Landkreis. Was in der Stadt nicht gelang (WolfenbüttelHeute.de berichtete), soll auf Landkreis-Ebene funktionieren: Die Kreistagsabgeordneten der Grünen und der SPD kamen überein, gemeinsam den Antrag zu stellen, dass der Landkreis Wolfenbüttel fairen Handel auf lokaler Ebene fördern soll.
„Fairer Handel ist das Natürlichste der Welt: die Bauern, die Nahrungsmittel anpflanzen und ernten erhalten den für ihren Einsatz gerechten Preis, die Händler, die diese Produkte weitervertreiben ebenfalls – und der Mensch im Landkreis Wolfenbüttel bekommt ein Produkt, dass nach umweltverträglichen Standards erzeugt, weiterverarbeitet und in Umlauf gebracht wurde“, so der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bertold Brücher.
Werde dem Antrag von Rot-Grün im Kreistag stattgegeben, werde sich der Landkreis Wolfenbüttel der internationalen Kampagne von „Fairtrade-Towns“ anschließen und sich um den Titel „Fairtrade-Kreis“ bewerben.
Der Prozess hin zum Fair-Trade-Kreis werde ein interaktiver sein: der Landkreis werde informieren und Kontakt aufnehmen zu Initiativen wie der „Initiative Werkstatt solidarische Welt" und dem Einzelhandel. Vertretungen aus Kirchen, Schulen, Vereinen und Medien würden mit einbezogen. Ziel sei es, dass in den lokalen Einzelhandelsgeschäften gesiegelte Produkte aus fairem Handel angeboten und in Cafés und Restaurants Fairtrade-Produkte ausgeschenkt werden.
"Wir sind von Fairtrade überzeugt", so Falk Hensel, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Hensel führt aus, dass durch diese Art des Handels auch eine Prämie in Gemeinschaftsprojekte fließe – und die Kleinbauern und Arbeiterinnen der jeweiligen Produzentenorganisation oder der Plantage entscheiden selbständig und demokratisch darüber, welche Projekte sie mit der Prämie realisieren. „Wir können eine gerechtere Welt nicht herzaubern, aber wie können es fördern, dass die Menschen im Landkreis die Möglichkeit haben, ihren Beitrag hierfür zu leisten: indem sie bewusst ihre Kaufentscheidungen treffen“, davon sind Brücher und Hensel gemeinsam mit ihren Kreistagskollegen aus SPD und Grünen überzeugt.
Der Antrag der Fraktionen im Wortlaut:
„Fairtrade-Kreis Landkreis Wolfenbüttel“
Sehr geehrte Frau Landrätin Steinbrügge, sehr geehrte Damen und Herren,
die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die GRÜNEN bringen folgenden Antrag zur Beratung in die zuständigen Fachausschüsse und Beschließung in den Kreistag ein: Der Landkreis Wolfenbüttel schließt sich der internationalen Kampagne von „Fairtrade-towns“ an, um den Fairen Handel auf lokaler Ebene zu fördern und wird sich entsprechend der fünf Bewerbungskriterien um den Titel „Fairtrade-Kreis“ bewerben.
Begründung: „Fairtrade-Kreis“ (i.S. einer Fairtrade-town) zu werden bedeutet, ein konkretes Zeichen für eine gerechtere Welt zu setzen. Damit tragen der Landkreis Wolfenbüttel und seine engagierten Bürgerinnen und Bürger dazu bei, dass die Produzenten in Lateinamerika, Afrika und Asien bessere Preise für ihre Produkte erhalten und sie damit mit ihren Familien ein menschenwürdiges Leben führen können. „Fairtrade-Kreis“ zu sein bedeutet für den Landkreis ein Imageplus. Der Landkreis Wolfenbüttel stellt sich als Vorbild für ein gerechteres Wirtschaftssystem dar. Fairtade verhindert z.B. ausbeuterische Kinderarbeit. Der Landkreis Wolfenbüttel gewinnt durch die Teilnahme an der Kampagne „FairTradeTown“ an Internationalität.
Der faire Handel soll den Produzenten in den Entwicklungsländern Chancen bieten, “gerechte”, also über dem Weltmarktniveau liegende Preise für den Verkauf ihrer Produkte zu erzielen und durch die Förderung sozialer und ökologischer Projekte ihre persönlichen Lebensbedingungen verbessern. Spezielle Gütesiegel sollen dem Konsumenten helfen, sich in der immer breiter werdenden Palette der Angebote zu Recht zu finden. Diese Siegel garantieren den Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die Erfüllung strenger Auflagen – die durch regelmäßige Kontrollen gewährleistet werden – dass die von ihnen erworbenen Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden und einen Beitrag dazu leisten, dass sich die soziale und wirtschaftliche Lage der Produzenten verbessert.
„Fairtrade-Town“ kann ein Kreis, eine kreisfreie Stadt, eine Gemein- de/Stadt, ein Dorf oder eine Region sein. Der Status wird verliehen, wenn die folgenden fünf weltweit einheitlichen Kriterien erfüllt sind:
1. Es liegt ein Beschluss des Kreistages vor, dass bei allen Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse sowie im Büro der Landrätin Fairtrade-Kaffee sowie ein weiteres Produkt aus Fairem Handel (z.B. Tee, Saft) verwendet wird. Die Umstellung auf fair beschaffte Produkte muss nicht immer zu (größeren) Mehrkosten führen. Fair gehandelten Kaffee bieten z. B. bereits mehrere Discounter zu günstigen Preisen an. Auf die Tasse oder Glas umgerechnet ergeben sich meist nur wenige Cent mehr für einen fair gehandelten Kaffee, Tee oder Orangensaft. Es wird die Entscheidung getroffen, als Kreis den Titel „Fairtrade-Kreis“ anzustreben.
2. Es wird eine lokale Steuerungsgruppe gebildet, die auf dem Weg zum „Fairtrade-Kreis“ die Aktivitäten vor Ort koordiniert.
In der Steuerungsgruppe sollten vertreten sein jeweils eine Vertreterin oder ein Vertreter
- der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises Wolfenbüttel
- der mit Umweltangelegenheiten und Wirtschaftsförderung befassten Ämter
- Initiativen wie „Initiative Werkstatt solidarische Welt e.V.“ und des „Zentrums für Umwelt und Mobililtät“
- des Einzelhandels
- Bei Bedarf sind Vertreterinnen/Vertreter aus Kirchen, Nicht-Regierungsorganisationen, Schulen, Vereinen und Medien hinzuzuziehen.
3. In den lokalen Einzelhandelsgeschäften werden gesiegelte Produkte aus fairem Handel angeboten und in Cafes und Restaurants werden Fairtrade-Produkte ausgeschenkt.Die Anforderung ist nach Einwohnerzahlen gestaffelt; im Landkreis Wolfenbüttel müssen dies 23 Geschäfte und 12 Gastronomiebetriebe sein. Es wird nicht verkannt, dass hier Überzeugungsarbeit erforderlich sein wird.
4. In öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen werden Fairtrade-Produkte verwendet und es werden dort Bildungsaktivitäten zum Thema „Fairer Handel“ durchge- führt.Bei einer Einwohnerzahl von unter 200.000 müssen eine Schulen, ein Verein und eine Kirche gewonnen werden.
5. Es wird angestrebt, dass die örtlichen Medien über alle Aktivitäten auf dem Weg zum „Fairtrade-Kreis“ berichten.Eine kontinuierliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit seitens des Landkreises Wolfenbüttel trägt maßgeblich dazu bei, dass die Medien die entsprechenden Informationen erhalten, um durch ihre Veröffentlichung das Bewusstsein für eine „globale Verantwortung“ und „fairen Handel“ in der Bevölkerung zu steigern. Über die genannten Kriterien hinaus werden weitere Maßnahmen die Fairtrade-Kampagne unterstützen:
- Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wird in Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren einen kreisweiten Einkaufs- führer für Fairtrade-Produkte im Internet erstellen.
- Der Kreistag fasst den Beschluss zur Milleniumserklärung des Deutschen Städtetages und anderer Spitzenverbände. Bereits über 70 Kommunen haben die Milleniumserklärung unterzeichnet und unterstützen damit die im Jahre 2000 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Milleniums- Entwicklungsziele für eine bessere, gerechtere und sichere Welt.
- Im Rahmen des eigenen kommunalen Handelns prüft die Kreisverwaltung auch, inwieweit Produkte aus Fairem Handel im Rahmen des Beschaffungswesens grundsätzlich den Vorzug gegeben werden können (z.B. Bau, Liefer- und Dienstleistungsaufträge).
Weitere Hinweise sind dem link: http://www.fairtrade- towns.de/kriterien/#c82 entnehmbar.
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