es werden Menschen getestet, die Symptome zeigen und Kontakt mit einem nachweislichen Infiziertem hatten (oder aus einem Risikogebiet kommen). Die Kontaktpersonen werden mit der Hilfe des Infizierten ermittelt. Würden alle Menschen getestet, die sich vielleicht im Umfeld des Erkrankten aufgehalten haben, würden wir entgegen der Vorgaben handeln und vor allen Dingen die Testkapazitäten überlasten."

Tatsächlich ist das auch für Wolfenbüttel zuständige Testzentrum in Braunschweig bereits komplett ausgelastet, wie eine Anfrage von regionalHeute.de bei der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) ergab. Dort hieß es am Freitag: "Der Zuwachs der Testungen liegt bei täglich 20 Prozent. Es gibt keine Freiräume. Bei der Terminvergabe und bei der Mitteilung des Testergebnisses müssen die Patienten eher länger warten als noch vor ein paar Tagen."

Aber auch die Hausärzte selbst, das Klinikum und in seltenen Fällen das Gesundheitsamt führen Tests durch. Zudem steht eine vom Deutschen Roten Kreuz eingerichtete "Drive-In" Beprobungsstelle in Bereitschaft, die bislang jedoch nicht aktiviert wurde.

Doch wie kommt man nun zu der Annahme, dass für den Hilfe suchenden Wolfenbütteler keine Gefahr bestünde, sich infiziert zu haben? Er gab ja an, nicht zu wissen, ob er Kontakt zu der in seinem Betrieb infizierten Person gehabt haben könnte. Der Landkreis Wolfenbüttel antwortet: "Die Kontaktpersonen einer infizierten Person werden kontaktiert und unter Quarantäne gestellt. Diese Person zählte demnach nicht zu den Kontaktpersonen."

Eine große Dunkelziffer an Infizierten


Bei diesem Vorgehen sieht der 29-Jährige schwarz. "Es ist wenig glaubhaft, dass das Virus nur bei Personen zu finden sein soll, die aus Risikogebieten kommen oder einen direkten Kontakt zu bereits Infizierten hatten." Der Goslarer Landrat Thomas Brych hatte schon vor Tagen gesagt: "Aus medizinischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich bereits sehr viele Menschen mit dem Virus infiziert haben, sehr hoch. Viele werden dies gar nicht bemerkt oder nur sehr leichte Symptome entwickelt haben." Er sprach von einer großen Dunkelziffer. Dem schließt sich der Landkreis Wolfenbüttel an und sagt: "Ja, auch wir gehen von einer größeren Dunkelziffer aus."


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