Kommunale Spitzenverbände: “Land muss Mehrkosten für Hundegesetz tragen”


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Zur weiterhin unklaren Situation zur Umsetzung des Hundesteuergesetzes hat die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens heute eine Stellungnahme an das zuständige Ministerium gerichtet. Uns erreichte der Text vorab, den wir wie gewohnt im Original und ungekürzt wiedergeben. Trotz vieler “trockener Paragraphen” ist der Inhalt sicher nicht nur für Hundebesitzer interessant.

“Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die Möglichkeit der Stellungnahme zu den Durchführungshinweisen zum Niedersächsischen Hundegesetz. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens begrüßt es ausdrücklich, dass den Vollzugsbehörden nunmehr kurzfristig Durchführungshinweise zum Niedersächsischen Hundegesetz zur Verfügung gestellt werden. Zu dem Entwurf der Durchführungshinweise hat uns eine Fülle von Stellungnahmen unserer Mitglieder erreicht, so dass wir diese Stellungnahme auf die wesentlichen Punkte beschränken und im Übrigen anregen, zu den weiteren Fragen und Anmerkungen zeitnah eine ergänzende Besprechung bei Ihnen durchzuführen.

Nach wie vor vertreten wir die Auffassung, dass durch den Vollzug des Gesetzes für die kommunale Ebene ein erheblicher Mehraufwand entsteht. Aufgrund der zahlreichen neuen Aufgaben ist eine umgehende qualifizierte Gesetzesfolgenabschätzung notwendig. Der entstehende Mehraufwand für die kommunale Ebene ist vom Land nunmehr zeitnah auszugleichen. Zugleich ist sicherzustellen, dass die gebührenrechtlichen Anpassungen in der AllGO zeitnah erfolgen.

Wir halten es für sinnvoll, dass der Überwachungspflicht (§§ 3 und 17 NHundG) nur anlassbezogen nachgekommen werden soll. Dabei gehen wir ohne nähere Prüfung davon aus, dass sichergestellt ist, dass sich für die Städte und Gemeinden keine haftungsrechtlichen Konsequenzen ergeben, wenn diese ihre Überwachungstätigkeit wie in Ihrem Erlass vom 30.06.2011 – Az.: 204.1-120 147 1-7 – vorgesehen ausüben und z. B. ein nicht versicherter Hund einen Schaden verursacht, der vom Hundehalter nicht ausgeglichen wird.

Wir stellen im Hinblick auf das Konnexitätsprinzip aber klar, dass die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem NHundG – als Teil des Ordnungsrechts – in einer dem Gesetz genügenden Form erfolgen muss. Es wird eine Vielzahl von Anlässen zum Tätigwerden geben – mit entsprechender Belastung der Kommunen. Von zahlreichen Mitgliedern haben uns auch Änderungswünsche zum Gesetzestext erreicht. Die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände beschränkt sich an dieser Stelle – mit Ausnahme der im nächsten Absatz folgenden Anregung – jedoch auf Anmerkungen zu den Ausführungshinweisen.

Bzgl. des Inkrafttretens des zur effektiven Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Artikels 2 (Änderung des NKAG) bitten wir bei nächster sich bietender Gelegenheit eine Gesetzesänderung vorzubereiten, um das Inkrafttreten auf den frühestmöglichen Zeitpunkt vorzuziehen (z. B. im Haushaltsbegleitgesetz).

Zu den einzelnen Regelungen der Durchführungshinweise zum Niedersächsischen Hundegesetz haben wir folgende Anregungen und Bedenken vorzubringen:

Zu § 1 Abs. 2 (Geltungsbereich):
Es sollte ausdrücklich festgelegt werden, dass das Niedersächsische Hundegesetz für das Führen von Hunden in Niedersachsen unabhängig von den (auch zeitlichen) Beschränkungen des § 1 Abs. 2 Ziffern 1 bis 3 gilt. Damit sind auch Durchreisende sowie Hundeführer, die in anderen Bundesländern wohnen und ihren Hund in Niedersachsen
ausführen, erfasst.

Zu § 2 (Halterbegriff):
Dem Halterbegriff kommt seit der Novellierung des NHundG durch die normierten Halterpflichten der §§ 2 bis 6 eine gesteigerte Bedeutung zu. Insbesondere aufgrund der Sachkundevermutung des § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 NHundG erscheint eine konkrete Definition des Halterbegriffs notwendig. Unklar ist beispielsweise, wem die Haltereigenschaft bei einem Familienhund zukommt. Der Halterbegriff des § 833 BGB berücksichtigt nämlich nicht die Konstellation, in der die wirkliche Betreuung, die Verantwortung für den Hund und die Beziehung zu ihm von einer dritten Person wahrgenommen wird.
Es wird angeregt, mit in die Durchführungshinweise aufzunehmen, dass auch mehrere Personen gemeinsam als Tierhalter auftreten können (so auch VG Oldenburg, Beschluss vom 17.10.2005, 2 B 3417/05). Außerdem wäre eine Klarstellung zu der Frage wünschenswert, ob auch Minderjährige Halter im Sinne des NHundG sein können. Dieser Thematik kommt insbesondere bei derBerechnung der Zweijahresfrist nach § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 NHundG eine besondere Bedeutung zu.

Anhand von Beispielen könnte dargelegt werden, wie die Haltereigenschaft belegt werden kann (z. B.: Wer ist Halter eines Familienhundes, der dem Kind gehört, über den Vater steuerrechtlich erfasst ist und der vormittags von der Mutter betreut wird?). Als etwaige Nachweise kommen z. B. die steuerliche Meldung, Eintragung im Heimtierausweis oder das Bezahlen der Versicherung in Betracht. Problematisch erscheint uns insbesondere der Nachweis über eine regelmäßige Betreuung eines Hundes.
Weiter stellt sich die Frage nach der Halterschaft für Hunde in Tierheimen und in diesem Zusammenhang auch, was für die Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung für die dort befindlichen Hunde gilt (ggf. auch mit Blick auf das Konnexitätsprinzip). Zu § 3 (Sachkundeprüfung):

Die Anerkennung zur Abnahme der Sachkundeprüfungen erhalten Personen, die die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweisen können. In den Durchführungshinweisen werden insbesondere auch Personen genannt, die über ein entsprechendes Zertifikat der Tierärztekammer Schleswig-Holstein verfügen. Hierbei dürfte es sich um eine
Doppelnennung handeln, da gemäß § 3 Abs. 4 Personen als anerkannt gelten, die in einem anderen Bundesland eine entsprechende Anerkennung erhalten haben.

Gemäß § 3 Abs. 4 gilt eine Person oder Stelle, die in einem anderen Bundesland eine entsprechende Anerkennung erhalten hat, in Niedersachsen als anerkannt. Unklar ist, wer die Gleichwertigkeit der Anerkennung prüft. In den Durchführungshinweisen sollte auch das Vorgehen skizziert werden, wenn der Hundehalter einen Teil bzw. die gesamte Sachkundeprüfung nicht besteht. Insbesondere sollte auch eine Aussage darüber aufgenommen werden, ob die Sachkundeprüfung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes wiederholt werden darf.

In den Durchführungshinweisen werden einige Qualifizierungen genannt, die als Nachweis für die Befähigung zur Abnahme der Sachkundeprüfung gelten. Es stellt sich die Frage, ob diese Qualifizierungen der Tierärztekammer für den Erhalt des Zertifikates vorgelegt werden müssen oder ob die Fachbehörde diese Qualifizierungen als Befähigung
zur Abnahme der Sachkundeprüfung anerkennen muss. Die Aufzählung der Qualifizierung ist zudem nicht abschließend. Auch hierbei stellt sich die Frage, ob die Tierärztekammer oder die Fachbehörde für die Anerkennung weiterer ähnlicher Qualifizierungen zuständig ist.

Zu § 4 (Kennzeichnung):
In den Durchführungshinweisen sollten ggf. auch Ausführungen dazu erfolgen, wie mit Fällen zu verfahren ist, in denen nachgewiesen eine Kennzeichnung mit Transponder aus medizinischen Gründen nicht oder nur mit hohem gesundheitlichen Risiko möglich ist.

Zu § 6, 16 (Zentrales Register):
Beim Aufbau des Zentralen Registers bitten wir unbedingt, die Kommunen rechtzeitig zu beteiligen.

Zu § 7 (gefährliche Hunde):
Die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 7 Abs. 1 Satz 2 NHundG durch die Fachbehörde kann nur nach Begutachtung durch eine sachverständige Person erfolgen. Es sollte daher erwogen werden, den unbestimmten Rechtsbegriff in den Durchführungshinweisen näher zu erläutern (vgl. zur nicht zwingenden Erforderlichkeit eines behördlichen Tierarztes VG Oldenburg, a.a.O.).

§ 7 Abs. 1 Satz 1 NHundG nennt zwei Regelfälle, bei denen von einer gesteigerten Aggressivität ausgegangen werden kann. Nach dessen Nr. 2 weist ein Hund dann eine gesteigerte Aggressivität auf, wenn er auf Angriffslust, auf über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe oder auf ein anderes in der Wirkung gleich stehendes Merkmal gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet ist. Für die Praxis stellt sich hier die Frage, wie die Fachbehörde mit Dienst- und Wachhunden umzugehen hat. Gerade diese Hunde fallen aufgrund ihrer Ausbildung unter den Regelfall der Nr. 2.

Zu § 9 (Beantragung der Erlaubnis):
In den Ausführungshinweisen sollte im Hinblick auf die insofern nicht bestehende Verpflichtung der zuständigen Behörden klargestellt werden, dass die neue Halterin oder der neue Halter von der ehemaligen Halterin oder dem ehemaligen Halter auf die festgestellte Gefährlichkeit des Hundes hinzuweisen ist.
Bezüglich der vorgesehenen Anleinpflicht (§ 9 Satz 4 NHundG) sollten die Durchführungshinweise dahingehend erweitert werden, dass so genannte Flexi-Leinen diesen Anforderungen nicht entsprechen, auch wenn sie auf eine Länge von 2 m arretiert werden.

Zu § 10 (Voraussetzungen und Inhalte der Erlaubnis):
Den Ausführungshinweisen ist zu entnehmen, dass eine Verlängerung der dreimonatigen Frist z. B. dann vertretbar ist, wenn der Hund nach einem nicht bestandenen Wesenstest eine Hundeschule besucht. Bislang galt ein nicht bestandener Wesenstest als nicht wiederholbar. An dieser Auffassung sollte festgehalten werden, um ein „Freitesten“ aggressiver Hunde zu verhindern.

In den Ausführungshinweisen sollte auch geregelt werden, wie mit erneut gestellten Anträgen auf Erteilung einer Haltungserlaubnis (während des Verfahrens oder nach Ablauf der jeweiligen Frist) umzugehen ist. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn – z. B. aufgrund Fristablaufs – die Haltung bestandskräftig versagt worden ist.
Wünschenswert wäre in den Ausführungsbestimmungen ein Hinweis über das Verfahren im Falle der Ablehnung eines Antrages auf Erteilung einer Haltungserlaubnis. Für die Verwaltungspraxis und im Sinne einer einheitlichen und transparenten Verfahrensweise wäre es insbesondere begrüßenswert, wenn die Landesregierung sich in den Durchführungshinweisen zu den Fällen, in denen der Antrag abgelehnt wird, weil der Wesenstest nicht bestanden wird, positionieren würde.

Zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 der Durchführungshinweise (vgl. S. 9) schlagen wir folgende klarstellende Formulierung vor: „Der Wesenstest, dessen Ergebnis in die Gesamtbeurteilung der Behörden einfließt, wird aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit der Hundehalterin oder dem Hundehalter durchgeführt.“

Zu § 13 (Wesenstest)
Wir halten den Hinweis der Arbeitsgruppe zu den Durchführungshinweisen zum NHundG, dass der Wesenstest die Situation bei der Prüfung berücksichtigen muss, in der der Hund auffällig war, für sehr wichtig. Dies sollte in den Ausführungshinweisen zu § 13, ggf. auch in der Anlage 5 zu den Ausführungshinweisen, zwingend ergänzt werden.

Zu § 14 (Führen eines gefährlichen Hundes):
Zu Absatz 3 sollte in den Ausführungshinweisen klargestellt werden, dass Leinenpflicht und Beißkorb gem. § 17 Abs. 4 NHundG auch kumulativ von der zuständigen Behörde angeordnet werden können.

Zu § 19 (Übergangsregelung):
Im NHundG wurde ausdrücklich geregelt, dass die bisher erteilten Erlaubnisse als Erlaubnisse nach § 8 fortgelten (§ 19 Abs. 2 NHundG). Hier sollte in den Ausführungshinweisen klarstellend ergänzt werden, dass auch Anordnungen nach § 13 NHundG a.F. (als bestandskräftige Verwaltungsakte) fortgelten.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport erhält wegen der angeregten Änderung des NKAG eine Durchschrift dieser Stellungnahme zur Kenntnisnahme.”
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