Gefängnis für Schwarzfahrer: So oft kommt es in Braunschweig vor

In einer Anfrage an die Verwaltung wollte die Gruppe Die Fraktion BS zudem wissen, ob man Strafanzeigen gegen Schwarzfahrer nicht generell streichen könne.

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Symbolbild | Foto: Matthias Kettling

Braunschweig. Im Falle von wiederholtem Schwarzfahren droht eine Strafanzeige. Wer die in der Regel folgende Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, der muss ins Gefängnis. Mit dieser sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe beschäftigte sich der Rat der Stadt Braunschweig in seiner Sitzung am gestrigen Dienstag Grund war eine Anfrage der Gruppe Die Fraktion BS (Die Linke., Volt und Die PARTEI).



Wie die Verwaltung in ihrer Antwort berichtet, habe die BSVG im Zeitraum August 2022 bis August 2024 insgesamt 648 Strafanträge wegen Erschleichens von Leistungen gestellt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe hierzu mitgeteilt, dass im Zeitraum von Juni 2022 bis Juni 2024 im Bezirk der Staatsanwaltschaft Braunschweig insgesamt gegen 196 Personen Ersatzfreiheitsstrafen wegen Erschleichens von Leistungen vollstreckt worden seien. Der Bezirk umfasst neben Braunschweig allerdings auch Wolfsburg, Salzgitter sowie die Landkreise Goslar, Wolfenbüttel und Helmstedt. In 113 Fällen erfolgten die Verurteilungen durch das Amtsgericht Braunschweig.

Keine abschreckende Wirkung


Doch in der Anfrage ging es nicht nur um reine Zahlen. Die Fraktion BS sieht die Ersatzfreiheitsstrafen kritisch. Diese träfen vor allem arme und hilfsbedürftige Menschen, psychisch Kranke, Suchtkranke und Obdachlose. Die Betroffenen könnten nicht zahlen oder seien mit der Situation überfordert, heißt es in der Anfrage. In manchen Fällen wüssten sie gar nicht, dass sie zu einer Geldstrafe verurteilt wurden. Die Haftandrohung entfalte hier nicht die gewünschte abschreckende Wirkung, da die geforderten Bußgelder schlichtweg nicht bezahlt werden könnten.

Die extremen Nachteile für die verurteilte Person stünden in keinem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat. Zudem werde den Inhaftierten keine sinnvolle Behandlung ermöglicht, die ihnen aus der Situation helfen könne. Ersatzfreiheitsstrafen verschärften somit nur soziale Probleme und Ungleichheiten. Hinzu kämen die Kosten für die Inhaftierung von zahlungsunfähigen Personen, die im strafrechtlichen Sinne nicht gefährlich seien.

Keine Strafanzeigen mehr?


Da die Strafverfolgung im Ermessen der BSVG liege, fragt die Gruppe, was dagegen spreche, Strafanzeigen gegen Schwarzfahrer generell aus den Beförderungsbedingungen zu streichen. Doch hierzu hat die BSVG eine klare Meinung: "Aus Sicht der BSVG ist der Strafantrag wichtig zur Durchsetzung der Beförderungsbedingungen und der Pflicht, nur mit einem gültigen Fahrausweis zu reisen", heißt es in der Antwort der Verwaltung.

Wenn die üblichen Sanktionen nicht reichen


Strafanträge würden durch die BSVG nicht bei jeder Feststellung eines erhöhten Beförderungsentgelts gestellt, sondern nur bei besonderen Bedingungen (zum Beispiel wiederholtes Schwarzfahren und Betrugsverdacht). Der Strafantrag werde als Rechtsmittel gewählt, wenn die üblichen Sanktionen offenbar nicht ausreichend seien.

Die Stadt Braunschweig stelle mit dem BS-Mobil-Tickets günstige Monatsfahrkarten für einkommensschwache Personengruppe bereit, die preislich deutlich unter dem im Bürgergeld festgelegten Regelsatzes für Mobilität in Höhe von 50,50 Euro liegen (Preis BS-Mobil-Ticket: 18 Euro; BS-Mobil-Ticket Plus: 25 Euro). Das heißt, in Braunschweig sei die Möglichkeit zur rechtsgültigen Nutzung des ÖPNV gegeben, so die BSVG. Es bleibe die Entscheidung des Einzelnen, sich keinen Fahrschein zu kaufen und sich damit nach Strafgesetzbuch die Leistung zu erschleichen.

Verminderte Einnahmen drohen


Sollte dieser Tatbestand nicht mehr nachverfolgt werden, rechne die BSVG mit verminderten Einnahmen aus Fahrscheinverkäufen, da das Fahren ohne Fahrschein milder sanktioniert werde. Der Verzicht auf Strafanträge würde den internen Aufwand für die Erfassung von Schwarzfahrten und das Forderungsmanagement nur gering abschwächen. Die BSVG sehe daher aus betrieblicher Sicht keine Veranlassung, von der bisherigen Praxis, die den Prinzipien des Rechtsstaats folgt, abzuweichen. Inwiefern das Strafmaß für den Tatbestand angemessen ist, sei an anderer Stelle zu bewerten.


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