Europa als "Chancenkontinent": FDP-Wahlkampf vor dem Schloss

von Christina Balder




Braunschweig. Sie teilen gegen Euroskeptiker aus, stellen sich gegen Überregulierung und werben für ein tolerantes Europa: Die FDP hat am Montag auf dem Braunschweiger Schlossplatz mit Parteiprominenz Wahlkampf gemacht. Auf der Bühne standen der Spitzenkandidat zur Europawahl, Alexander Graf Lambsdorff, Generalsekretärin Nicola Beer und die liberale Europaparlamentarierin Gesine Meißner. 

Einig sind sich die Liberalen darüber, dass sich Europa um die großen Themen kümmern sollte, anstatt alles bis ins kleinste Detail zu regeln. Ein Beispiel dafür sei die NSA-Affäre, sagte Nicola Beer. "Wir haben nur gemeinsam Gewicht" sagte Beer. "Wir müssen ein transatlantisches Datenschutzabkommen erreichen", die hiesigen Standards im Datenschutz dürften nicht abgesenkt werden. Alexander Graf Lambsdorff warb außerdem für ein Freihandelsabkommen mit den USA. Angst vor Chlorhühnchen sei "Quatsch"; auch bei Lebensmitteln und Verbraucherschutz sollten die Standards erhalten bleiben. Die Chancen eines solchen Abkommens wögen schwerer, weil so die Exportzahlen steigen würden."Man kann nur die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen, wenn man den Freihandel mit den USA erreicht", sagte der Spitzenkandidat. Wer wie die AfD aus populistischen Gründen gegen den Freihandel sei, erweise sich als "inkompetent".



"Hochgefährlicher Unsinn" sei es, wenn sie AfD vorschlage, die Eurozone zu sprengen. Man müsse durch Marktwirtschaft Stabilität erreichen. Auch gegen den CSU-Vize Peter Gauweiler wandte Lambsdorff sich. Er wolle solche Leute nicht im EU-Parlament sitzen haben, die Verständnis für Putins völkerrechtswidriges Verhalten in der Ukraine hätten. Eine Isolation Russlands halte er aber auch für falsch. "Wir müssen versuchen, eine Partnerschaft mit Russland zu erreichen.

Europa als "Chancenkontinent", nicht die EU als Beschränkungsinstrument, so wollen die Liberalen die europäische Ebene sehen. Die Freizügigkeit etwa sei eine große Errungenschaft und notwendig beim aktuellen Fachkräftemangel. Aber: "Europa nervt", befand Nicola Beer, wenn immer nur negativ über übertriebene Regulierung, den Euro-Rettungsschirm und die Schuldenkrise diskutiert werde. Europapolitik müsse ohne schäbigen Populismus und verhöhnenden Skeptizismus, aber auch ohne den verklärenden Blick auf Europa auskommen. "Wer es gut meint mit Europa, ist Realist."



Eine große Enbürokratisierungsoffensive wolle man dazu angehen, sagte Beer. "Die EU braucht nicht Unmengen von Kommissaren." Auch gegen unnötige Vorschriften verwahrten sich die Liberalen. Gesine Meißner sagte, Standardisierung sei in manchen Punkten hilfreich, etwa bei Steckern für Elektroautos. Bei Tempolimits auf Autobahnen halte sie es aber mit der flexiblen Lösung der intelligenten Verkehrsleitung. Überhaupt müsste die Verkehrswege auch in Niedersachsen gestärkt werden. Bei aller Begeisterung für Häfen und Infrastruktur kann Meißner aber auch Themen, die ganz nah am Bürger sind: Sie verwahrte sich etwa gegen Spülkästen, die nur noch eine Spartaste haben. Besonders im ländlichen Raum sei so etwas nicht hilfreich, da dann nicht genug Wasser durch die Leitungen fließe: "Dann ist irgendwann die Leitung dicht und Schicht im Schacht." Und sie prophezeite: dann wolle auf dem Land niemand mehr leben.

Abschließend warb Alexander Graf Lambsdorff dafür, am 25. Mai zur Wahl zu gehen und "Demokraten zu wählen". Jeder Demokrat, der nicht zur Wahl gehe, mache die Neonazis stärker, die durch den Wegfall der Drei-Prozent-Hürde nun leichteres Spiel hätten. "Ein weltoffenes, tolerantes Europa ist im deutschen Interesse", sagte Lambsdorff.


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