Mit dem Rollstuhl nach Island: Abenteuerliche Familienfreizeit


Die 9jährige Lydia Lüttenberg genießt den Strandausflug mit der Gruppe. Fotos: DRK
Die 9jährige Lydia Lüttenberg genießt den Strandausflug mit der Gruppe. Fotos: DRK

Wolfenbüttel. Wenn Eltern mit ihren zum Teil schwer behinderten Kindern gemeinsam eine Flugreise antreten, dann ist das keine alltägliche Reise. Sie erfordert eine intensive Vorbereitung, gute Absprachen und ein großes Vertrauen zwischen Eltern und Betreuern. Dass dieses vorhanden ist, bewiesen die 35 Teilnehmer der Familienfreizeit des DRK Wolfenbüttel, die in den Herbstferien auf die Vulkaninsel führte.


Für viele begann das Abenteuer schon mit der Abfahrt vom Integrations- und Therapiezentrum (ITZ) zum Flughafen Berlin-Schönefeld. „Denn für viele der Mitreisenden war es die erste Flugreise. Einigen der Familien mit behinderten Angehörigen ist es ohne Hilfe nicht möglich, eine solche Reise anzutreten“, meint Philipp Schettler. Als Heilpädagoge ist er für die Gruppen- und Freizeitangebote im ITZ verantwortlich. Gemeinsam mit seiner Kollegin Yvonne Ayamagbatse organisierte er diese Reise und ermöglichte den rund 12 Ehepaaren und Alleinerziehenden aus Wolfenbüttel mit ihren zum Teil schwer beeinträchtigten Angehörigen außergewöhnliche Erlebnisse. Gemeinsam mit Schettler und Ayamagbatse waren 6 Betreuungskräfte vor Ort, um die Eltern bei der Betreuung und Pflege ihrer Kinder während der Fahrt zu unterstützen.

 Mit dem Rollstuhl am Gullfoss, einem der schönsten Wasserfälle Islands.
Mit dem Rollstuhl am Gullfoss, einem der schönsten Wasserfälle Islands. Foto:



Ziel der gemeinsamen Unternehmungen mit den Familien sei es, den Austausch untereinander zu fördern, sich gegenseitig zu unterstützen und dem oft anstrengenden Alltag zu entfliehen. „Mein Sohn und ich haben uns schon seit mehr als einem halben Jahr auf diese Reise gefreut“, erklärt Britta Bobzien. Sie hat einiges auf sich genommen, um mit ihrem schwerstmehrfach behinderten Sohn Maurice diese Reise anzutreten. „Mir war das so wichtig. Dieses Ziel hat uns hoch gehalten – gerade weil es mir in den letzten Monaten nicht gut ging. Nicht betroffene Menschen können das vielleicht nicht nachvollziehen, aber manchmal ist es wichtig, sich auf etwas zu freuen.“ Die agile und engagierte Mutter spricht begeistert über die Reise. „Es war ein Traum. Ich bin so stolz auf meinen Sohn, dass er das mit mir unternommen hat. Auch die Gemeinschaft mit den anderen war toll.“

 Besichtigung des Strokkur – dem „Vater“ aller Geysire
Besichtigung des Strokkur – dem „Vater“ aller Geysire Foto:



Die Reisefreudigen unternahmen einige aufregende Ausflüge im Land der Wikinger und kamen so der Natur ganz nah – vom Besuch der Geysire und heißen Quellen, der Vulkane, dem Besuch einiger Wasserfälle und Fahrten durch unendlich scheinende Weiten der Insel. Ein Höhepunkt war der gemeinsame Badeausflug in die Blaue Lagune, einem Naturbad inmitten von schwarzer Lava. Bei Stadtrundgängen im Zentrum von Reykjavik lernten die Teilnehmer einiges über die Geschichte, Gewohnheiten und Bräuche der Isländer kennen.


 ISBA Präsidentin Margrét Lisa Steingrimsdóttir begrüßt die Besucher aus Wolfenbüttel
ISBA Präsidentin Margrét Lisa Steingrimsdóttir begrüßt die Besucher aus Wolfenbüttel Foto:



Warum ausgerechnet Island als Reiseziel ausgewählt wurde, erklärt Thomas Stoch, Leiter des ITZ und Vertreter des Vorstands beim DRK. „Es war der Wunsch einiger Eltern, sie wollten in diesem Jahr wieder an der internationalen Konferenz der ISBA teilhaben.“ Diese Konferenz der International Short Break Association fand zeitgleich in Reykjavik statt. Stoch ist Mitorganisator, hier gehe es um den Austausch zwischen Betroffenen und Anbietern von Unterstützungsdiensten aus der ganzen Welt. Eingeladen waren die Eltern aus Wolfenbüttel zur feierlichen Eröffnung, sie wurden im Rathaus Reykjavik herzlich von ISBA Präsidentin Margrét Lisa Steingrimsdóttir begrüßt. Stoch ergänzt: „Wir haben in einem Workshop auf der Konferenz unsere Arbeit in Wolfenbüttel vorgestellt. Ein Vater unserer Gruppe hat hier persönlich seine Sichtweise dargestellt. So konnten wir gemeinsam darüber referieren, welche Wirkung die Arbeit unseres Familienentlastenden Dienstes (FED) im ITZ auf die betroffenen Familien hat. Wir konnten auch vorstellen, wie wir unsere Arbeit in den nächsten Jahren ausbauen werden.“

 Britta Bobzien mit Sohn auf einem Ausflug über die Insel
Britta Bobzien mit Sohn auf einem Ausflug über die Insel Foto:



Während ihres Aufenthaltes besuchte die Gruppe das Rehabilitationszentrum SLF (Styrktarfélag Lamaðra og Fatlaðra) in Reykjavik und hatte dort die Gelegenheit, sich über die Arbeit der Einrichtung zu informieren, andere betroffene Eltern aus Island und ihre Kinder mit Behinderungen und die dort tätigen Therapeuten kennen zu lernen und sich mit ihnen auszutauschen.

 Gruppenbild am Rande der Konferenz
Gruppenbild am Rande der Konferenz Foto:



Im ITZ werden das ganze Jahr über verschiedene Freizeitaktionen für Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen angeboten. Die Planungen für das Programm 2019 sind weitgehend abgeschlossen – eine Übersicht über die Aktivitäten im nächsten Jahr erscheint im Dezember. Zudem werden im ITZ Beratungen und therapeutische Leistungen durchgeführt, die Einrichtung ist Anbieter gezielter Unterstützungs- und Assistenzleistungen, z.B. im Bereich der Schulbegleitung. Interessierte können sich telefonisch unter 05331 / 927 847 0 melden oder finden Informationen auf der Homepage www.itz-drk.de


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