Befürchtung wird Gewissheit: Kleine Fraktionen verlieren Stimmrecht in den Ausschüssen

Der Niedersächsische Landtag hat mit den Stimmen von SPD und CDU der Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes zugestimmt. Demnach wird die Besetzung der Ausschüsse künftig nach einem anderen System errechnet, das große Fraktionen bevorteilt.

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Symbolbild | Foto: Niklas Eppert

Niedersachsen. Schon im Vorfeld hatte es massive Kritik an der von der Landesregierung geplanten Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes gegeben (regionalHeute.de berichtete). Vor allem ein Punkt sorgte auch am heutigen Mittwoch in der abschließenden Landtagssitzung für viel Diskussion: Die Umstellung des Verfahrens, nach dem die Besetzung und die Stimmrechtvergabe in Ausschüssen berechnet wird, von Hare-Niemeyer auf d'Hondt, was kleine Parteien in den Kommunalparlamenten benachteiligt. Die Befürchtungen sind nun Gewissheit: Die SPD-CDU-Mehrheit im Landtag stimmte der Gesetzesänderung zu.


CDU und SPD wollten durch diesen Schachzug die Verluste ausgleichen, die sie bei der Kommunalwahl erlitten hätten, warfen Vertreter der Opposition in der heutigen Sitzung den Regierungsparteien vor. Diese entgegneten, dass der Gesetzesentwurf bereits im April vorgelegen habe. FDP und Grüne sprachen trotzdem von Wählertäuschung, da jetzt die Wahlergebnisse nicht entsprechend in den Ausschüssen widergespiegelt würden.

"Ein Viertel der Stimmen unberücksichtigt"


Bereits vorab führte die Partei Volt Niedersachsen in einer Pressemitteilung ein konkretes Beispiel an. Im neuen Braunschweiger Stadtrat würde das neue Verfahren bedeuten, dass zukünftig 26 Prozent der Mandatsträger des Stadtrates nicht stimmberechtigt in den Fachausschüssen vertreten seien. Ein Viertel der Wählerstimmen bliebe somit bei der fachlichen Beratung unberücksichtigt.

"Effizientere Entscheidungsfindung"


Vertreter von CDU und SPD führten dagegen in der Diskussion an, kleinere Fraktionen hätten häufig das Problem, genug Personal zu finden, um alle Ausschüsse zu besetzen. So könne es dazu kommen, dass Ausschüsse nicht beschlussfähig seien. Die Reform solle eine effizientere Entscheidungsfindung ermöglichen. Außerdem hätten die kleineren Fraktionen durch ihr Grundmandat die Möglichkeit, sich in die Diskussion einzubringen. Außerdem bliebe das Stimmrecht bei den letztlich entscheidenden Gremien - den Stadträten und Kreistagen - erhalten.

Letzteres sei aber vielerorts nicht mehr der Fall, da - nicht erst durch Corona - Entscheidungen in den Verwaltungsausschuss oder andere Ausschüsse verlagert würden, gab die Opposition zu bedenken. Außerdem könnten Ausschusssitzungen umso länger dauern, wenn nicht stimmberechtigte Mitglieder nur die Möglichkeit hätten, sich durch ihr Wort Gehör zu verschaffen. Auch würde es möglicherweise bei den Ratssitzungen ganz andere Entscheidungen geben, wenn die Ausschüsse die Verhältnisse im Rat nicht widerspiegelten.

"Ehrenamtliche Politiker stärken"


Wie der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, in der Sitzung erklärte, sei man gefordert, die ehrenamtlichen Politikerinnen und Politiker in den Kommunen zu stärken, zu unterstützen und zu schützen. Ob dies mit der nun verabschiedeten Gesetzesänderung gelingt, darf man zumindest im Falle von Volt bezweifeln. „In den vergangenen Monaten haben wir dafür gekämpft eine neue Politik mit innovativen Impulsen in die Kommunen einbringen zu können. Wir möchten mit unseren Ideen eine nachhaltige Politik der Zukunft gestalten. Dazu gehört auch, dass wir ein Stimmrecht innehaben und ausüben dürfen. Unsere von Wählerinnen und Wählern geforderte politische Arbeit wird eingeschränkt. Das kann nicht im Sinne der Wähler und der Landesregierung sein”, ärgert sich Kai Tegethof, der seit den diesjährigen Kommunalwahlen für Volt im Braunschweiger Stadtrat sitzt in der genannten Pressemitteilung.


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