Schulen sollen wieder öffnen - Vieles soll sich ändern

Das Niedersächsische Kultusministerium hat einen ambitionierter Masterplan, aufgestellt, der noch 2021 umgesetzt werden soll.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Region. Kultusminister Grant Hendrik Tonne hat am heutigen Donnerstag einen Zehn-Punkte-Plan zur Zukunft der Schulen in Niedersachsen vorgestellt. Noch in diesem Jahr soll die Digitalisierung deutlich vorangebracht werden. Große Summen werden investiert, um die bereits bestehenden Infektionsschutzmaßnahmen an den Schulen weiter auszubauen. Hierzu gehöre ein Angebot zur Testung an Schul- und Kitaangestellte ebenso wie staatliche Unterstützung bei der Beschaffung von FFP2-Masken. Auch bei den anstehenden Abschlussprüfungen hat Kultusminister Grant Hendrik Tonne am heutigen Donnerstag für Klarheit gesorgt.


"Wir haben die Erfahrungen und Rückmeldungen, die uns aus dem ersten Halbjahr erreicht haben angesehen, systematisch ausgewertet und Schlussfolgerungen gezogen und diese zusammengebunden in einer Zehn-Punkte-Agenda", erläutert der Kultusminister. Tonne weist aber auch darauf hin: "Ich will gar nicht den Eindruck erwecken, dass damit alle Probleme gelöst sind."

Punkt 1: Organisation


Im Februar gelten zunächst die aktuellen Maßnahmen im Kita- und Schulbereich weiter: Das Distanzlernen im Szenario C für Dreiviertel der Schülerinnen und Schüler läuft weiter. Die Grundschülerinnen und Grundschüler, die Förderschulen für geistige Entwicklung sowie die Abschlussklassen machen weiterhin Wechselunterricht im Szenario B mit allen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen. Die Kitas sind geschlossen bei bis zu 50 Prozent Notbetreuung. Kultusminister Tonne: „Wir planen, im März alle Schulen im Wechselunterricht nach Szenario B laufen zu lassen. Die Kitas wollen wir zeitgleich ebenfalls öffnen und das Szenario B anpeilen. Über genaue Zeitpunkte und Umfänge werden wir mit ausreichend zeitlichem Vorlauf befinden", hierzu müssten jedoch die Voraussetzungen stimmen. Das sei der Fall, wenn die Inzidenz weiter wie aktuell der Fall sinke.

Inzidenzbasierter Stufenplan nach den Osterferien


Wenn die Inzidenzwerte in der Folge weiter absinken, soll nach den Osterferien im April der inzidenzbasierte Stufenplan gelten. Dieser sieht vor, bei schwachem Infektionsgeschehen so viel Präsenzunterricht und Kitabetrieb wie möglich zu erteilen und bei erhöhtem Infektionsgeschehen schnell und konsequent zu reagieren. "Ab einem Landes-Inzidenzwert 50 halbieren wir die Schülerzahl landesweit und erteilen Präsenzunterricht im Wechselmodell. Für Kitas bedeutet dass dann feste Gruppen. Ab einer Inzidenz von 25 muss an weiterführenden Schulen auch im Unterricht Maske getragen werden", erklärt der Kultusminister.

Punkt 2: Verbesserter Infektionsschutz


Mit deutlich verschärften Inzidenz-Werten im Stufenplan, erweiterten Möglichkeiten der Bereitstellung von FFP2- und/oder OP-Masken über das Schulbudget und über eine Verteilaktion aus dem Kompetenzzentrum des Landes sowie ergänzend die Richtlinie sächliche Schutzausstattung sowie eine konzertierte Aktion zur Entzerrung der Schulanfangszeiten werden die Sicherheitsmaßnahmen zur Prävention vor Corona-Varianten erhöht. Für die Beschaffung von Schutzausstattung werden vom Kultusministerium seit vergangenem November Sondermittel bereitgestellt.

Punkt 3: Testungen von Schul- und Kitabeschäftigten



Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne.
Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Foto: Tanja Bischoff


Bis zu den Osterferien können sich die über 100.000 Lehrkräfte und Schulleitungen sowie die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Kommunalen Beschäftigten wie Hausmeister oder Schulverwaltungskräfte, einmal pro Woche mit Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 bei niedergelassenen Ärzten testen lassen. Das Land wird für den Schulbereich die Kosten in voller Höhe übernehmen für das Landespersonal und die Hälfte für kommunal Beschäftigte. Das Kultusministerium wolle auf seiner Website eine Liste mit Hausärzten für die Testungen bereit stellen. Ein ähnliches Angebot habe es bereits im vergangenen Herbst gegeben, das sei aber kaum angenommen worden.

Auch die rund 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kindertageseinrichtungen und in der Tagespflege erhalten die Möglichkeit, sich bis Ostern einmal in der Woche per Schnelltest abzusichern. Das Land übernimmt die Hälfte der Kosten, die andere Hälfte übernimmt der jeweilige örtliche Träger der Einrichtung. Insgesamt stehen maximal 40 Millionen Euro für das freiwillige Schnelltest-Angebot zur Verfügung. Von dieser Summe könnten sich alle Mitarbeiter einmal wöchentlich testen lassen.

Punkt 4: Tempo bei der Digitalisierung


"Hier bewegt sich Vieles in eine gute Richtung, das Tempo soll aber erhöht werden", kündigte der Kultusminister an. So sollen die Mittel aus dem Digitalpakt Schule schneller abgerufen werden. Bisher seien rund 13 Prozent und damit etwas mehr als 61 Millionen Euro bewilligt. „Bis Ende des Jahres sollen 50 Prozent, beziehungsweise zirka 260 Millionen Euro bewilligt sein. Hierzu werden wir mit den Schulträgern eine gemeinsame Aktion starten", kündigt Tonne an. Auch die Ausstattung der Lehrkräfte werde verbessert. So sollen im Jahr 2021 alle Lehrkräfte mit dienstlichen mobilen Endgeräten und E-Mail-Adressen ausgestattet werden. Auch die Niedersächsische Bildungscloud wird nachgerüstet, unter anderem mit dem Mathematik-Lernprogramm „bettermarks". Der „Fortbildungspakt Digital 2021" sieht vor, dass im Jahr 2021 jede Lehrkraft in Niedersachsen mindestens eine Fortbildung zum Lernen mit digitalen Medien absolviert. Das Land verpflichtet sich, entsprechende Angebote bereitzustellen. 50.000 solche Fortbildungen seien dazu bereits absolviert worden. Das zeigt laut Tonne, dass der Bedarf da sei.

Punkt 5: Distanzlernen und „Homeschooling"


Mehr Verbindlichkeit, mehr Einheitlichkeit und mehr klarere Vorgaben soll es für den Heimunterricht im Szenario C geben. Zwar seien beim Distanzlernen oder „Homeschooling" Fortschritte zu verzeichnen, doch wird auch ein hohes Maß an Uneinheitlichkeit zurückgemeldet. Insbesondere bei Strukturen und Tagesabläufen wird daher nachgeschärft. Tonne: „Eine verlässliche Struktur im Tages- und Wochenrhythmus ist für die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte sowie die Erziehungsberechtigten unerlässlich. Das ist im Distanzlernen sicherzustellen. Zu Beginn eines jeden Schultages sollte fest vereinbart ein möglichst digitales Treffen stehen, zum Beispiel per Videokonferenz." Der entsprechende Erlass „Regelungen zur Organisation der Schuljahrgänge 1 bis 10 der allgemein bildenden Schulen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie" regele zudem die Themen Leistungsbewertung und Erreichbarkeit der Schule.

Punkt 6: Versetzungen, Prüfungen und Abschlüsse


Insbesondere in Krisenzeiten gelte es, jungen Menschen Zukunftschancen zu sichern. Als wichtige Basis für eine gute berufliche und persönliche Zukunft seien alle Anstrengungen zu unternehmen, um Prüfungen und Abschlüsse auch in der Corona-Pandemie zu ermöglichen.

Der Kultusminister sagt: „Wir sichern faire Prüfungen zu, niemand muss Nachteile wegen Corona befürchten. Die Prüfungen haben Pandemie-Zuschnitt: Es wird nur der Lernstoff in die Prüfungen aufgenommen, der auch tatsächlich behandelt wurde. Das ist auch der beste Weg um zu vermeiden, dass der Abschlussjahrgang 2021 als einziger in der Geschichte mit Corona-Makel wird, weil es keine Abschlussprüfungen gab." Die Voraussetzungen sind geschaffen, die Prüfungen im Sekundarbereich I - Haupt-, Real-, Förderschulabschlüsse sowie die Nichtschülerprüfungen stattfinden zu lassen: Dezentral, mit einem großen Aufgabenpool, die mündliche Prüfung wird wie im letzten Jahr freiwillig abgelegt.

Auch für das Abitur stehe ein klarer Rahmen, das Zentralabitur soll stattfinden. Ein dezentrales Abitur sei nur im Notfall angedacht. Alle Prüfungsaufgaben seien im Kultusministerium noch einmal auf ihre Situationsangemessenheit geprüft und gegebenenfalls überarbeitet worden. Inhalte, die im Kerncurriculum oder in den thematischen Hinweisen explizit dem vierten Semester, also dem letzten Schulhalbjahr zugeordnet seien, werden für die schriftliche Abiturprüfung 2021 nicht prüfungsrelevant, um Unwägbarkeiten bezüglich des noch bevorstehenden Unterrichts vorzubeugen. Für die Schulen bestehen Spielraum durch mehr Auswahl bei Prüfungsbestandteilen.

Punkt 7: Umgang mit versäumtem Lernstoff


Die Schulschließungen aufgrund des Lockdowns werden Lernrückstände erzeugen. Daher würden Schwerpunkte bei den Kernkompetenzen gesetzt. Das bedeute, dass die Schulen mehr Stunden für die Kernfächer einsetzen sollen. Lesen, Schreiben, Rechnen soll an den Grundschulen gestärkt werden, damit die Kinder eine solide Basis haben und damit der Übergang an die weiterführenden Schulen gut gelingt. Alle Schulen erhalten zusätzlich die Möglichkeit, die Stundentafel in den Schuljahrgängen 5 bis 8 zu flexibilisieren. Dazu können je nach Entscheidung der Schule Stundenkontingente des einen Faches für ein anderes Fach genutzt werden. Die Kerncurricula werden deutlich gestrafft und werden mit klareren Vorgaben dazu versehen, welche Lernziele erreicht werden sollen.

Punkt 8: Schülerförderung


Alle Schülerinnen und Schüler müssen mitgenommen und gefördert werden. Ganz besonders müssen wir dabei auf diejenigen achten, die unter erschwerten Lernbedingungen zu leiden haben. Es geht um strukturierten Tagesablauf mit täglichem Kontakt zu den Lehrkräften. Um Freiräume für die Förderung zu schaffen, wird die Stundentafel angepasst. Darüber hinaus unterstützt ein Corona-Beratungsteam der RLSB Schulen und Lehrkräfte konkret und vor Ort bei der Kompensation möglicher Lernrückstände. Ergänzend gebe es im Niedersächsischen Bildungsportal umfangreiche Materialien und Hinweise mit guten Beispielen für gelungene Praxis. Das Programm außerschulische LernRäume mit kirchlichen und anderen Partnern geht in die Verlängerung bis Ende der Sommerferien.

Punkt 9: Kinder und Jugendliche stärken


Schule ist mehr als Unterricht!: Die Schulen werden darin unterstützt, bewährte Projekte und Programme im Kontext des sozial-emotionalen Lernens fortzuführen oder zu etablieren. Die Schulpsychologie soll jetzt auch für minderjährige Schülerinnen und Schüler und für Eltern geöffnet werden. Die schulpsychologische Beratung informiert auch per Newsletter regelmäßig über aktuelle Themen an alle Schulen. Die innerschulische Beratung - zum Beispiel durch Schulsozialpädagoginnen und -pädagogen - hat ihre Unterstützungsleistungen auf die Bedarfe von Schülerinnen und Schülern, aber auch auf die Bedarfe von Eltern und Lehrkräften in den Szenarien B und C angepasst. Die „Belastungen von Schülerinnen und Schülern in der Pandemie" werden als zentrales Thema im nächsten Schulverwaltungsblatt bearbeitet - mit umfangreichen Hinweisen auf weitergehende Beratung und Unterstützung.

Punkt 10: Entlastung der Grundschulen


Allen rund 1.600 Grundschulen sollen ab sofort vier zusätzliche Anrechnungsstunden zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein Stundenvolumen von umgerechnet rund 230 Vollzeitlehrereinheiten. Mit diesen Stunden können die Grundschulleitungen sich selbst und ihre Kollegien gezielt entlasten. Die Gewährung von zusätzlichen Anrechnungsstunden ist aufgrund der schulformspezifischen Belastung und der zu bewältigenden Sonderaufgaben in den vergangenen Monaten notwendig. Kultusminister Tonne: „Die Dreifachbelastung durch Präsenz- und Distanzunterricht plus Notbetreuung ist hier am deutlichsten. Zudem haben die Grundschulleitungen eine relativ hohe Unterrichtsverpflichtung. Mit den vier Stunden geben wir etwas Entlastung in das angespannte System."

An den kleinen Grundschulen soll zudem weiteres Personal zur Unterstützung angestellt werden. Jede Schule kann eine pädagogische Mitarbeiterin, beziehungsweise einen pädagogischen Mitarbeiter zusätzlich befristet einstellen für ein halbes Jahr. "Aus unserem 20-Millionen-Minijober-Programm werden gezielt zusätzlich 950 Stellen an die kleinen Grundschulen gegeben. Darüber hinaus stehen noch Mittel für die befristete Stundenerhöhung von teilzeitbeschäftigten pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung. Hierdurch sollen auch die Schulen unterstützt werden, denen es in strukturschwachen Gegenden Schwierigkeiten bereitet, zusätzliches Personal zu finden.


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