KolumneHeute: Geld fürs Umsorgen – Bin ich die Nanny meiner Kinder?

von Sina Rühland


| Foto: Robert Braumann



Braunschweig. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über das Betreuungsgeld, das auf der Wünsch-dir-was-Liste der CSU neben der PKW-Maut ganz oben stand. Nun gibt es 150 Euro im Monat für jeden, der sein Kind die ersten drei Lebensjahre lieber zu Hause erzieht. Betreuungsgeld – Würdigung der Familie oder Rückschritt in die 50er Jahre, in denen sich viele Frauen ausschließlich dem Herd, dem Wohl des Gatten und dem der Kinder widmeten?

Verstößt das Betreuungsgeld für Eltern gegen die Verfassung? Die umstrittene Leistung ist längst Gesetz, da lehnen sich Gegner, in diesem Fall die SPD-Landesregierung Hamburg, erneut auf. Alte Rollenbilder würden zementiert und Frauen davon abgehalten nach der Geburt schneller wieder in den Beruf zurückzugehen, heißt es aus der Hansestadt. Doch warum werden eigentlich nur Frauen in den Fokus gestellt? Grundsätzlich können doch auch Väter die staatliche Förderung erhalten, wenn sie sich der Erziehung ihrer Kinder bis zum Eintritt in das Kindergartenalter widmen möchten. Ganz einfach: viele machen es einfach nicht. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes bezogen im vierten Quartal 2014 bundesweit 386.483 Eltern Betreuungsgeld. 94,7 Prozent davon waren Mütter. Ein paar wenige Väter beantragten ebenfalls die Leistung – die wenigsten davon leben in dem Bundesland des passionierten Betreuungsgeld-Verfächters, in Bayern.

66 Prozent der Deutschen sprachen sich vor drei Jahren gegen die Einführung der sogenannte Herdprämie aus – trotz dessen hat sie die Bundesregierung eingeführt. Die SPD war dagegen, ist eigentlich es noch immer, versprach, die Einführung nicht zulassen zu wollen. Nun ist die Leistung da und wird den Steuerzahler in diesem Jahr zirka 900 Millionen Euro kosten. Unsere Familienministerin Manuela Schwesig darf das Leistungsgesetz verteidigen, das sie im Kern eindeutig ablehnte. Das große Los der großen Koalition? Wer politisch mitmischen will, der muss auch mal seine Wahlversprechen beiseite lassen. Siehe PKW-Maut und die Aussagen unserer CDU-Bundeskanzlerin.



Über den Sinn oder Unsinn des Betreuungsgeldes darf diskutiert werden. Vor allem, da Eltern, die Elterngeld erhalten, also einen Job haben, sich aber in der Elternzeit befinden, die Sozialleistung gar nicht zusteht. Das heißt, dass lediglich Eltern, die arbeitslos sind und dementsprechende Leistungen erhalten oder Elterneile, die zuhause bleiben können, weil der Partner so viel verdient, dass es für alle reicht, Anspruch auf das Betreuungsgeld haben. Somit gilt die staatliche „Würdigung“ einem relativ geringen Teil unserer Bevölkerung. 150 Euro sind viel Geld, vor allem für Menschen, die nicht viel haben. Kita-Plätze kosten Eltern in der Regel die ersten zwei Jahre eine Menge Geld – wenn sie ihre Kinder allerdings zuhause lassen, bekommen sie welches. Aber von wem wollen Eltern denn tatsächlich gewürdigt werden? Wenn man mit seinen Eltern zusammensitzt und sich über seine eigene Kindheit unterhält, dann kommt doch oft eines zutage: sie hätten sich mehr Anerkennung ihrer Kinder gewünscht. Pubertätsbedingt ist das wohl oft ein utopischer Wunsch. 150 Euro im Monat sind nicht gleichzusetzen mit der Anerkennung durch die eigene Familie; mit der Anerkennung der stets schlecht gelaunten und alles einfordernden Teenager, die erst später erkennen werden, wie hart die Vereinbarung von Familie, Beruf und Partnerschaft ist. Nicht alle Eltern möchten Geld für etwas erhalten, das selbstverständlich ist, wenn man sich für Kinder entscheidet – dass man seine Kinder liebt, umsorgt, fördert und verflucht.


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