Wie rechts ist Deutschland: Große Diskussionsrunde in Wolfenbüttel

„Wir sind stark gefordert“: Verfassungsschutzpräsident unterstreicht die Gefahr für unsere Gesellschaft von rechts.

v.l.n.r. Türkân Deniz-Roggenbuck, Prof. Dr. Vanessa Reinwand-Weiß, Derya Nas, Dirk Pejril, Dunja Kreiser.
v.l.n.r. Türkân Deniz-Roggenbuck, Prof. Dr. Vanessa Reinwand-Weiß, Derya Nas, Dirk Pejril, Dunja Kreiser. | Foto: über Büro Dunja Kreiser

Wolfenbüttel. Extremismus, Terrorismus oder Cyberattacken, all dies muss der Verfassungsschutz im Blick behalten. Dafür sind die rund 350 Mitarbeitenden bei der niedersächsischen Sicherheitsbehörde bestens ausgebildet, auf vielen Gebieten. „Wir haben auch KFZ-

Mechaniker in unseren Reihen“, berichtet der oberste Verfassungsschützer in Niedersachsen Dirk Pejril. „Es ist ein wenig wie bei James Bond“. Die zweite Veranstaltung der „Wolfenbütteler Begegnungen“ fand am 6. Dezember in der Schünemanschen Mühle, im Gästehaus der Bundesakademie für Kulturelle Bildung unter dem Titel „Wie rechts ist Deutschland? – Strategien für den Erhalt unserer Demokratie“ statt. Initiiert wird die Reihe durch die örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Dunja Kreiser, der Herzog-August-Bibliothek, der Bundesakademie für Kulturelle Bildung und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dies geht aus einer Pressemitteilung der Abgeordneten hervor.


Es diskutierten neben Dirk Pejril und Dunja Kreiser Türkân Deniz-Roggenbuck, die in Braunschweig eine Agentur für Diversität leitet, und Derya Nas, Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei VW am Standort Salzgitter. Moderiert wurde das Podium von der Mitgastgeberin und Leiterin der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Prof. Dr. Vanessa Reinwand-Weiß. Prof. Dr. Oliver Decker aus Leipzig musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen.


Gefährlicher Anschluss an die Gesellschaft


Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, inwieweit die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die Sorge um Zuwanderung, Energie und Inflation als Einfallstore für die Ausbreitung rechtsextremen Gedankengutes dienen, was dagegen getan werden kann und muss. Neben der Erläuterung der Aufgaben des Verfassungsschutzes als Frühwarnsystem und den klaren Auftrag für den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für alle in Deutschland lebenden Menschen, erklärte Dirk Pejril, dass die Zahl der politisch motivierten Kriminalität aktuell deutlich gestiegen sei. Aus dem letzten Verfassungsschutzbericht gehe hervor, dass der Rechtsextremismus weiterhin die größte Gefahr extremistische Bedrohung in Deutschland sei. Die Facetten des Rechtsextremismus seien vielfältiger geworden und Strömungen wie die Neue Rechte, würden versuchen einen Anschluss an die Gesellschaft zu finden, um die Mitte zu erreichen.

Auch Derya Nas berichtete eindrücklich von ihren Erlebnissen im Betrieb. Die Jugendvertretung stehe Seite an Seite mit den Betroffenen. Derya Nas betonte, dass es gelänge, konsequent gegen Rassismus vorzugehen und Ausgrenzung und Anfeindungen sofort zu ahnden. Ihre klare Aufgabe sei, sich gegen Diskriminierung und für ein respektvolles Miteinander einzusetzen. Die engagierte junge Frau machte sich im Anschluss an die Veranstaltung noch auf den Weg zur Betriebsversammlung in Salzgitter, um dort zu sprechen.

Einen weiteren Aspekt steuerte Türkân Deniz-Roggenbuck bei, indem sie betonte, Denkweisen seinen vorgeprägt und über Generationen hinweg weitergetragen. Hier gelte es, sich auch selbst zu hinterfragen, Denkmuster einzureißen und offen und verständnisvoll in den Meinungsaustausch zu gehen.

Hass und Hetze sind Alltag geworden


Aus bundespolitischer Sicht berichtete die SPD-Innenpolitikerin Dunja Kreiser: „Rechte Kräfte werden immer stärker und wir müssen dagegenhalten. Hass und Hetze begegnen uns leider im Alltag und um aktiv ein Zeichen für Toleranz und Respekt zu setzen, müssen wir gemeinsam für eine offene Gesellschaft kämpfen. Auf Bundesebene stärken wir den Kampf gegen rechts. Mit dem Demokratiefördergesetz und dem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus wollen wir unsere Demokratie vor Gefahren von außen und innen schützen.“

Die Bundestagsabgeordnete geht weiterhin auf die Gefahren von Falschmeldungen und Desinformation ein, die insbesondere im Netz in Umlauf gebracht werden und erklärt: „Irreführende und falsche Informationen werden zu einer Gefahr, wenn sie das Ziel haben, Menschen vorsätzlich zu täuschen oder zu beeinflussen. Bereits in der jüngeren Vergangenheit gab es gezielte Desinformationskampagnen, wie die von rechtsextremen Gruppen verbreiteten Verschwörungsmythen während der Corona-Pandemie.“ Es sei daher wichtig, dass rechtliche Möglichkeiten gegenüber großen Onlineplattformen geschaffen werden, die bei Verstößen geahndet werden können. Dieser Schritt sei richtig und nötig, weil systematische Desinformation und menschenverachtende Hetze die Basis der Demokratie gefährden.

Boris Pistorius kommt nach Wolfenbüttel


Die „Wolfenbütteler Begegnungen“ werden gemeinsam von der SPD-Bundestagsabgeordneten Dunja Kreiser, der Herzog-August-Bibliothek, der Bundesakademie für Kulturelle Bildung und der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgerichtet.

Zum Abschluss der Diskussion gab Dunja Kreiser den nächsten Gast der Reihe bekannt. Im kommenden Jahr wird Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius Wolfenbüttel für die Veranstaltung besuchen.


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