Terror-Kids am Kornmarkt: Polizei wehrt sich gegen Vorwürfe

Erneut soll es in der Innenstadt zu einem Zwischenfall mit Jugendlichen gekommen sein. Der Betroffene kritisiert die Polizei, die wiederum äußert sich nun selber zu den Vorfällen.

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Im Oktober 2023 griff die Polizei mit einer groß angelegten Aktion am Kornmarkt in Wolfenbüttel durch.
Im Oktober 2023 griff die Polizei mit einer groß angelegten Aktion am Kornmarkt in Wolfenbüttel durch. | Foto: Rudolf Karliczek

Wolfenbüttel. Im Oktober des vergangenen Jahres griff die Polizei durch, nachdem rund um den Kornmarkt Jugendliche immer wieder durch ihr respektloses Verhalten aufgefallen waren. Ende Dezember soll es dann erneut zu Vorfällen gekommen sein. Hier jedoch soll die Polizei nicht ausreichend aktiv geworden sein, kritisiert ein betroffener Bürger gegenüber lokalen Medien. Diesen Vorwurf lässt der Kommissariatsleiter Andreas Twardowski nicht so einfach im Raum stehen.



Twardowski bestätigt im Gespräch mit regionalHeute.de, dass es im November und Dezember des vergangenen Jahres insgesamt drei Meldungen aus dem Bereich des Kornmarktes gegeben hätte. Was er aber auf keinen Fall stehen lassen könne, sei der hier entstandene Eindruck, die Polizei würde sich nicht um die Sorgen der Bürger kümmern. "Das wird dem Einsatz der Kollegen einfach nicht gerecht", sagt er.

Kommissariatsleiter Andreas Twardowski
Kommissariatsleiter Andreas Twardowski Foto: Anke Donner


Nach dem Einsatz im Oktober habe man ganz massiv die Kontrollen in der Innenstadt verstärkt. Seitdem sei es in diesem Bereich deutlich ruhiger geworden. Und noch etwas macht Andreas Twardowski deutlich. "Die ganze Sache mit den Jugendlichen dort an der Hauptkirche ist mir persönlich sehr wichtig. Und wenn sich Bürger an die Polizei wenden, weil dort wieder etwas vorgefallen ist, dann nehmen wir uns der Sache auch an. Und wenn es Kollegen geben würde, die das auf die leichte Schulter nehmen und nicht reagieren würden, dann würde es hier ein ernsthaftes Gespräch mit mir geben." Daher habe man auch die erneuten Vorfälle sehr ernst genommen.

Das war passiert


Zunächst habe sich am 29. November ein Anwohner bei der Polizei gemeldet und berichtet, dass er sich durch eine Gruppe Jugendliche bedroht und beleidigt fühle. Zudem soll es Sachbeschädigungen am Haus und am Auto gegeben haben. Auch von einem beschädigten Autospiegel sei die Rede gewesen, zählt Twardowski auf. Man habe einen Streifenwagen geschickt, der zunächst die Gegend erkundet habe. Angetroffen hätten die Beamten die Jugendlichen nicht. Die Behauptung des Melders, der Streifenwagen sei einfach nur am Haus vorbeigefahren und die Polizei habe auf die Situation nicht ausreichend reagiert, weist Twardowski entschieden von sich.

Am Abend darauf erfolgte erneut ein Anruf bei der Polizei, wieder war es der gleiche Anwohner. Dieser berichtete nun, dass sich Jugendliche an Autos zu schaffen machen, Schneebälle gegen die Hauswand warfen und es auch zu Klingelstreichen gekommen sein soll. "Bei dem ersten Anruf ist ein Streifenwagen rausgefahren. Bei dem zweiten Anruf sogar zwei. In beiden Fällen wurde zunächst eine Absuche im Nahbereich gemacht. Das ist ein normaler Vorgang in solch einer Situation. Wenn wir solch einen Hinweis bekommen und der Anrufer mitteilt, die Verdächtigen seien weggelaufen, versuchen wir natürlich erst einmal, die Beschuldigten zu finden. Das ist der Grund, weshalb die Streifenwagen 'vorbei gefahren' sind", erklärt er.

Doch auch nach dem zweiten Anruf habe man keine Jugendlichen angetroffen, eine Straftat konnte man also auch hier nicht nachweisen. Es habe auch weder Beschädigungen an Haus und Auto gegeben, noch habe das vom Anrufer gemachte Video irgendwelche Straftaten gezeigt. Klingelstreiche und geworfene Schneebälle seien nicht strafrechtlich relevant, solange hier keine Beschädigungen oder Verletzungen entstehen. "Ich verstehe, dass sich der Anwohner von dieser Personengruppe bedroht, gestört und belästigt fühlt. Allerdings muss die Polizei, wenn sie die Grundrechte von Menschen einschränkt, auch eine dementsprechende Ermächtigung haben. Ich kann also niemanden wegen eines Klingelstreichs festnehmen. Das ist zwar ein moralisch verwerfliches Verhalten, aber keine Straftat", so Twardowski.

Strafanzeige gegen Jugendliche und Anwohner


Anders war es dann am 18. Dezember. Hier seien laut Twardowski sogar drei Streifenwagen an den Kornmarkt entsandt worden und es habe eindeutig eine Straftat vorgelegen. Die Jugendlichen hatten den Briefkasten des Anwohners mit einem Böller gesprengt und dabei auch die Haustür beschädigt. Die Beschuldigten seien nach kurzer Flucht von den Beamten festgestellt worden. "Um die weitere Flucht zu verhindern, mussten die Kollegen unmittelbaren Zwang anwenden. Das heißt, sie wurden zu Boden gebracht, um überhaupt erstmal festzustellen, wer die sind und auch, um sie durchsuchen zu können", schildert Twardowski die Situation. Neben diesen drei Tatverdächtigen seien später dann noch acht weitere Jugendliche im näheren Umfeld festgestellt worden. Darunter seien auch einige Jugendliche gewesen, die man bereits im Oktober festgestellt hatte. Sie seien aber nicht tatverdächtig. Gegen die drei anderen Jugendlichen seien Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung durch Feuer und Verdacht wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz gefertigt worden.

"Zur Wahrheit gehört aber auch, dass auch eine Anzeige gegen den Mitbewohner des Anrufers gestellt wurde. Während des Einsatzes hatte dieser das Telefon eines der Tatverdächtigen an sich genommen und es gegen eine Regenrinne geschlagen, so dass es zerstört wurde", berichtet der Kommissariatsleiter.

"Tür steht offen"


Twardowski wäre froh, wenn man die ganze Sache anders hätte lösen können. "Ich verstehe wirklich, dass die Anwohner Angst haben und sich unsicher fühlen. Aber diese Vorwürfe sind aus meiner Sicht ungerecht. Und der Beschwerdeführer muss auch akzeptieren, dass auch die Möglichkeiten der Polizei endlich sind. Gott sei Dank ist es in diesem Land so, dass ich nicht wahllos irgendwelchen Menschen, deren Verhalten mir nicht gefällt, wegsperren kann. Wir leben in einem Rechtsstaat und da gibt es Normen. Und auch diese Jugendlichen haben Grundrechte. Und wir dürfen nicht eingreifen, wo es keinen Anlass gibt. Wenn sich der Anrufer an mich gewandt hätte, hätte ich ihm gerne erklärt, warum und wieso es in den einzelnen Einsätzen so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Aber er hat den Weg über die Presse gewählt. Meine Tür ist aber immer offen, falls er noch Bedarf hat."


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