Wolfenbüttel: Berühmt für Bücher und jetzt auch Bilder - HAB stellt neuen Gemäldekatalog vor

von Romy Marschall




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Direktor Schmidt-Glintzer begrüßt die Vorstandsmitglieder Blankenagel und Müller der Braunschweiger Eckensberger Stiftung. Foto: Romy Marschall



Die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (HAB) besitzt nicht nur eine der weltweit bedeutendsten Büchersammlungen, sondern auch einen Bestand an Gemälden, Pastellen und Miniaturen. Dieser Bestand von 150 Werken wurde nun nach dreijähriger Arbeit erstmals in seiner Gesamtheit in einem Katalog erfasst. Das Projekt wurde zu großen Teilen aus Landesmitteln gefördert, aber auch regional unterstützt von der "Hans und Helga Eckensberger Stiftung" aus Braunschweig.


<a href= Eines der ältesten Werke mit noch ungeklärter Provenienz. Kat.Nr. 17: Engelpietà, George Desmarées, spätes 15. bis frühes 16. Jahrhundert ( © HAB)">
Eines der ältesten Werke mit noch ungeklärter Provenienz. Kat.Nr. 17: Engelpietà, George Desmarées, spätes 15. bis frühes 16. Jahrhundert ( © HAB) Foto:



Ein pfundschwerer Wälzer sei es geworden, zeigt sich Heinrich Blankenagel, Vorstandsmitglied der Braunschweiger Stiftung, beeindruckt. Auf knapp 600 Seiten habe man "die Werke in ihrer Vernetzung" zeigen wollen, erklärt der Autor Michael Wenzel. Daher gebe es viele Vergleichsabbildungen und detaillierte Einzelanalysen, ein heute übliches Verfahren, erläutert der Kunsthistoriker. "Auch in Museen und Sammlungen werden heute nicht mehr nur Spitzenwerke ausgestellt," führt Wenzel aus. Im Rahmen des Projekts konnten so etliche der "verwickelten Provenienzen" aufgeklärt werden und "viele Gemälde sind jetzt erstmals mit Namen versehen." Gemeint sind Namen der Dargestellten sowie der Künstler. Bei der "immer wieder überraschenden kriminalistischen Tour," habe er auch auf auswärtige Fachexperten zurückgegriffen, erzählt Michael Wenzel und "bei manchen Bildern auch einige Mythen zerstört."

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Erster Teil der Philosophenporträts. Kat.Nr.110: Demokrit, Franz Timmermann, 1538 (© HAB) Foto:



Auf die Frage nach der Anordnung der Bilder, antwortet der Kunsthistoriker und Buchautor, "wir haben uns für das klassische Modell eines Gemäldekatalogs entschieden: das Künstleralphabet." Viele der Werke ließen sich in die europäische Kunstgeschichte eingliedern, erläutert Wenzel den Hintergrund der Entscheidung. "Und das sagt auch etwas über die Qualität der Sammlung aus." Die ältesten Stücke der Sammlung zählen zur altdeutschen Schule, darunter Reformatorenbildnisse Cranachs und seiner Werkstatt und zwei seltene Philosophenporträts seines Schülers Franz Timmermann. Den größten Teil des Bestands machen Werke des 17. und 18. Jahrhunderts aus, insbesondere Bildnisreihen von Gelehrten und Fürsten. Darunter finden sich aber auch herausragende Einzelstücke wie "Herzog August d.J. im Arbeitszimmer", das Leibniz-Porträt von Andreas Scheits oder der geplante Entwurf "Apollo und die Musen auf dem Parnass" von Giovanni Antonio Pellegrini für ein nie ausgeführtes Deckengemälde.

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Zweiter Teil der Philosophenporträts. Kat.Nr.111: Heraklit, Franz Timmermann, 1538 (© HAB) Foto:



Die Gemäldesammlung gehört zum historischen Erbe der Herzog August Bibliothek und war einst Ausstattungsprogramm der berühmten Wolfenbütteler Bibliothekrotunde. Eine größere Ausstellung der Gemäldesammlung stünde dennoch augenblicklich nicht ins Haus, berichtet der derzeitige Hausherr der Bilder Helwig Schmidt Glintzer, hin und wieder würden aber einzelne Werke ausgeliehen. Mit der Fertigstellung des Magazinneubaus könnte man jedoch eine öffentliche Ausstellung ins Auge fassen, fügt der Bibliotheksdirektor hinzu. Er appelliert an das seit 2009 geschlossene Herzog Anton Ulrich Museum, immerhin gehe ein Großteil der Sammlung auf diesen Herzog zurück. "Wenn man sich dann noch an das Museum erinnert," gibt der passionierte Büchersammler zu bedenken, es sei "ein generelles Problem lang geschlossener Institutionen, daß sie von der mentalen Landkarte der Menschen verschwinden."

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Ohne sie gäbe es kein Buch: Gudrun Schmidt, Michael Wenzel und Christiane Kasper. Foto: Romy Marschall



Nach den Gründen für das aufwendige Projekt befragt,  antwortet  Schmidt-Glintzer: "wenn wir etwas aufheben, dann wollen wir es auch richtig aufheben und das gilt auch für die Bilder." Dies erfordere eben die genaue Kenntnis und eine sorgfältige Aufbewahrung und so haben neben der Fotowerkstatt des Hauses auch die Restauratoren beim Projekt mitgewirkt. Nach zweijähriger Recherche- und Schreibarbeit für die Erschließung des Bestandes, sei das Buch in etwa einem dreiviertel Jahr produziert worden, wie Gudrun Schmidt und Christiane Kasper berichten, die für die Herstellung verantwortlich waren. Die externen Druckkosten für die Auflage von 300 Exemplaren belaufen sich auf rund 22.000 Euro. "Eine wissenschaftliche Auflage zum wissenschaftlichen Preis," faßt es Autor Michael Wenzel zusammen. Die aufwendige Ausgabe ist im Harrassowitz Verlag erschienen und für 168 Euro im Buchhandel und der Bibliothek zu erwerben. Einige Werke der Gemäldesammlung sind auch als Postkarten in der Bibliothek erhältlich.


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