Wolfenbüttel. „Landeverbot für Christoph 30“ - wie ein Damokles-Schwert kreist diese Schlagzeile über den Krankenhäusern der Region. Hintergrund ist eine EU-Verordnung, die strengere Richtlinien für Landeplätze an Kliniken durchsetzt. Das Wolfenbütteler Krankenhaus ist nach Aussage von Christoph-30-Stationsleiter Frank Hetzer allerdings zum Glück nicht betroffen.
Wenn Unfälle weitab von einem Krankenhaus passieren oder jemand so schwer erkrankt oder verletzt ist, dass es nicht schnell genug gehen kann, dann kommt der Rettungshubschrauber zum Einsatz Entweder, um den Notarzt zur Unfallstelle oder sogar, um den Verletzten oder Erkrankten in eine Klinik zu bringen. Die EU-Verordnung 965/2012 soll ab 28. Oktober die nationalen Zulassungsstandards für Hubschrauber-Landeplätze hinsichtlich technischer Vorschriften und Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb regeln. Die Maschinen dürfen zwar weiterhin auf nahezu jedem Acker landen, aber für Hubschrauberlandeplätze von Krankenhäusern gelten bald verschärfte Richtlinien. Die Verordnung gilt europaweit und hat bereits vor rund zwei Jahren alle gesetzgeberischen Hürden genommen, Deutschland hat bis Oktober dieses Jahres eine Übergangsfrist erwirkt.
Die Anforderungen an Hubschrauber-Landeplätze an Krankenhäusern sollen so stark reglementiert werden, dass etwa die Hälfte der bisherigen Landeplätze nicht mehr angeflogen werden kann. Als fatale Konsequenz können beispielsweise Schwerstverletzte künftig nur noch dann in die am besten geeignete Klinik geflogen werden, wenn deren Hubschrauber-Landeplatz den neuen Bedingungen unter anderem für die Hindernisfreiheit in einer definierten Einflugschneise entspricht. In dicht besiedelten Städten ist das jedoch häufig nicht praktikabel.
Auch der Transport schwer kranker Patienten von einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung in eine weiterversorgende Klinik der Maximalversorgung auf dem Luftweg hängt dann von der Umsetzbarkeit der EU-Verordnung ab. Denn: In beiden Kliniken muss der Hubschrauberlandeplatz den Anforderungen der EU-Verordnung entsprechen, was häufig nicht nur unmöglich ist, sondern auch das gesundheitliche Wohl von Patienten in Gefahr bringt.
Nicht zuletzt generiert besagte Verordnung auch noch Kosten: Dort, wo Dachlandeplätze für Hubschrauber auf Kliniken als Problemlösung in Frage kommen, sind bauliche Investitionen in Millionenhöhe erforderlich, die von den Ländern getragen werden müssen. Diese kommen aber bereits heute ihrer Finanzierungsverpflichtung für Investitionen nicht nach.
Es geht im Detail zum Beispiel um bestimmte Anflugwinkel, die künftig eingehalten werden müssen. Sie sollen einen sicheren An- und Abflug auch dann noch garantieren, wenn nicht senkrecht gestartet oder gelandet werden kann. Die komplizierten Regelungen beruhen auf den Leistungsdaten älterer, einmotoriger Hubschrauber. Leistungsschwächere Modelle sind in der Luftrettung in Deutschland allerdings längst ausgemustert. Die neue Richtlinie sei nach Meinung vieler Experten überflüssig und diese fordern daher nachdrücklich, Ausnahmeregeln zu schaffen, damit der Rettungshubschrauber wie bisher alle Krankenhaus-Landeplätze ansteuern kann. Welche Kliniken künftig nicht mehr angeflogen werden dürfen, steht allerdings noch nicht fest. Derzeit werde noch geprüft, wie die ADAC-Luftrettung unserer Zeitung mitteilte. Warum dies noch schon früher geschehen sei – immerhin wurde die Verordnung schon 2012 beschlossen – kann man sich dort auch nicht erklären.
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