Braunschweig. Warum fühlen sich Frauen nachts in Braunschweig nicht sicher? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Rat der Stadt Braunschweig in seiner Sitzung am gestrigen Dienstag. Anlass war der Antrag "Frauen an die Nacht" der FRAKTION. BS. Darin wird ein temporäres Ausgehverbot für Männer gefordert, um Frauen ein sicheres Ausgehen zu ermöglichen.
"Ich fühle mich nicht sicher", betonte Ratsfrau Michaline Saxel von der Satire-Partei Die PARTEI, die den Antrag vorstellte. Frauen würden bestimmte Orte meiden. Da andere Maßnahmen wie Nachttaxis für Frauen zu subventionieren, Angst-Orte richtig auszuleuchten oder die Finanzierung von Awareness-Schulungen für Clubmitarbeiter für die Stadt offenbar zu teuer seien, bleibe nur eine Möglichkeit, um Belästigungen, Übergriffe und unangenehme Situationen im Nachtleben zu stoppen: Das Ausgehverbot für Männer.
Antrag abgelehnt
Konkret wird im Antrag gefordert, dass jeweils an einem Freitagabend im Monat nur Frauen, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen die Innenstadt und die sogenannte "Partymeile" betreten dürfen. Es werde männlichen Bürgern ausdrücklich verboten, diese Bereiche zu betreten. Sie hätten die Innenstadt zu verlassen oder in ihren Wohnstätten zu bleiben. Der Antrag wurde bei sechs Fürstimmen - immerhin zwei mehr als die FRAKTION. BS hat - und einer Enthaltung abgelehnt.
Der Antrag wurde von den anderen Fraktionen und Sitzungsteilnehmern unterschiedlich bewertet. Weitgehend einig waren sich die Redner, dass es hierbei um ein ernstes Thema gehe. Allerdings würde man diesem mit so einem Spaß-Antrag einen Bärendienst erweisen, befand Ratsherr Thorsten Köster (CDU). Seine Fraktion habe selbst 2022 einen Antrag für mehr Sicherheit auf der Partymeile eingereicht. Dieser sei damals mit der Begründung "die Jungs müssten sich jetzt nach Corona mal richtig ausleben" abgelehnt worden.
"Antrag ist verfassungswidrig"
Auch Bastian Swalve (SPD) kritisierte den Antrag. Dieser sei verfassungswidrig und verändere nichts an der Situation. Stattdessen hätte man konkrete Maßnahmen wie eben die Nachttaxis oder Awareness-Schulungen beantragen können.
Lob gab es dagegen von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Braunschweig, Marion Lenz. Sie könne den Galgenhumor, der dahinter stehe, nachvollziehen. Es gehe doch um die Frage, welche Räume in der Gesellschaft von wem besetzt werden dürfen. Und hier sei es so, dass Frauen den öffentlichen Raum nachts aufgegeben hätten.
Angst vor den letzten Metern
Dabei gehe es nicht nur um jüngere Frauen, die feiern wollen. Auch ältere würden darauf verzichten, abends kulturelle Veranstaltungen zu besuchen, weil sie Angst vor den letzten 100 Metern von der Bushaltestelle nach Hause haben. Ob es tatsächlich eine entsprechende Bedrohungslage gibt, spiele dabei keine Rolle. Das Angstgefühl werde den Frauen antrainiert, so Lenz. Der Antrag sei nun ein Anlass, über diese Situation zu diskutieren.
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