Unser Leser Jürgen Kumlehn schickte uns folgenden Leserbrief zum Beitrag über Herzog Heinrich Julius. Diesen veröffentlichen wir wie immer, ungekürzt und unkommentiert.
Hexenverbrennung kein Ereignis?
Dass man 1613 einen verstorbenen Herzog mit allen möglichen Ehren und höfischem Pomp bestattete, gehört zur Geschichte einer Zeit, in der Recht und Menschenwürde das alleinige Privileg einer Kaste von Menschen war. Menschen außerhalb dieses Adels erhielten das Prädikat niedrig, sie waren rechtlose Untertanen. In einer besonderen Weise erniedrigt wurden gerade im 16. und 17. Jahrhundert Männer und besonders Frauen, die unter dem Vorwurf der Zauberei verfolgt wurden. Sie wurden gefoltert und fast immer auf grausame Weisen hingerichtet. Dies geschah auch in Wolfenbüttel im 16. und 17. Jahrhundert.
Am Rand des Lechlumer Holzes auf dem Weg nach Stöckheim befand sich die Hinrichtungsstätte. Heute steht dort ein Gedenkstein mit einer Informationstafel, auf der unter anderem auch auf Herzog Heinrich Julius hingewiesen wird: Die Hexenverfolgungen hatten besonders während der Regierungszeit von Heinrich Julius (1589-1613) ein erschreckendes Ausmaß angenommen. So berichtet eine Chronik von 1590: In den Fasten dieses Jahres ließ der Herzog viele Hexenmeister und Zauberinnen zu Wolfenbüttel verbrennen, als wohin aus dem Landes Braunschweig, Göttingen und Calenbergischen Theils, alle Maleficanten zusammen gebracht und gerichtet wurden. Wie dann zu Wolfenbüttel öfters an einem Tag 10, 12 und mehr gebrant, und der Orts des Lecheln Holzes von den Zauberpfählen als ein kleiner Wald anzusehen gewesen.
Jetzt, 400 Jahre später, finden in Wolfenbüttel Feiern zum 400. Todestag des absolutistischen Regenten statt, in dessen Herrscherzeit dieser Massenmord geschah. Die Herzog August Bibliothek zeigt im Malersaal den eindrucksvollen Holzschnitt, der den Leichenzug zum Begräbnis dieses Fürsten zu dessen Begräbnis in Wolfenbüttel am 4. Oktober 1613 darstellt. In einer Festveranstaltung hatten die HAB und der Braunschweigische Geschichtsverein auch in weiteren Veranstaltungen auf den "Gelehrten" und Förderer vieler gesellschaftlicher Entwicklungen hingewiesen. Von Hexenverbrennungen allerdings keine Spur.
Nachdem HAB-Direktor Helwig Schmidt-Glintzer den europäischen Rang des Fürsten gepriesen hatte und der Historiker Brage bei der Wieden einen Vortrag über das Widerspiegeln der Repräsentation des Fürsten vorgetragen hatte, nannte Staatssekretär Jörg Röhmann den Herzog einen machtbesessenen Menschen: Hexenverbrennung hat bei Ihm Konjunktur gehabt. Dafür muss man ihm danken.
Der Kulturstadtverein bietet zu diesem Ereignis mehrere Veranstaltungen an. Von "Hexenmorden" ist in den Programmpunkten auch nichts zu entdecken. Sicher, die Trauermusik für den Herzog, von Praetorius komponiert, wird ein besonderes musikalisches Ereignis sein. Ein wenig Trauer über die Opfer dieses in höchster Glorifizierung zu Grabe getragenen Bischofs und Potentaten stünde der Lessingstadt Wolfenbüttel allerdings gut zu Gesicht. Glücklicherweise gibt es noch unsere Nachbarstadt Hornburg. Dort wurde im Januar 1597 nach Folter Anna Landmann als Hexe verbrannt. Die Geschichte dieses Hexenprozesses dokumentierte das Hornburger Altstadttheater kürzlich in einer beeindruckenden Vorführung.
Die Kulturstadt Wolfenbüttel könnte sich im Hinblick auf das kommende "Herzogsjahr" daran ein Beispiel nehmen und diese Aussagen über den toten Heinrich Julius, zu lesen in einem Dokument in derHerzog August Bibliothek, kritisch begleiten: Gleich wie ein Vater war Dein Schutz/ dein Schirm und Schild/sucht deinen Nutz. (...) Recht und Gnad wohnten in seinem Haus.
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