Verdacht der Gründung eines rechtsextremen Netzwerkes in Justizvollzugsanstalten: Besucher der JVA Wolfenbüttel auf der Liste


| Foto: Marc Angerstein



Am 11. April 2013 hatten die hessischen Ermittlungsbehörden in einem schriftlichen Bericht mitgeteilt, dass bei der Haftraumrevision des in der Justizvollzugsanstalt Hünfeld einsitzenden Gefangenen T. am 14. März 2013 die Vereinssatzung des Vereins „Aryan Division 14" gefunden wurde. Zur Erläuterung: Aryan auf Deutsch bedeutet arische, die 14 steht für eine 14 Wörter umfassende rassistische Parole des US-amerikanischen Rechtsterroristen David Lane: „Wir müssen die Existenz unsere Volkes sichern und eine Zukunft für unsere weißen Kinder." Aus dieser geht hervor, dass es sich um eine Vertretung der Interessen der Gefangenen handelt. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt a.M. hat zwischenzeitlich ein Verfahren gegen den Gefangenen T. wegen des Verdachts der Gründung einer Nachfolgeorganisation bzw. Fortführung der verbotenen HNG - der sogenannten früheren Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. - eingeleitet.

Des Weiteren wurde in der JVA Hünfeld bei dem Gefangenen T. eine Personenliste mit 51 Namen und Adressen sichergestellt. Auf der genannten Personenliste sind drei Gefangene aus Niedersachsen, davon zwei aus der JVA Vechta (Jungtätervollzug) und einer aus der JVA Meppen aufgeführt.

Diese Personenliste wurde vom Niedersächsischen Justizministerium noch am 11. April 2013 an alle Justizvollzugsanstalten des Landes mit der Bitte übersandt zu prüfen, ob zu den auf der Liste genannten Personen Erkenntnisse vorliegen.

Die Überprüfung dieser Liste und Haftraumkontrollen haben zwischenzeitlich zu weiteren Erkenntnissen geführt. Danach besteht die Möglichkeit, dass insgesamt sechs Gefangene in Kontakt zu dem Gefangenen T. aus Hünfeld gestanden haben könnten. Zwei Gefangene der JVA Vechta hatten nachweislich schriftlichen Kontakt zu dem Gefangenen. Bei ihnen wurden elf Briefe des Gefangenen T., ein noch nicht abgesandter Brief an den Gefangenen T. sowie ein Verschlüsselungscode für das Alphabet sichergestellt. In einem Brief werden drei weitere niedersächsische Gefangene als neue Mitglieder der „AD Jail Crew (14er)" gegenüber dem Gefangenen T. benannt. Kontrollen bei diesen drei Gefangenen - zwei weitere Gefangene in der JVA Vechta und einer in der JVA Bremervörde - haben diese Verdachtsmomente bisher aber nicht erhärten können.

Von den insgesamt sechs überprüften Gefangenen (vier aus der JVA Vechta (Jungtätervollzug), je einer aus der JVA Bremervörde und der JVA Meppen) haben sich demnach bei den beiden Gefangenen der JVA Vechta die Verdachtsmomente aufgrund des sichergestellten Schriftverkehrs erhärtet. Bei den übrigen Gefangenen haben sich zunächst keine weiteren Verdachtsmomente ergeben.

Bei den betroffenen Gefangenen aus der JVA Vechta wurden wöchentliche Haftraumkontrollen, Überwachung des Schriftwechsels und der Telefonate angeordnet.

Die Personenliste enthielt nicht nur die Namen niedersächsischer Gefangener, sondern auch die Namen und Adressen zweier Besucher der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel. Weitere Erkenntnisse zu diesen Personen und zu der Frage, warum deren Namen und Adressen in der beim Gefangenen T. sichergestellten Liste aufgeführt sind, liegen nicht vor.

Auf der Personenliste ist im Übrigen auch namentlich eine Bedienstete der Frauen-JVA in Vechta aufgeführt, die nach bisherigen Erkenntnissen aber in keinerlei Verbindung zur „AD Jail Crew 14" bzw. zur „Aryan Division 14" steht.

Alle bisher gewonnen Erkenntnisse wurden dem Niedersächsischen Innenministerium und dem Landesverfassungsschutz am 17. April 2013 mitgeteilt, die in Kontakt zu den hessischen Ermittlungsbehörden stehen. Die Recherchen der Polizei sowie die Aufklärungsarbeit im Justizvollzug dauern an. Zurzeit ist ein strukturiertes und funktionierendes rechtsradikales Netzwerk im niedersächsischen Justizvollzug nicht erkennbar. Die Justizvollzugsanstalten sind allerdings weiterhin wachsam. Die Justiz kooperiert dabei eng mit den Ermittlungsbehörden. Ob es zu einem Ermittlungsverfahren auch in Niedersachsen kommen wird, wird sich aus möglichen weiteren Erkenntnissen der Polizei ergeben.


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