Wolfenbüttel. Sie sind das größte Ärgernis für Autofahrer und verursachen jedes Jahr ökonomische Schäden in Milliardenhöhe: Staus. Andreas Grocholewski, Leiter der TÜV-STATION Wolfenbüttel, erklärt, wie sie entstehen und wie sich jeder einzelne Autofahrer daran beteiligen kann, die Wartezeiten zu reduzieren.
Stau ist eine Überlastung des Straßennetzes: „Jede Straße hat eine Maximalkapazität an Autos, die sie pro Stunde bewältigen kann“, erklärt Grocholewski. „Diese hängt dabei natürlich von vielen Faktoren wie Fahrgeschwindigkeit oder dem Zustand der Straße ab.“ Bei einer Geschwindigkeit von 80 bis 100 Stundenkilometern und freier Fahrt gehen die Stauforscher derzeit von einer Kapazität von 1.500 bis 2.500 Fahrzeugen pro Stunde aus. Bei niedrigerer oder höherer Geschwindigkeit sinkt die Kapazität wieder. Wenn zu Stoßzeiten wie Berufs- oder Urlaubsverkehr mehr Fahrzeuge die Straße nutzen wollen, kommt es zu Stau.
Welche Staus gibt es?
Grundsätzlich wird zwischen Staus durch Hindernisse wie Baustellen, Liegenbleiber oder Unfälle und Staus, die scheinbar aus dem Nichts entstehen, unterschieden. Bei ersteren handelt es sich de facto um eine Reduktion der zur Verfügung stehenden Fahrspuren und damit der Gesamtkapazität der Straße. Im Falle mehrspuriger Straßen muss der Verkehr in den verbleibenden freien Spuren zusammengeführt werden. „Hier ist es vor allem wichtig, dass Autofahrer genügend Abstand zum voranfahrenden Fahrzeug halten“, erklärt Grocholewski. „Nur so kann das Reißverschlussprinzip funktionieren, ohne dass es zu Behinderungen kommt.“ Wer beim Reißverschlussverfahren andere nicht auf die Fahrbahn wechseln lässt, ist am nachfolgenden Stau mitschuldig und kann mit einem Bußgeld von 20 Euro belegt werden. Bei einspurigen Fahrbahnen ist besondere Vorsicht geboten, da man auf die Gegenfahrbahn wechseln muss, um das Hindernis zu umgehen. „Grundsätzlich gilt, dass die Fahrzeuge auf der freien Spur Vorfahrt gegenüber dem ausscherenden Gegenverkehr haben“, so der TÜV-Experte.
Kettenreaktionen als Ursache
Staus aus dem Nichts resultieren aus dem Fehlverhalten einzelner Fahrer, die damit eine Kettenreaktion auslösen. „Wenn ein Auto im dichten Verkehr bremst, müssen alle nachfolgenden Autos ebenfalls bremsen“, beschreibt Grocholewski das Phänomen. „Aufgrund der reduzierten Reaktionszeit muss das Folgefahrzeug stärker bremsen als der Vordermann – bis es zum Stillstand kommt.“ Der sogenannte Schmetterlingseffekt wurde Anfang der 1990er Jahre erstmals im physikalischen Nagel-Schreckenberg-Modell erklärt. Um diesen Effekt möglichst gering zu halten, empfiehlt der TÜV- Experte vier simple Regeln: Auf Abstand fahren: Nur so hat man ausreichend Reaktionszeit, um hartes Bremsen zu vermeiden. Vorausschauend fahren: Wer stark beschleunigt, um aufzuschließen, wird auch schnell wieder bremsen müssen. Aufmerksam bleiben: Wer steht oder langsam rollt, wird unachtsam. Schreckhaftes Bremsen oder Beschleunigen ist oft die Folge. Die Spur halten: Häufiges Spurwechseln zwingt den nachfolgenden Verkehr zu bremsen, um dem neuen Fahrzeug Platz zu schaffen.
„Gaffen“ ist gefährlich
Kurzsichtig und gefährlich ist auch das Verhalten von Gaffern. „Leider kommt es bei Unfällen immer wieder zu unnötigen Staus – auch auf der Gegenfahrbahn, weil neugierige Fahrer langsamer werden, um die Unfallstelle zu begutachten“, weiß Grocholewski. „Damit provozieren sie nicht nur Staus, sondern sind abgelenkt und riskieren Unfälle.“ Grundsätzlich sind Staus zwar nicht zu vermeiden, doch mit vorausschauendem und rücksichtsvollem Fahren können die Stockungen zumindest reduziert werden. Und so wäre dann allen geholfen.
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