Übergriffe auf Frauen als "Döneken" bezeichnet - Landrat in der Kritik

Landrat Tobias Heilmann (SPD) versuchte seinen Spruch zu rechtfertigen, doch der NDR hält dagegen.

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Gifhorns Landrat Tobias Heilmann (SPD) steht in der Kritik.
Gifhorns Landrat Tobias Heilmann (SPD) steht in der Kritik. | Foto: Thomas Stödter

Gifhorn. Es ist insbesondere diese eine Aussage des Gifhorner Landrates Tobias Heilmann (SPD), die für Aufsehen und Unverständnis weit über die Kreisgrenzen hinaus sorgt. In einer "Panorama 3"-Reportage des NDR bezeichnet Heilmann Übergriffe auf Frauen in der Flüchtlingsunterkunft Ehra-Lessien als "Döneken" (regionalHeute.de berichtete). In einem anschließenden Zeitungsgespräch versucht er sich zu rechtfertigen, doch der NDR hält dagegen.



In der Reportage werden schwere Vorwürfe gegen die Flüchtlingseinrichtung des Landkreises Gifhorn erhoben. Es geht um Gewalt, sexuelle Übergriffe und Belästigung. Sieben Frauen melden sich zu Wort, die in der Flüchtlingsunterkunft in Ehra-Lessien von menschenunwürdigen Zuständen berichten. Der Landrat will davon nichts gewusst haben. Als die Redakteurin Heilmann fragt: "Haben Sie da einen Überblick, zu wie vielen Übergriffen es da so kommt?" antwortet dieser: "Gut, jetzt müssen wir unterscheiden, was sind Übergriffe? Also, wenn wir alleinreisende Männer haben…das sage ich von mir selber: Wenn man mich mal länger mit Männern zusammen in eine Unterkunft bringt, dann kommen wir auch auf Döneken..." Dabei grinst der Landrat.

Waren mit "Döneken" Sachbeschädigungen gemeint?


In einem Gespräch mit der Braunschweiger Zeitung sieht sich der SPD-Politiker falsch wiedergegeben. Der Ausdruck "Döneken machen" sei im Interview gefallen, als es um das gängige Prozedere ging, Männer separat von Frauen und Familien unterzubringen, und zum Beispiel auf eine Sachbeschädigung bezogen, heißt es dort. Die Redakteurin habe ihn erst später mit den Vorwürfen der betroffenen Frauen konfrontiert. Sein Zitat, so schildert es Heilmann gegenüber der Braunschweiger Zeitung, habe daher keinerlei Bezug zu diesen Vorfällen gehabt.


Hat der NDR hier also fragliche Methoden im Schnitt oder bei der Führung des Interviews angewandt? Tappte Landrat Tobias Heilmann im Dunkeln? Immerhin nahm er selbst den Begriff "Übergriffe" in den Mund. Auf Anfrage von regionalHeute.de teilt der NDR mit: "Der Landrat Tobias Heilmann wusste bereits im Vorfeld des Interviews von den Vorwürfen der Frauen, die in Ehra-Lessien untergebracht sind. In unserer schriftlichen Interview-Anfrage haben wir ihn bereits darüber explizit informiert (Zitat aus der Anfrage: 'Zu der Flüchtlingsunterkunft Ehra-Lessien liegen uns zahlreiche Beschwerden und Berichte vor. Die Vorwürfe beinhalten unter anderem psychische und physische Gewalt von Sicherheitsmitarbeitern, sexueller Missbrauch in der Unterkunft, Quarantäneanordnungen auch ohne Corona Infektion und das Betreten der Zimmer der Geflüchteten. Daraus ergeben sich an den Landkreis Fragen, die ich gerne in einem Interview klären würde.')."

Und weiter heißt es in der Antwort an unsere Online-Zeitung: "Zu Beginn des Interviews verweist die Reporterin noch einmal auf diese schriftliche Anfrage und darauf, dass es um das Thema Gewaltschutz geht. So drehen sich die ersten zwei Fragen darum, inwiefern vulnerable Gruppen wie auch zum Beispiel allein reisende Frauen vor Gewalt geschützt sind. Dann schließt sich eine dritte Frage nach der Anzahl der ihm bekannten Übergriffe an, die Herr Heilmann wie gesendet beantwortet. Es ging also um Gewalt gegen Personen und nicht um Sachbeschädigung. Dieser Begriff ist weder in den Vorgesprächen noch im Interview gefallen."


NDR will Transkript veröffentlichen


Auf unsere Frage, ob das ungeschnittene Interview, wie bei anderen NDR-Formaten praktiziert, auf der Homepage des Senders veröffentlicht wird, antwortet man, dass das komplette Transkript des Interviews in dieser Woche auf der Homepage veröffentlicht werden soll. Zudem weißt die Panorama 3-Redaktion darauf hin, dass neben der Anfrage des Senders Tobias Heilmann bereits am 2. Dezember 2021 vom Flüchtlingsrat Niedersachsen in einer Mail darüber informiert wurde, dass massive Beschwerden von Frauen in Ehra-Lessien vorliegen. Der Flüchtlingsrat habe dem Landrat 13 Punkte mit Vorwürfen zu physischer, psychischer und sexueller Gewalt aufgelistet und um ein Gespräch gebeten. Laut Flüchtlingsrat, so der NDR, habe er auf diese Mail allerdings nie reagiert.


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