Rechtsanspruch auf Girokonto für Überschuldete und Flüchtlinge


Die AWO Kreisverband Salzgitter-Wolfenbüttel freut sich über die baldige Einführung des Basiskontos. Foto: Privat
Die AWO Kreisverband Salzgitter-Wolfenbüttel freut sich über die baldige Einführung des Basiskontos. Foto: Privat



Wolfenbüttel. Ein Leben ohne Girokonto ist eigentlich nicht möglich. Trotzdem wird in Deutschland bis zu einer Million Menschen der Zugang zu einem eigenen Konto verwehrt. Nur weil sie arm und überschuldet sind oder als Flüchtlinge kein gesichertes Aufenthaltsrecht haben. Damit ist nun Schluss: Ab dem 19. Juni gibt es einen allgemeinen Rechtsanspruch auf ein „Basiskonto“, heißt es in einem Bericht des AWO - Kreisverband Salzgitter-Wolfenbüttel e.V.

Damit greife die Bundesregierung eine seit vielen Jahren erhobene Forderung der Wohlfahrtsverbände und der Schuldnerberatungsstellen auf. „Endlich haben überschuldete Menschen wieder eine Chance, am wirtschaftlichen und sozialen Leben teilzunehmen“, freut sich Schuldnerberaterin Ilona Kaula von der AWO Kreisverband Salzgitter-Wolfenbüttel, soziale Schuldner- und Insolvenzberatung. „Ohne ein eigenes Konto fehlt diesen Menschen jegliche Perspektive. Sie können weder eine Arbeit aufnehmen, noch eine Wohnung anmieten. Auch Strom, Wasser, Telefon und Zeitungsabonnements und zahlreiche Kaufverträge und damit viele Alltagsgeschäfte erfordern ein Girokonto."

Erfahrungen eines Bürgers


Dies hat zum Beispiel Thomas Müller (Name geändert) erfahren müssen, so Kaula. Seit Monaten besitze er kein eigenes Konto mehr. Zuerst habe er seine Arbeit verloren, das Arbeitslosengeld („Hartz IV“) reichte kaum für die wichtigsten Fixkosten. Aber zuerst habe die Bank am Monatsanfang die hauseigene Kreditrate abgebucht und danach sei Thomas Müller ins Minus gerutscht. Vergeblich habe Thomas Müller versucht, bei anderen Banken ein neues Girokonto zu eröffnen. Ein Amt stellte ihm Schecks über seine Regelsatzleistungen aus und überwies seine Miete und die Abschlagszahlungen für Energie. Thomas Müller fühlte sich erniedrigt. „Ich möchte ja arbeiten gehen, meine Kosten selber tragen und einfach normal leben“, sagt er.

Basiskonten soll helfen


Mit dem Basiskonto kann Thomas Müller „ein Stück seiner Würde wieder zurückbekommen“, sagt Beraterin Ilona Kaula. Dieses Recht ist geregelt in einem neuen „Zahlungskontengesetz“, das den Zugang zu einem solchen Girokonto erstmals für alle Banken in Deutschland verbindlich regelt. Das Zahlungskontengesetz schaffe einen Rechtsanspruch auf ein Basis-Girokonto für alle, gerade auch für Überschuldete, Geringverdiener, Wohnungslose, Asylsuchende und auch für bloß „geduldete“ Flüchtlinge, die bislang häufig vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen waren, so Kaula. Das Basiskonto ermöglicht Ein- und Auszahlungen, Lastschriften, Überweisungen und das Bezahlen mit Karte.

Beinahe hatte Thomas Müller sich schon aufgegeben. Nun schöpft er wieder neue Hoffnung. Die Praxis wird zeigen, ob das neue Basiskonto halten kann, was es verspricht: die ungehinderte Teilnahme auch überschuldeter Menschen am bargeldlosen Zahlungsverkehr und damit am normalen Leben.


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