SPD: Schostok zur „Causa Wulff“ – Fragenkatalog *exklusiv* vorab




[image=5e1764c6785549ede64cce9a]Statement von Stefan Schostok zur morgen anstehenden Unterrichtung durch die Landesregierung zur „Causa Wulff“ in der Sitzung des Rechtsausschusses des Niedersächsischen Landtages am Mittwoch, 11. Januar. Original-Wortlaut, ungekürzt und unkommentiert:

“Wir möchten Ihnen heute einen Fragenkatalog vorstellen, mit dem wir morgen in die Sitzung des Rechtsausschusses des Landtages gehen werden. Bekanntlich soll dort die Landesregierung auf Antrag der SPD-Fraktion den Ausschuss zu verschiedenen Aspekten unterrichten, die im Zusammenhang mit der Debatte um den ehemaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten Christian Wulff in den vergangenen Wochen aufgetaucht sind.

Wir legen dabei den Schwerpunkt vor allem auf den Bereich „Nord-Süd-Dialog“. Nach den Veröffentlichungen der vergangenen Wochen müssen wir davon ausgehen, dass uns die damalige Landesregierung im April 2010 bewusst falsch informiert hat. Entgegen der schriftlichen Aussage des damaligen Chefs der Staatskanzlei haben sich Mitglieder der Landesregierung gezielt darum bemüht, Sponsoren für eine private Großveranstaltung zu werben, aus der der private Veranstalter mutmaßlich einen sechsstelligen Gewinn gezogen hat. Wir werden morgen die Landesregierung unter anderem fragen, welche Erkenntnisse ihr zu den Aktivitäten des damaligen Regierungssprechers und des damaligen Ministerpräsidenten selbst vorliegen.

Außerdem wollen wir wissen, ob die Landesregierung unsere Auffassung teilt, dass mit der falschen Auskunft vom April 2010 gegen die Niedersächsische Verfassung verstoßen worden ist.

Wir gehen ferner den Fragen nach, ob mutmaßlich vom damaligen Ministerpräsidenten zweimal gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen worden ist.


Als Verdachtspunkte führen wir an

- die ungewöhnlich günstigen Kreditbedingungen, die die BW-Bank dem damaligen Ministerpräsidenten im Jahr 2010 einräumte und die er annahm

- sowie die Begleitumstände, die zum kostenlosen Urlaubsaufenthalt des Ehepaares Wulff im italienischen Feriendomizil des Aufsichtsratsvorsitzenden eines großen Versicherungskonzerns geführt haben.

Darüber hinaus finden Sie etliche Fragen, die sich mit den Kenntnissen der Landesregierung über den obskuren CDU-Spendensammelverein Club 2013 beschäftigen. Außerdem haben wir zu den Urlaubs- und Delegationsreisen des ehemaligen Ministerpräsidenten noch einige Nachfragen.

Uns bietet sich das Bild eines „Systems Wulff“, das sich durch ein besonders enges Netzwerk und eine Verquickung privater, politischer und wirtschaftlicher Interessen auszeichnet. Das Bild ist noch schemenhaft, doch die Konturen werden immer deutlicher.

Mit dem Weggang des ehemaligen Ministerpräsidenten war dieses System nicht aus der Welt, wie das Beispiel des Clubs 2013 belegt, der 2007 in den Zeitungen als „Wulff-Verein“ bezeichnet wurde, der die CDU-Parteikasse füllt. Auch Mitglieder der aktuellen Landesregierung standen diesem Verein gegen Spende zur Verfügung. Auch das wird noch aufzuarbeiten sein.

Wir gehen selbstverständlich nicht davon aus, dass die Landesregierung uns morgen sogleich auf alle Fragen wie aus der Pistole geschossen antworten kann. Einige der Fragen verlangen Nachforschungen vonseiten der Staatskanzlei und der Ministerien. Diese Zeit gestehen wir der Landesregierung natürlich zu. Aber, wir erwarten schon, dass sich die Landesregierung morgen auf die Fragen einlassen wird und nicht auf Zeit spielt.


Die Fragen sind fair, die Landesregierung kann zu jeder Frage eine Antwort finden. Es hängt allein von ihrem Verhalten ab, wie schnell die noch offenen Fragen in der Causa Wulff beantwortet werden können. Wir möchten zudem den Vorwurf des CDU-Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler zurückweisen, der uns unterstellt, wir wollten hier einen Polit-Klamauk veranstalten.

Der Niedersächsische Landtag ist von der vormaligen Regierung unter Christian Wulff unserer Ansicht nach bewusst und vorsätzlich falsch informiert worden. Und es steht der Verdacht im Raum, dass Herr Wulff mehrfach Vergünstigungen in Anspruch nahm, die er nach dem Ministergesetz hätte ablehnen müssen. Das wollen wir geklärt haben.

Dieses sollte das Interesse aller Abgeordneten des Landtages aber auch der derzeitigen Landesregierung sein, denn die Verpflichtung der Landesregierung, auf Anfragen des Parlaments nach bestem Wissen und unverzüglich zu antworten, hat nicht umsonst Verfassungsrang.

Wer diese Verpflichtung gering schätzt und erklärt, weil sich eine Person entschuldigt habe, müsse man nun das Mäntelchen des Schweigens darüber legen, der hat die Kontrollfunktion des Parlaments nicht begriffen. Und wer so aggressiv und geradezu allergisch auf Fragen zur mutmaßlichen Verquickung von Regierungshandeln und Parteikasse reagiert, lädt eher zu weiteren Nachfragen ein, als dass er sie unterbindet.”

Wir veröffentlichen die Fragen und Anträge hier im Original: Fragen und Anträge der SPD


mehr News aus Wolfenbüttel


Themen zu diesem Artikel


SPD SPD Wolfenbüttel CDU