Zurück zu den Wurzeln

von Sina Rühland


| Foto: Sina Rühland



Wolfenbüttel. Dass sie mal in ihrem Heimat-Landkreis als Historikerin und Autorin tätig sein würde, hätte Dr. Sandra Donner zu Beginn ihrer Studienzeit noch nicht gedacht. Mittlerweile ist die 45-Jährige die kommissarische Leiterin des Wolfenbütteler Schloss-Museums.

Bücherregale bis unter die Decke gefüllt mit Fachliteratur, ein paar antike Sitzmöbel und ein weiter Blick über den Schlossplatz. In ihrem neuen Büro fühle sie sich wohl, sagt Sandra Donner und schaut aus dem Fenster. Man kann von dort aus den Glockenturm der Marienkirche sehen. Es ist erst wenige Wochen her, da hat Donner die kommissarische Leitung des Schlossmuseums übertragen bekommen. Damit löst sie Dr. Hans-Henning Grote ab, der sich nun der Baugeschichte widmet. Eines ihrer wohl größten Projekte als Historikerin ist bereits angelaufen – im Sommer 2016 soll voraussichtlich das neue Stadtmuseum eröffnet werden. „Das wird großartig“, sagt Donner. Sie freue sich auf ein Museum, das einzig die Geschichte der Wolfenbütteler Bürger widerspiegle.

Die Schloss-Schülerin


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Sie liebe diesen Ort, sagt Sandra Donner. Foto: Sina Rühland



Donner ist ebenfalls eine Wolfenbütteler Bürgerin. Sie ist in Börßum aufgewachsen, wohin es sie vor zehn wieder verschlagen hat. Zur Schule gegangenen ist sie in das Gymnasium, das im Wolfenbütteler Residenzschloss beheimatet ist – das Gymnasium im Schloss. Ihre heutige Wirkungsstätte. „Während meiner Schulzeit war ich vielleicht ein oder zwei Mal im Museum. Heute ist das etwas anders, die Schüler kommen erfreulicherweise öfter zu uns. Hier hat man untrennbar immer zwei Dinge beisammen: die Schüler, die die Zukunft symbolisieren, und das Schlossmuseum, das die Vergangenheit aufzeigt.“ Während ihrer Schulzeit habe sie sich oft gefragt, wer diese Leute seien, die an den Stadtführungen teilnehmen – wer extra nach Wolfenbüttel käme, um sich die Stadt anzuschauen. „Heute weiß ich es. Wolfenbüttel hat so viel zu bieten“, erzählt sie lachend.

Als Sandra Donner sich nach ihren Abitur an der Universität in Hannover einschrieb, lag ihr Hauptaugenmerk noch nicht auf den Geschichtswissenschaften. „Ich wollte Musik und Englisch studieren, Geschichte kam noch hinzu. Ich merkte aber schnell, dass Musik machen etwas ganz anderes war, als Musik zu unterrichten.“ Ihr Interesse für die Historie wuchs, sie ging für ihre Masterarbeit in die kalifornische Millionenstadt Los Angeles. „Ich fand die 1920er Jahre in den Vereinigten Staaten spannend und forschte dort an einer Universität.“ Den Abschluss der Anglistik und Geschichte in der Tasche, begann Sandra Donner – damals auf dem Weg zum Doktorgrad – an ihrer Dissertation über Mädchen- und Frauenbildung im 19. Jahrhundert zu arbeiten. Sie schrieb unter anderem über die Frau, die einst die Schloss-Schule mitbegründet hatte – Anna Vorwerk. Heute kann Donner von ihrem Bürofenster auf das Haus blicken, das nach der Pädagogin benannt ist.

Wieder in Wolfenbüttel


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In Börßum aufgewachsen, nach Börßum zurückgekehrt. Foto: Sina Rühland



Ende 2004 kam sie als promovierte Historikerin zurück nach Wolfenbüttel. „Ich erhielt eine Anfrage, ob ich nicht Interesse hätte Geschichten über die Stadt zu schreiben.“ Sie hatte Interesse und kurze Zeit später brachte Sandra Donner ihr ersten Buch heraus: „Und Sonntags auf zum Sternhaus. Geschichten und Anekdoten aus dem alten Wolfenbüttel“ Donner sammelte für ihr Erstlingswerk Erinnerungen und Dokumente aus einer vergangenen Zeit – als die Straßenbahn noch durch Wolfenbüttel fuhr und man in der Oker noch schwimmen konnte. Erinnerung an dunkle Jahre der Entbehrung und Zeiten der Hoffnung. „Ich hätte nie gedacht, dass das Buch so gut angenommen würde. Mittlerweile gibt es die dritte Auflage von der Geschichtensammlung. Es ist großartig, wenn man Weltgeschichte auf eine kleine Gemeinde herunterbrechen kann.“ Im Laufe der Jahre kamen noch einige andere Werke hinzu. So ist unter anderem „Einmal Lange und zurück“ von ihr erschienen. Sandra Donner interessiert sich für die vergangen Zeiten, versucht Erinnerungen zu bewahren und an eine neue Generation weiterzugeben. Das neueste Projekt ist das Stadtmuseum in der alte Jahnturnhalle. „Es ist unglaublich aufregend ein neues Museum aufzubauen. Welche Objekte wählt man aus? Wie arrangiert man sie?“ Auf ihrem Tisch im Büro steht eine alte Holzbahn – vielleicht wird man sie im kommenden Jahr in der städtischen Dauerausstellung sehen. Bis dahin engagiert sich sie sich weiter im Kulturstadtverein und Schloss-Museum, vermittelt durch ihre lebendigen Erzählungen ein Stück Wolfenbütteler Stadtgeschichte. Zurück zu den Wurzeln.


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