Braunschweig. Am 2. Juni wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Rechtsextremen ermordet. Am Sonntag nahmen die Morddrohungen gegen den Braunschweiger "Bündnis gegen Rechts" - Sprecher David Janzen eine neue Dimension an. Aus diesem Anlass ruft das "Bündnis gegen Rechts" nun am Freitag um 16:30 Uhr zur Demonstration "Wir alle gegen rechten Terror" auf. Die Kreisverbände der Grünen und der SPD solidarisierten sich in eigenen Pressemitteilungen bereits mit dem Bündnis und rufen ebenfalls zur Teilnahme auf.
Der nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke festgenommene Stephan E. ist inzwischen geständig. Er war Mitglied der NPD und steht dem Terrornetzwerk "Combat 18" nahe. Braunschweiger Neonazis solidarisierten sich jüngst mit dem, wie Sie selbst sagen "Bruder in Haft", zuzuordnen sind viele lokale Aktivitäten der "Kampf- und Sportgemeinschaft Adrenalin Braunschweig". Im Zusammenhang mit der via Social Media verbreiteten Solidarisierung wurde auch dem "Bündnis gegen Rechts" Sprecher David Janzen gedroht: "Heute Walter, Morgen Janzen!", hieß es im betreffenden Social-Media Post. Die Drohungen verfolgten Janzen jüngst bis vor die eigene Haustür. "Wir töten dich, Janzen" stand am Sonntag an der Wohnungstür seiner Privatadresse - neben Aufklebern der Gruppe "Adrenalin Braunschweig."
"Auch wenn Braunschweig insgesamt eine eher kleine, überschaubare rechte Szene hat, sind die Neonazis hier sehr aktiv und fallen durch besonders provokatives und aggressives Auftreten auf", erläutert das "Bündnis gegen Rechts" in einem eigenen Demoaufruf: "Die kaum mehr als eine Handvoll Mitglieder von „Adrenalin“ trainieren regelmäßig Kampfsport und bedrohen im Netz und auf der Straße Menschen, die sie als ihre politischen Gegner ansehen." Dabei stünden besonders Personen im Fokus, die sich gegen Faschismus engagieren.
Fehlendes Vertrauen in die Behörden
So könne die Gruppe trotz Dutzender Anzeigen und Ermittlungsverfahren, darunter auch Nötigung und Körperverletzung, nun seit mehreren Jahren offen Drohungen verbreiten und immer wieder Menschen angreifen und verletzen. "Dazu kommt eine große Dunkelziffer", so das Bündnis. "Denn auch, nachdem einer der Nazis, der bereits wegen eines brutalen Angriffs auf Schüler eines Braunschweiger Gymnasiums unter Bewährung stand, wieder einmal zuschlug, erhielt er wegen „guter Sozialprognose“ eine Haftstrafe, die erneut zur Bewährung ausgesetzt wurde. Feixend verließen der Neonazi und seine Kumpanen den Gerichtssaal und drohten anschließend im Netz: „Bald werden an den Straßen die Bäume voll mit hängenden Verrätern stehen'", berichtet das Bündnis weiter. Viele Betroffene würden demnach auch keine Anzeigen stellen. Das Bündnis macht dafür auch fehlendes Vertrauen in die Behörden verantwortlich: "Fakt ist: Bisher sind weder die Braunschweiger Polizei, noch Staatsanwaltschaft noch Gerichte in der Lage, die Serie rechter Schmierereien, die anhaltenden Bedrohungen und Gewalttaten dieser Neonazis in Braunschweig wirksam zu bekämpfen und zu beenden."
Konsequente Bekämpfung von Rechtsextremismus gefordert
Kurz nach dem Demoaufruf äußerten sich auch zwei Braunschweiger Ratsfraktionen solidarisch. „Rechte Gewalt und Drohungen dürfen weder verherrlicht noch verharmlost werden! Wir alle gucken immer noch zu häufig schweigend weg. Wir müssen erkennen, dass rechter Terror in Deutschland eine Gefahr ist, der wir uns ganz klar entgegenstellen müssen. Dazu gehört auch, Rassismus und Menschenverachtung in Parteien und der Gesellschaft nicht zu verharmlosen und dadurch gesellschaftsfähig zu machen“, fordert Margaux J. Erdmann, Mitglied im Vorstand von Bündnis 90/Die Grünen Braunschweig und frühere Seebrücken-Aktivistin. „Wir müssen Rechtsextremismus endlich konsequent bekämpfen!“, so Erdmann weiter.
Kein Toleranzspielraum
Die SPD im Unterbezirk Braunschweig ruft ebenfalls zur Teilnahme an der Demonstration auf. „Wir werden es unter keinen Umständen zulassen, dass Rechtsradikale versuchen, in unserer Bundesrepublik ein Klima der Angst zu schüren“, wird Dr. Christos Pantazis, Vorsitzender der SPD Braunschweig, deutlich. "Die Sozialdemokratie steht solidarisch an der Seite all derer, die Opfer von rechten Bedrohungen oder gar Gewalt geworden sind. Das ist Teil unser DNA und damit Teil unserer historischen Verantwortung", erklärt Christos Pantazis, Mitglied des Niedersächsischen Landtages und Vorsitzender der SPD im Unterbezirk Braunschweig. Dieser zeigte bereits letzte Woche Dienstag in der NDR-Sendung "Panorama 3" klar zur Situation: „Wenn rechte Schläger Menschen offen bedrohen, ohne dabei ernsthafte juristische Konsequenzen fürchten zu müssen, ist das für uns als hiesige SPD nur schwer zu ertragen.“ Pantazis ziehe daher auch eine schärfere Gesetzgebung für politisch motivierte Straftaten in Betracht: „Wenn jemand andere Menschen körperlich attackiert, weil sie für unsere demokratischen Grundwerte einstehen, muss dies ernsthafte Konsequenzen haben und ebenso konsequent geahndet werden. Unser Rechtsstaat muss wehrhaft sein und klare Zeichen setzen. Bei rechter Gewalt gibt es keinen Toleranzspielraum.“
Margaux J. Erdmann von den Grünen findet ebenfalls klare Worte: „Viel zu oft wurden in der Vergangenheit rechte Gewalt und rechtsextremer Terrorismus kleingeredet und politischen und journalistischen Stimmen, welche die Gefahr benannten, keine Aufmerksamkeit geschenkt.“ In der Sache sind sich die beiden Parteien einig. Die SPD fordert auch weitere Parteien zur Solidarität auf. „Gewerkschaften, das ‚Bündnis gegen Rechts‘ und jene Parteien, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, müssen jetzt zusammenhalten und unsere freiheitlich demokratischen Grundwerte verteidigen“, betont Pantazis abschließend.
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