Braunschweig. Diplom-Psychologe Holger Barkhau von der Braunschweiger Jugendberatung bib rät allen Eltern, ihren Kindern momentan das Handy nicht zu verwehren. Es müsse zwar Regeln im Umgang mit den sozialen Medien geben, aber in Zeiten des Kontaktverbots sei es wichtig, dass Jugendliche dennoch Kontakt zu ihren Freunden halten können, wie der Psychologe in einer Pressemitteilung berichtet.
Eine 14-Jährige berichtet in der telefonischen Beratung der Jugendberatung bib: „Es ist alles anders als vorher. Meine Freundinnen fehlen mir, die Treffen mit der Clique auf dem Spielplatz, mein Cheerleading-Training, die Pausenzeiten in der Schule und die Zeit mit Klassenkameraden in der Straßenbahn – alles ist gerade weg. Das ist ziemlich nervig, obwohl ich ja weiß, dass es nötig ist und ich das auch richtig finde. Zum Glück sind meine Eltern cool: Ich darf jetzt mehr mit meinen Freundinnen chatten, die Medienzeit pro Tag ist verlängert worden. So kann ich die Zeit besser überstehen.“
"Es ist alles anders als vorher"
Diese Eltern machen es richtig, ist Diplom-Psychologe Holger Barkhau von der Braunschweiger Jugendberatung bib überzeugt: „Kinder und Jugendliche brauchen besonders den Umgang zu Gleichaltrigen für ihr seelisches Gleichgewicht. Gerade in der Phase der Pubertät ist die Orientierung an Gleichaltrigen und der Platz in der jeweiligen sozialen Gruppe besonders wichtig. Wenn Jugendliche sich nicht immer wieder versichern können, dass sie von ihren Freundinnen und Freunden akzeptiert und gemocht werden, verstärkt dies die ohnehin vorhandene Verunsicherung. Dies führt dann zu Gefühlen von Einsamkeit, selbst wenn um sie herum das familiäre Leben tobt.“
Kontakt zu Freunden wichtig
Holger Barkhau ermuntert Eltern daher, sich mit den Gewohnheiten in Bezug auf die Mediennutzung ihrer Kinder der augenblicklichen gesellschaftlichen Ausnahmesituation anzupassen: „Es ist wichtig, dass die Eltern anerkennen, dass Kinder und Jugendliche im Moment ein ganz besonderes Bedürfnis nach Austausch mit Freunden, aber auch mit Verwandten wie den Großeltern oder dem getrennt lebenden Elternteil haben.“ Eltern sollten dieses verstehen und ihre Kinder bei der Pflege ihrer sozialen Kontakte unterstützen.
An die Situation anpassen
Dies bedeute nicht, dass es keine Regeln für die Mediennutzung mehr geben solle. Die tägliche Medienzeit könne jedoch ausgeweitet werden. Handyverbote als Konsequenz bei Konflikten in der Familie seien im Moment eher nicht sinnvoll, weil damit eine wichtige verbliebene Kontaktmöglichkeit zu Gleichaltrigen abgeschnitten werde. Es bleibe aber wichtig, dass Kinder und Jugendliche auch noch ein Leben außerhalb des Smartphones hielten. Gemeinsame Spiele und Aktivitäten im Freien seien auch in der Corona-Zeit gut für den Zusammenhalt innerhalb der Familie.
Medienzeit ausweiten
Auch die Erziehungs- und Jugendberatungsstellen in Braunschweig nutzen in der letzten Zeit verstärkt die Medien, da persönliche Beratungen in der Regel im Moment nicht möglich sind. Beratungsgespräche finden häufig telefonisch statt. Auch ist nach Vereinbarung Beratung über E-Mail, einen Messenger oder Video-Telefonie möglich. Die tägliche Hotline ermöglicht den unmittelbaren Zugang zu einem Berater.
Kontakt:
Eltern und Kinder können sich von Montag bis Freitag von 14 bis 16 Uhr bei Beratungsbedarf an eine der Erziehungsberatungsstellen wenden (Tel. 0157 33367876), Jugendliche und junge Erwachsene ab 14 Jahren in der Zeit von 14 bis 17 Uhr an die Jugendberatung bib (Tel. 0178 6264182). Weitere Informationen über die Beratungsangebote in Braunschweig sind unter www.b-e-j.de zu erhalten.
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