Sind die Stolpersteine zu viel des Guten?

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| Foto: Anke Donner



Wolfenbüttel. Medienberichten zu Folge sorgt die Verlegung der Stolpersteine in Hamburg und Göttingen derzeit für Kritik. Auch in Wolfenbüttel wurden in den vergangenen Jahren 78 Stolpersteine verlegt, um an die jüdischen Opfer der NS-Zeit zu erinnern. WolfenbüttelHeute.de fragte beim Zentralrat der Juden in Deutschland nach, wie man die Verlegung in Wolfenbüttel sieht. Und auch der Erinnerer Jürgen Kumlehn meldet sich zu Wort. 

Seit Jahren engagiert sich die Initiative Stolpersteine in Wolfenbüttel für die Verlegung der kleinen Messingplatten in die Gehwege. Das Projekt “Stolpersteine” wurde in Deutschland im Jahr 2000 vom Berliner Künstler Gunther Demning ins Leben gerufen. Demning setzt mit den kleinen Messingschildern ein großes Zeichen zur Erinnerung an die vertriebenen und getöteten Juden zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Bis heute sind in zehn Ländern Europas knapp 35.000 Steine in Gehwege und Straßen eingelassen. Gunther Demning initiierte damit eines der größten Mahnmale der Welt. Wolfenbüttel ist ein Teil dieses Andenkens.

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Künstler und Initiator Gunter Demnig setzte bisher 78 Steine in Wolfenbüttel. Foto:


In einigen Städten wird das Erinnern und Verlegen der Steine nun als reine Profitgier und als Profilierung der Initiatoren gewertet. Man solle sich lieber um die Lebenden kümmern und kulturelle Angebote schaffen. Ob man auch in Wolfenbüttel inzwischen eher skeptisch auf die Messingsteine reagiert, vermochte die Pressestelle des Zentralrats der Juden mit Sitz in Berlin nicht sagen. So teilte man auf die Nachfrage von WolfenbüttelHeute.de hin mit: „Konkret zu den geplanten Verlegungen der Stolpersteine in Wolfenbüttel und Braunschweig möchten wir uns nicht äußern. Es gibt innerhalb der jüdischen Gemeinschaft unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema“, so Pressesprecherin Jutta Wagemann und verwies auf eine Pressemitteilung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises Stolpersteine.


Darin äußerte Schuster, dass er die Verlegung der Steine und das damit verbundene Erinnern, gut und wichtig findet. „Die kleinen Messingsteine lassen uns immer wieder mitten im Alltag innehalten. Wir beugen uns hinunter, um den Namen lesen zu können. Wir verbeugen uns vor den Menschen, die den Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Und uns wird bewusst: Sie lebten hier, mitten unter uns. Es waren Nachbarn. Und auch wenn es heute keine Angehörigen mehr gibt: Sie sind nicht vergessen.“




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Jürgen Kumlehn beschäftigt sich seit langer Zeit mit jüdischen Familien. Foto: Anke Donner)


Großer Zuspruch in Wolfenbüttel


Auch Jürgen Kumlehn baten wir darum, sich zu äußern. Kumlehn beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Schicksalen der Juden, die aus Wolfenbüttel deportiert wurden, in Konzentrationslagern ums Leben kamen oder aus Deutschland flüchten mussten. Kumlehn gehört der Initiative Stolpersteine an und unterstütz das Verlegen der Stolpersteine in Wolfenbüttel. "Ich finde, das ist eine ganz normale Reaktion. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft und da sind unterschiedliche Meinungen völlig akzeptabel. Natürlich kann man gegen die Verlegung sein, wenn man seine Ablehnung sachlich argumentiert. Aber es sind auch wirklich nur wenige, die die Stolpersteine nicht richtig finden. Die Aussagen von Daniel Killy, Sprecher der Jüdischen Gemeinde Hamburg, hat mich schon sehr getroffen. Er ist stammt aus Wolfenbüttel und ich kenne ihn. Sein Vorwurf, der Künstler würde sich eine goldene Nase verdienen, ist totaler Quatsch. Wenn das so wäre, würden wir diese Aktion nicht mitmachen. Ich habe die Werkstatt von Demnig in Berlin besucht. Glauben Sie mir, er bezahlt seine Angestellten, seine Herstellungskosten und seine Steuern. Reich wird er damit nicht. Ich kann nur sagen, dass wir in Wolfenbüttel großen Zuspruch erfahren. Von den Bürgern und den Angehörigen. Besonders die Angehörigen sind ergriffen, wenn sie an der Verlegung teilnehmen. Wir werden uns auch weiterhin engagieren", versichert Kumlehn.



Jüdische Gemeinde Braunschweig


"Selbstverständlich finde ich die Stolpersteinverlegung auch in Wolfenbüttel gut, kann aber darüber hinaus nichts weiter sagen, weil ich die Vorgehensweise und Durchführung vor Ort nicht kenne", sagt Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft in Braunschweig. In Braunschweig ist die Verlegung der Stolpersteine und die Gründung des Vereins "Stolpersteine für Braunschweig e.V." ebenfalls sehr gut angekommen, teilte sie mit.


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