Wolfenbüttel. Aus aktuellem Anlass – dem "Assermittwoch" – erinnert die Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe (WAAG) daran, dass nicht jeder Landkreis sowohl eine „Stadt der Streiche“ als auch einen „Schacht der bösen Streiche“ hat - aber der Landkreis Wolfenbüttel.
Ironie an: Die Einlagerung des bundeseigenen Mülls in 126.000 Fässern bringt dem Landkreis jetzt jährlich 3.000.000 Euro durch den Asse-Fonds, die er großzügig als Ablass verteilen kann – natürlich nur für „positive Vorschläge“, die also nichts mit Asse II zu tun haben, wie die Landrätin betonte. In den Fässern ist ja nur radioaktiver und chemotoxischer Müll, unter anderem knapp 500 Kilogramm Arsen, aber auch Blei und Quecksilber. Wir wissen nicht, ob die kleine Menge Arsen in Spitzenhäubchen verpackt ist, aber „...silber“ hört sich doch gut an.
Auch die KommunalpolitikerInnen meinen es gut mit uns. So hat die Landrätin dem Kreistag im Oktober 2015 eine Vorlage vorgelegt, in der es heißt, dass „insbesondere nach einem Asse-nahen Standort“ für das Zwischenlager für den bundeseigenen Müll aus Asse II gesucht werden soll. Und da der Kreistag das beschlossen hat, haben wir gute Chancen, dass wir „insbesondere“ auch das Zwischenlager hier in unsere schöne Asse bekommen, denn mindestens der alte Betreiber wollte sowieso nur in der Nähe der Asse nach einem Zwischenlagerstandort suchen. Auch wenn da vielleicht ganz anderer zusätzlicher Müll reinkommt, bringt das ja noch mehr Arbeitsplätze.
Und als die Zugänge vor den Einlagerungskammern auf der 750 m-Sohle zubetoniert wurden, obwohl die Fachleute der Begleitgruppe davor gewarnt haben, weil so die Gefahr besteht, dass die Salzlauge in die Einlagerungskammern eindringt, haben die Landrätin als Vorsitzende der Begleitgruppe und auch die anderen KommunalpolitikerInnen nix dazu gesagt. Externe Moderatoren hatten nämlich vorher empfohlen, dass die Begleitgruppe auch strittige Entscheidungen des Betreibers „aktiv akzeptieren“ soll. Sicherlich nur deshalb, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern.
Zwei Mal hat die Landrätin als Vorsitzende der Begleitgruppe zu Sitzungen eingeladen, dann aber „Bätschi!“ gesagt und sie nicht eröffnet. Da waren die Ehrenamtlichen doch tatsächlich sauer, insgesamt und speziell weil sich einige extra einen Tag Urlaub genommen hatten. Ob die Steuerzahler vielleicht auch sauer wären, wenn sie wüssten, dass sie und nicht die Landrätin die Fachberater und deren Fahrkosten für diese abgesagte Sitzungen bezahlen mussten?
Die arme Landgräfin hatte aber auch genug Probleme mit der bisherigen Begleitgruppe. Immer gab es etwas am Protokoll auszusetzen. Dabei stand schon in der alten Geschäftsordnung, dass der Landkreis die Ergebnisprotokolle fertigt. Punkt. Und in der Geschäftsordnung stand nicht, dass die Beschlüsse so umgesetzt werden müssen, wie beschlossen. Wo kämen wir denn da hin - in einem demokratischen Gremium? „Basta.“
Jetzt haben die KommunalpolitikerInnen der neuen Struktur für den Begleitprozess „den Weg frei gemacht“. (Hört sich gut an!) Um den Weg freizumachen, haben sie gesungen „Da mach' ich mir die Welt, wie sie mir gefällt ...“. So wurde aus der in der Geschäftsordnung vorgeschriebenen „qualifizierten Mehrheit“, die für die Auflösung der Begleitgruppe notwendig ist, nur noch eine einfache „Mehrheit“.
Die neue Struktur sieht jetzt gar keine Mehrheitsbeschlüsse der regionalen Interessenvertreter mehr vor. Die Landrätin begründet das trefflich damit, dass der Betreiber entscheidet. Und diese Entscheidungen werden eben „aktiv akzeptiert“. Das ist Interessenvertretung der Region … ehm … das mit der Region nehmen wir zurück. Es ist auf jeden Fall irgendeine Interessenvertretung.
Warum die Ehrenamtlichen, die immense Zeit in das Thema Asse II stecken, die KommunalpolitikerInnen wegen ihrer „Klientelvertretung à la Agenda 2010“ und die „Bätschi!“ und “Basta” Politik kritisieren, verstehen wir nicht, ist doch alles gute alte SPD-Tradition.
Und die GanGroKo (ganz große Koalition) im Kreistag übt sich erfolgreich im „AktivAkzeptieren“ der Politik der Landgräfin. So könnten sie sogar den „Landkreis der bösen Streiche“ entwickeln - und erreichen.
Ironie aus: Die WAAG schreibt den derzeitigen KommunalpolitikerInnen ins Ergebnisprotokoll: „Ihr wollt Ruhe. Wir die Zukunft!“ Und die hängt bekanntlich davon ab, was wir heute tun.
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