Wolfenbüttel. Überstunden, Arbeiten am Wochenende und in der Nacht: In Wolfenbüttel ist das für die rund 520 Beschäftigten des Gastgewerbes alles andere als ungewöhnlich. Ebenso wenig für die 1.050 Mitarbeiter in der Ernährungsindustrie. Dies geht aus einer aktuellen Pressemitteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastätten (NGG) hervor.
Damit die Belastung jedoch erträglich bleibt, schreibt das Arbeitszeitgesetz maximale Arbeitsstunden und Ruhepausen vor. Genau darum fürchtet nun die NGG Süd-Ost-Niedersachsen und warnt mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD davor, dass es zu einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes „durch die Hintertür“ kommen könnte – mit erheblichen Folgen für Tausende Beschäftigte in der Region.
66,4 Millionen Überstunden in Niedersachsen
Manfred Tessmann, Geschäftsführer der NGG Süd-Ost-Niedersachsen. Foto:
„Flexibilität im Job kann nicht einseitig auf Kosten der Beschäftigten gehen“, macht NGG-Geschäftsführer Manfred Tessmann deutlich. Auf dem heimischen Arbeitsmarkt sei hier längst etwas aus der Balance geraten: So leisteten Arbeitnehmer in Niedersachsen im vorletzten Jahr 66,4 Millionen Überstunden – 54 Prozent davon unbezahlt. Dies geht aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann hervor. Rechnet man die Überstunden in Vollzeit-Jobs um, entspricht das in Niedersachsen demnach rund 40.500 Arbeitsplätzen.
Appell an GroKo
„Auch im Kreis Wolfenbüttel subventionieren Beschäftigte jeden Tag Unternehmensgewinne durch Gratis-Stunden. Statt immer wieder zu fordern, die Arbeitszeiten zu lockern, sollten die Arbeitgeber die vorhandene Mehrarbeit lieber auf mehr Schultern verteilen und neues Personal einstellen“, fordert Tessmann. An die GroKo-Verhandler von CDU/CSU und SPD appelliert der Gewerkschafter, kein „Herumdoktern“ am Arbeitszeitgesetz zuzulassen. Im 28-seitigen Sondierungspapier ist von einem neuen „Rahmen“ die Rede, um den „vielfältigen Wünschen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht werden zu können“.
„Brauchen keine neuen Experimentierräume"
Für Tessmann steht fest: „Das Arbeitszeitgesetz legt Mindeststandards für den Schutz von Gesundheit und Privatleben fest. Hier brauchen wir keine neuen Experimentierräume.“ Flexible Lösungen im Betrieb ließen sich per Tarifvertrag vereinbaren. In der Gastronomie hätten sich etwa Arbeitszeitkonten bewährt, so Tessmann. „Damit kann eine Hochzeitsfeier im Lokal auch mal länger gehen – ohne dass Köche und Kellner 13 oder mehr Stunden arbeiten müssen.“
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