Quartiersspaziergang: Harzstraße hat sich völlig verändert

von Thorsten Raedlein




Wolfenbüttel. Zum letzten „Quartiersspaziergang“ hatte das Projektteam „Zukunftsprofil“ am Freitag Nachmittag interessierte Bürger eingeladen. Der  vierte  „Quartiersspaziergang“ startete mit Dr. Sandra Donner (Geschäftsführerin des Kulturstadtvereins Wolfenbüttel/ Stadtheimatpflegerin/ Stadtführerin), Dieter Kertscher (Aktionsgemeinschaft Altstadt) und Bürgermeister Thomas Pink und führte durch das Quartier Harzstraße mit Kornmarkt, Harztorplatz und Krumme Straße.

31 Bürger waren dabei und verfolgten aufmerksam die Worte der Drei. Während Dr. Donner und Kertscher die historischen Aspekte näher brachten, berichtete Pink, wie sich das Areal vor rund 40 Jahren darstellte. Um eines vorweg zu nehmen: Die Harzstraße hat sich völlig verändert.

Erster Halt war am Kornmarkt. Jedermann fällt hier sofort die Hauptkirche ins Auge. Einst stand hier eine kleine Marienkapelle. Der Bau des heute an dieser Stelle stehenden Gotteshauses war damals eine echte Herausforderung, denn der Platz war für ein Gebäude dieser Größe völlig ungeeignet. Dem morastigen Untergrund sind immerhin 900 Eichenpfähle als Gründung geschuldet.

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Das Gebäude Harzstraße 12. Foto:



Weiter ging es zum Gebäude Harzstraße 12. Hier bot Eigentümer Claus-Dieter Henning den Teilnehmern einen besonderen Einblick in die ehemalige Synagoge. Er berichtete von seinem Vorhaben, das Haus grundsätzlich zu öffnen und darin eine kleine Ausstellung zu etablieren. Die Quartierspaziergänger durften schon einmal einen Blick in den sanierten Innenhof und auf die ausgestellten Wandtafeln werfen.


In der Harzstraße drehte Thomas Pink die Uhr um 40 Jahre zurück und berichtete aus seinen Kindheitserinnerungen. Dort aufgewachsen kennt er das Quartier als Ort regen Handels. „Wir bekamen hier damals alles“, erinnerte er sich. Fisch, Milch, alles Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Bekleidung, Zeitungen – hier pulsierte das Leben. „Auf 200 Metern hat sich hier im Quartier alles abgespielt“, sagt Pink. Nicht zuletzt habe es hier eine Kneipendichte wie in Frankfurt gegeben. „Die Lange Herzogstraße war damals schon die große weite Welt, da sind wir zum Einkaufen gar nicht hin“, so der Bürgermeister. Heute hat sich das Bild gewandelt. Die Harzstraße sei fast eine reine Wohnstraße geworden. Das Wissen um frühere Zeiten müsse man bei einer Diskussion um die Planung der künftigen Fußgängerzone und Geschäftsansiedelung in Wolfenbüttel beachten.

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Dieter Kertscher zeigte den Verlauf der Stadtmauer. Foto:



Am Harztorplatz erinnerte Dieter Kertscher an die alte Stadtmauer. Der Harztorplatz entstand sehr wahrscheinlich im Jahre 1603/1605 und hat seine damalige Funktion als Verteilerplatz mit relativ hohem Verkehrsaufkommen bis heute erhalten. Der Platzcharakter des Harztorplatzes war vor der Errichtung des heutigen Kronprinz ausgeprägter vorhanden. Interessant sei die vor dem Hotel Kronprinz im Kreuzungsbereich zwischen der Kommissstraße und dem heutigen verrohrten Oker-Kanal im Stil einer holländischen „Zugbrücke“ errichtete Straßenbeleuchtungsanlage. Die nachempfundene Klapp- oder Zugbrücke mache sehr anschaulich klar, wie die Verkehrsströme in den vergangenen Jahrhunderten auf der Straße und auf der Oker wechselweise einander den Vorrang einräumen mussten. Quer vor den Gebäuden auf der Ostseite des Harztorplatzes ist vor rund 20 Jahren ein Stück Stadtmauer angedeutet worden – um an die am Harztor entlang laufende Befestigungsmauer zu erinnern.

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Die Krumme Straße sei nach Meinung der Teilnehmer schön, aber "tot". Foto:



Weiter ging es in die Krumme Straße. Bis zu Beginn der städtebaulichen Sanierung in Wolfenbüttel war die Krumme Straße „wenig attraktiv“ und ist inzwischen zur  Vorzeigefassade Wolfenbüttels geworden. In dem zehn Jahre alten Würfelspiel „Deutsche Fachwerkstädte“ wird sogar mit einem Bild der heute so gelungen sanierten „Krummen Straße“ geworben. Dieter Kertscher ergänzte, dass kurz nach 1900 die Straße, die den Namen „Im Bruche“ (für den zum Harztorplatz weisenden Teil der Krummen Straße) trug, nach Bürgerprotesten in Krumme Straße umgewandelt, da der Name Bruchstraße aus Braunschweig negativ besetzt war. Auch zum Harztorwall führte der Quartiersspaziergang die Gruppe.

Nach diesem informativen Rundgang setzten sich die Teilnehmer noch zum „Abschlussgespräch“ zusammen um den mit auf den Weg gegebenen „Fragenkatalog“ zu beantworten. Was ist besonders aufgefallen? Besonders positiv? Besonders negativ? Was war bemerkenswert? Was ist in Erinnerung geblieben? Wie war die Atmosphäre im Quartier? Welche Ideen gibt es zur Quartiersentwicklung? Wo sind Konfliktpunkte im Quartier? Was könnte man am Quartier verändern/anregen? Wo gibt es noch Gesprächs-/Klärungsbedarf?

Aufgefallen ist den Teilnehmern zum Beispiel die schlechte Beleuchtung der Hauptkirche. Die Krumme Straße sei zwar schön, aber auch „tot“. Nach 19 Uhr werde sie häufig widerrechtlich zugeparkt. Die Parkplatzfläche gegenüber des Lessingtheaters sollte  zu Gunsten des Grüngürtels verändert werden. Die Rasenfläche gegenüber des Theaters sollte ebenso belebt werden. Das Trafohäuschen zwischen Harztorwall und Theaterplatz sei ungünstig platziert. Generell sollten in dem Quartier vorhandene Treffpunkte gestärkt, aber auch neue geschaffen werden. Viele Informationen zu den Quartieren seien nicht bekannt , Tafeln oder „Stationen“ sollten geschaffen werden, um Informationen ohne persönlichen Stadtführer zu erhalten.

Diese Sammlungen von Ideen und Anregungen der Bürger dienen später als Arbeitsmaterial für die jeweilige Quartiersgruppe in der zweiten Phase des Bürgerbeteiligunsprojektes (vom 16. August bis 17. Januar). Alle interessierten Bürger können sich noch bis Ende Juli beim Projektteam anmelden: melissa.anton@wolfenbuettel.de oder 05331/86394.


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