Im Raum Kenosha der Wolfenbütteler Lindenhalle fanden sich am Abend zahlreiche Interessierte ein, um dem Vortrag des Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, zu lauschen und anschließend mit dem Minister eine rege Diskussion über das deutsche Gesundheitswesen zu führen.
Nach der kurzen Begrüßung durch den FDP-Bundestagsabgeordneten Florian Bernschneider, übernahm der leicht erkältete Daniel Bahr das Wort und begrüßte die Gäste mit den Worten: "Ich hoffe, meine Stimme hält durch. Da sieht man mal, wie wichtig die Zweitstimme ist." Dafür erntete der FDP-Politiker Beifall und Sympathien.
Schon bald aber war Schluss mit witzigen Floskeln und Bahr kam zu ernsteren Themen. Deshalb war er am heutigen Abend schließlich in die Lindenhalle gekommen.
[image=5e17652f785549ede64ce29c]Die Abschaffung der Praxisgebühr ab dem 1. Januar 2013 ist der wohl größte Triumph, den sich die Liberalen auf die Fahne schreiben können. Aber der junge Politiker hat noch viele, ehrgeizige Ziele. Zu denen vorrangig die Bekämpfung des Ärztemangels in Deutschland zählt. "Wir müssen die Arbeit im Gesundheitswesen attraktiver machen und jungen Ärzten ermöglichen, fernab ihres Wohnorts zu praktizieren", fordert er. Bahr weißt darauf hin, dass es bei uns in Deutschland sehr wohl einen Mangel an guten Ärzten gibt. "Auch wenn andere Politiker und Parteien dies vehement bestreiten und die Tatsache herunter spielen", klärt er auf und kommt so auf ein weiteren Kritikpunkt, weshalb es immer weniger Ärzte und Pflegekräfte gibt. "Wir brauchen eine leistungsbezogene Vergütung für diesen Beruf. Es gibt doch keinen schöneren Beruf, als den im Gesundheitswesen", fügt Bahr hinzu.
Gutes Pflegepersonal ist selten und es wird zunehmend schwerer, Fachkräfte zu finden. Die Idee des EU-Komitees, europaweit nur Abiturienten als Pflegekräfte ausbilden zulassen, stößt bei Bahr auf großen Widerstand. "Sollte sich dieses Vorhaben tatsächlich durchsetzten, so ist ein Fachkräftemangel in den kommenden Jahren vorprogrammiert. Wieso sollen nicht auch Haupt- und Realschüler diesen Beruf erlernen können?", fragt er in die Runde. "Ich werde mich in Brüssel auch weiterhin dafür stark machen, dass sich dieser Reformvorschlag nicht durchsetzt", verspricht er. (Daniel Bahr zum Reformvorschlag auf FOCUS-Online).
Daniel Bahr bei seinem Vortrag in der Lindenhalle Foto:
Im Verlauf seines Vortrags hinterfragte Bahr außerdem die Leistungen der deutschen Krankenkassen und warnte vor "Regress-Druck" auf Ärzte. "Sicher müssen Ärzte die Kosten im Hinterkopf behalten. Aber man sollte von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung dennoch nicht zu viel Druck auf die Ärzte ausüben." Damit spricht er den Etat der Ärzte für Heilmittel an, der streng kontrolliert wird. Im Falle einer zu hohen Überziehung des Etats droht den Ärzten oft eine "Nachzahlung". Viele Ärzte fürchten sich deshalb vor hohen Regressansprüchen und scheuen die Selbständigkeit im beispielsweisen ländlichen Bereich.
Daniel Bahr stellte sich anschließend, trotz Erkältung und Termindrucks, noch geduldig den Fragen und Kritiken der Anwesenden. Es entstand eine sachliche Diskussion, die der Gesundheitsminister gerne zu führen schien. Schon im Januar will er wider in die Region kommen.
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