Zwei Mütter: Lesbisches Paar klagt sich Anerkennung ihrer Elternschaft ein

Eine Lehrerin aus Salzgitter und ihre Ehefrau kämpfen um ihr Recht und die rechtliche Anerkennung als Familie. Der Fall geht nun an das Bundesverfassungsgericht.

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Symbolfoto. | Foto: CC0 Public Domain

Salzgitter/Celle. Einen ersten Etappensieg um die Anerkennung der gemeinsamen Elternschaft für ihre einjährige Tochter konnte nun ein lesbisches Paar aus Hildesheim erlangen. Verena Akkermann und ihre Frau Dr. Gesa C. Teichert-Akkermann, haben dagegen geklagt, dass beide Frauen per Gesetz nicht als Mütter anerkannt werden. Rückendeckung erhält die kleine Familie nun vom Oberlandesgericht Celle.


Verena Akkermann und ihre Frau Dr. Gesa C. Teichert-Akkermann leben seit vielen Jahren als gleichgeschlechtliches Paar zusammen. Haben geheiratet und damit ihre Partnerschaft rechtskräftig gemacht. Ihre Liebe krönte dann vor knapp einem Jahr die Geburt ihrer Tochter Paula. Nun waren sie eine richtige, kleine Familie – nur vor dem Gesetz nicht. Denn rein rechtlich gesehen gilt Verena Akkermann, die ein Gymnasium in Salzgitter leitet, nicht als Elternteil. Dazu hätte sie ihre Tochter, die während der Ehe von ihrer Ehefrau geboren wurde, adoptieren müssen. Das sehen Verena und Gesa Akkermann als verfassungswidrig und als Verstoß gegen ihre Grundrechte an. Sie zogen vor das Oberlandesgericht Celle und haben Beschwerde eingereicht. Das Gericht hat den beiden Frauen nun recht gegeben und den Fall ans Bundesverfassungsgericht verwiesen.

Das Oberlandesgericht Celle hält eigenen Angaben zufolge die gesetzliche Regelung des Abstammungsrechts für verfassungswidrig, wonach die gleichgeschlechtliche Partnerin einer Mutter die Rechte und Pflichten des zweiten Elternteils nicht von Gesetzes wegen mit der Geburt des Kindes, sondern allenfalls über eine Adoption erlangen kann. Das Gericht legt das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung dieser verfassungsrechtlichen Frage vor. Damit schließt sich das Oberlandesgericht der Auffassung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) an. Das GFF hält eigenen Aussagen zufolge das derzeitige Abstammungsrecht für verfassungswidrig.

Gleiches Recht für alle


Dass Verena Akkermann, deren Ehefrau Dr. Gesa C. Teichert-Akkermann die gemeinsame Tochter Paula zur Welt brachte, rechtlich aber nicht als Mutter anerkannt wird, verletze die Grundrechte der Eltern und des Kindes, sagt die GFF. „Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist rechtlich ein riesiger Erfolg“, sagt Lea Beckmann, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Wir haben das Oberlandesgericht überzeugt, dass es mit den Grundrechten schlichtweg nicht vereinbar ist, dass in Paulas Geburtsurkunde nicht ihre beiden Mamas stehen.“

Das Paar lebt seit vielen Jahren in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und ist inzwischen auch verheiratet. Noch vor der Geburt der Tochter wollte Verena Akkermann in einer notariell beurkundeten Erklärung anerkennen lassen, „Mit-Mutter“ zu sein. Sie bekräftigte dort, „dass sie unbedingt, uneingeschränkt und von Geburt an die Eltern-Verantwortung für das Kind übernehmen“ wolle. Die Erklärung sollte der Absicherung des Kindes dienen. Nach der Geburt lehnten das zuständige Standesamt und das Amtsgericht Hildesheim es unter Verweis auf die geltende Rechtslage ab, diese „Mit-Mutterschaft“ festzustellen. Hiergegen hatte das Paar vor dem Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt - sie wollen, das Verena Akkermann als „Mit-Mutter“ rechtlich anerkannt wird. Und das Paar will bewirken, dass homosexuellen Paaren die gleichen Rechte zustehen, wie heterosexuellen Paaren. Hier gilt nämlich der Grundsatz: Wenn ein Kind in eine Ehe von Mann und Frau geboren wird, dann wird der Ehemann der Mutter automatisch als zweiter Elternteil in die Geburtsurkunde eingetragen, auch wenn dieser nicht der biologische Vater ist. Ist im Gegenzug die Geburtsmutter mit einer Frau oder einer diversen Person verheiratet, wird diese nicht von Standesämtern und Gerichten anerkannt. Auch die notarielle Anerkennung der Elternschaft, wie sie bei Männern möglich ist, wird bei ihnen nicht anerkannt.

Damit die Tochter von Verena und Gesa Akkermann, wie andere eheliche Kinder auch, zwei rechtliche Eltern bekäme, hätte Verena Akkermann sie als Stiefkind adoptieren müssen. „Das Gericht hat uns buchstäblich wochenlang auf die Folter gespannt. Für die eigene Familie vor Gericht gehen zu müssen, ist nicht einfach. Umso erleichterter sind wir nun, dass das Gericht zumindest anerkennt, dass die aktuelle Rechtslage grundgesetzwidrig ist“, sagt Verena Akkermann.

Keine rechtliche Absicherung für das Kind


Dadurch, dass Kindern wie Paula ein Elternteil vorenthalten wird, seien Kinder in Regenbogenfamilien weniger abgesichert: Sie haben keine Unterhalts-, Versorgungs- und Erbansprüche in Bezug auf ihren zweiten Elternteil. Müssen beide Eltern gemeinsam ein langwieriges Adoptionsverfahren durchführen, sei die Familie zusätzlichen Belastungen ausgesetzt, so die GFF. Dies verstoße nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle gegen das Recht der Eltern und des Kindes auf elterliche Pflege und Erziehung. Dieses Recht schütze nicht nur die Beziehung eines Kindes zu biologischen Eltern, sondern eben auch zu Verena Akkermann als Ehefrau der Mutter des Kindes. „Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass Verena ab heute auch ganz offiziell die zweite Mama von Paula ist“, sagt Gesa C. Teichert-Akkermann. „Aber wir sind auch stolz, dass wir die Diskriminierung von Regenbogenfamilien nach Karlsruhe gebracht haben: Ein Grundsatzurteil kann nicht nur uns drei, sondern alle betroffenen Familien endlich rechtlich absichern.“

Kein sachlicher Grund für Ungleichbehandlung


Außerdem verstoße die fehlende rechtliche Anerkennung der Mit-Mutter Verena Akkermann gegen das Recht auf Gleichbehandlung und das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Das OLG Celle habe bestätigt, dass für die Ungleichbehandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehen mit Kindern kein sachlicher Grund besteht. Auch Paula selbst werde gegenüber Kindern aus verschiedengeschlechtlichen Ehen benachteiligt, weil ihr der zweite Elternteil verwehrt bleibt. Die GFF und Rechtsanwältin Lucy Chebout gehen darüber hinaus davon aus, dass die Ungleichbehandlung der Mit-Mutter auch Geschlechts-diskriminierend ist. Das Bundesverfassungsgericht wird nun umfassend prüfen, inwieweit die abstimmungsrechtliche Gesetzeslage mit den Grundrechten vereinbar ist.

„Das Oberlandesgericht Celle hat seine grundrechtliche Verantwortung ernst genommen, das ist ein ganz wichtiges und starkes Signal auch für andere Familiengerichte. Es stärkt uns durch seinen Vorlagebeschluss den Rücken“, sagt Rechtsanwältin Lucy Chebout. „Dass der Fall von Familie Akkermann nach Karlsruhe kommt, ist ein bedeutender Etappen-Sieg im Kampf um die Gleichberechtigung von Regenbogenfamilien.“


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