Schluss mit Stufenplan: Das plant Niedersachsen für die neue Corona-Verordnung

Schon am 25. August soll die neue Verordnung in Kraft treten. Ein Entwurf liegt regionalHeute.de vor.

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(Symbolbild) | Foto: Rudolf Karliczek

Niedersachsen. Schon zum 25. August soll eine neue Corona-Verordnung in Kraft treten. Mit ihr verabschiedet sich Niedersachsen vom Inzidenzbasierten Stufenplan. Drei sogenannte "Leitindikatoren" sollen an dessen Stelle treten. Das geht aus dem Entwurf der neuen Verordnung hervor, welcher gestern im Sozialausschuss des Landtages vorgestellt wurde und nun in die Verbandsbeteiligung geht.


Details zur neuen Verordnung wollte Regierungssprecherin Anke Pörksen am gestrigen Dienstag nicht nennen. "Bitte beachten Sie bei ihrer Berichterstattung, dass es sich um einen Entwurf handelt!", mahnte Pörksen ausdrücklich. Die unserer Redaktion vorliegende Entwurfsfassung könnte sich im Prozess der Verbandsbeteiligung noch deutlich ändern. Neben den kommunalen Spitzenverbänden dürfen auch andere Ministerien bis einschließlich Freitag noch Änderungswünsche einbringen. Diese sollen dann in der kommenden Woche diskutiert und gegebenenfalls übernommen werden. Am Dienstag, dem 24. August, soll die neue Verordnung dann vorgestellt werden und pünktlich in Kraft treten.

Warnstufen ergänzen die Inzidenz


An den allgemeinen Vorschriften ändert sich wenig. Niedersachsen setzt auch weiter auf Abstand, Händewaschen und Alltagsmaske - die bekannten "AHA"-Regeln. Bleiben soll auch die Testpflicht an Schulen. Neu ist die Definition sogenannter "Warnstufen", die eine flexiblere Variante des Stufenplans darstellen. Eine Warnstufe wird für einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt demnach festgestellt, wenn mindestens zwei der drei Leitindikatoren einen bestimmten Wert überschreiten, oder die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen höher als 50 liegt. Hiernach richten sich dann künftig weitere Beschränkungen.

Ähnlich wie beim bisherigen Modell müssen Städte und Kreise das Überschreiten einer Warnstufe per Allgemeinverfügung feststellen. Das gilt erst, wenn zwei der Werte für fünf Tage in Folge überschritten werden. Aktuell ist dies bei der reinen Inzidenz bereits nach drei Tagen der Fall. Werden die maßgeblichen Werte für die Warnstufe an fünf Tagen in Folge unterschritten, können die Beschränkungen zurückgenommen werden.

1. Leitindikator - Neuinfizierte


Der erste Leitwert ist die bekannte 7-Tage-Inzidenz in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Hier gibt es künftig aber nur noch drei Warnstufen: Eine 7-Tage-Inzidenz von 35 bis 100, 100 bis 200 und über 200.

2. Leitindikator - Hospitalisierung


Beim zweiten - neuen - Leitwert handelt es sich um die Zahl der Patientinnen und Patienten, die wegen einer COVID-19-Erkrankung in die Krankenhäuser eingeliefert werden. Hierbei legt das Land Niedersachsen aber nicht die Zahlen pro Kreis oder Stadt zugrunde, sondern die landesweite Zahl die sich - wie der Inzidenzwert - auf die Hospitalisierungsfälle je 100.000 Einwohnern stützt. Die Staatskanzlei hat angekündigt, vorab keine Fragen zur Entwurfsfassung zu beantworten. Hintergrund dieser Regelung könnte aber sein, dass es in einigen Städten und Kreisen mehrere Krankenhäuser gibt, die in der Vergangenheit auch schon Patientinnen und Patienten aus anderen Kommunen übernommen haben. Dies würde eine genaue Erfassung der Hospitalisierungsfälle erschweren. Die Warnstufen liegen hier bei 6 bis 35, 9 bis 12 und 12. Eine Erklärung zu diesem scheinbar widersinnigen Zählmodell liefert der Entwurf nicht - hier muss wohl bis zur Vorstellung der finalen Fassung abgewartet werden.

3. Leitindikator - Intensivbettenbelegung


Beim dritten und letzten Leitindikator handelt es sich um die prozentuale Auslastung der Intensivbetten, hier ebenfalls wieder auf Landesebene. Die Warnstufen liegen hier bei 5 bis 10 Prozent, 10 bis 20 Prozent und größer als 20 Prozent.

Die "3-G" erhalten mehr Gewicht


Immerhin - Angaben zu privaten Kontaktbeschränkungen im klassischen Sinne beim Überschreiten einer Warnstufe finden sich in der aktuellen Entwurfsfassung nicht. Auswirkungen hat das Überschreiten einer Warnstufe vor allem beim Zugang zum öffentlichen Leben. Dieser soll - wenn Warnstufe 1 überschritten wird oder die 7-Tage-Inzidenz höher als 50 liegt - in bestimmten Einrichtungen nur noch Geimpften, Getesteten oder Genesenen vorbehalten sein. Das betrifft beispielsweise die Innengastronomie, Veranstaltungen im Innenbereich, Hotels, körpernahe Dienstleistungen und Fitnessstudios. Clubs, Bars und Diskotheken hat der Verordnungsentwurf eine ganze eigene Rubrik gewidmet. Hier sollen unabhängig der Inzidenz besondere Vorschriften gelten. Auch Besucher in Krankenhäuser müssen künftig genesen, getestet oder geimpft sein. Diese Regeln sollen übrigens nicht für Schüler gelten, die im Rahmen eines schulischen Testkonzeptes regelmäßig getestet werden. Auch Kinder bis sechs Jahren sind davon ausgenommen.

Großveranstaltungen


Großveranstaltungen sind wie Bars, Clubs und Diskotheken im Bereich der "Inzidenzunabhängigen Vorschriften für Bereiche mit hohem Risiko für Mehrfachansteckungen" aufgeführt. Großveranstaltungen mit bis zu 5.000 Teilnehmenden können künftig nur noch von Geimpften, Getesteten oder Genesenen betreten werden - zusätzlich zur Erfassung der Kontaktdaten. Weiterhin benötigt werden ein Hygienekonzept und Maßnahmen zur Wahrung der Abstandsregeln. Auch der Alkoholkonsum soll eingeschränkt werden - Die Veranstalter müssen "erkennbar alkoholisierte Personen" sogar von der Veranstaltung ausschließen.

Clubs, Bars und Diskotheken


Auch in Clubs, Bars und Diskotheken erfolgt der Zugang künftig Inzidenzunabhängig nur noch über die 3-G-Regel. Die Betreiber solcher Einrichtungen müssen den Nachweis aktiv einfordern. Auch eine Kontaktdatenerfassung ist notwendig, aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit darf diese aber nur noch elektronisch erfolgen.

Kritik von der Landes-FDP


Als erste Fraktion im niedersächsischen Landtag kommentierte die FDP die neue Verordnung am heutigen Mittwoch und sieht erhebliche Mängel im Verordnungsentwurf. Diese seien ausreichend, um die Verordnung zum Thema einer Sondersitzung im Landtag zu machen. Der Landtagsabgeordnete Stefan Birkner kommentiert: "Die grundlegend neue Systematik bedeutet eine gravierende Veränderung für das gesellschaftliche Leben und beinhaltet weiterhin massive Grundrechtseingriffe. Die Landesregierung muss diese Eingriffe auch politisch erklären und sich der Debatte stellen."

Die neue Verordnung sei "zu undurchsichtig und nicht alltagstauglich", moniert Birkner und begründet: "Es bleibt völlig unklar, welche Maßnahmen an das Erreichen der Warnstufen 2 und 3 gekoppelt sind, an anderer Stelle knüpft die Landesregierung die 3G-Regeln dann wieder allein an die Inzidenz. Verständlicher wäre es gewesen, einen Wert aus Inzidenz, Hospitalisierung und Impfquote zu bilden, der das tatsächliche Risiko einfach erkennbar macht."


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