Braunschweig. Am heutigen Montag hat die Stadtverwaltung bekanntgegeben, dass Geschäftsführer Dr. Andreas Goepfert seinen Posten auf eigenen Wunsch zum Jahresende abgibt. Die Politik hatte bereits im Vorfeld über die Ausrichtung und Führung des Klinikums diskutiert. Die Nachricht, dass Goepfert das Klinikum verlassen wird, sorgt ebenfalls für Reaktionen aus der Politik.
Dr. Andreas Goepfert, seit 2016 Geschäftsführer des Klinikums Braunschweig, wird seine Position zum Jahresende 2025 auf eigenen Wunsch niederlegen. Zuvor hatten die massiven Defizite des Klinikums – zuletzt 76 Millionen Euro im Jahr 2024 – heftige politische Diskussionen ausgelöst. Dabei wurden sowohl die Führung als auch die strategische Ausrichtung des Hauses zunehmend infrage gestellt. Die Debatte über einen personellen Neuanfang in der Geschäftsführung begleitete die Diskussionen ebenso wie die Sorge um die künftige wirtschaftliche Stabilität des Klinikums. Die CDU-Ratsfraktion hatte sogar einen sofortigen personellen Neuanfang in der Geschäftsführung des Klinikums gefordert. Und der steht nun offenbar auch bevor.
Stimmen aus der Politik
Auf die Verkündung, dass Goepfert das Klinikum verlässt, äußert sich nun die Politik ebenfalls. Die Stellungnahmen werden nachfolgend in der Reihenfolge ihrer Eingänge ungekürzt und unkommentiert veröffentlicht.
Carsten Müller, Braunschweiger CDU-Bundestagsabgeordneter
„Der personelle Wechsel in der Geschäftsführung im Städtischen Klinikum Braunschweig ist lange überfällig, kommt deutlich zu spät und muss sofort erfolgen, nicht erst zum Jahresende. Schon vor der Berufung des Geschäftsführers Dr. Goepfert wurden Warnungen ignoriert und der Scherbenhaufen an seiner vormaligen Wirkungsstätte im Klinikum Ansbach ausgeblendet. Dieses Szenario hat sich leider in Braunschweig wiederholt. In den vergangenen Jahren hat sich herausgestellt, wie berechtigt diese Kritik von Anbeginn war. Abenteuerlich mutet vor diesem Hintergrund die zwischenzeitlich von der SPD-geführten Stadtverwaltung vorgenommene vorzeitige Vertragsverlängerung an. Aus einem wirtschaftlich geführten Klinikum hat der scheidende Geschäftsführer in einem nicht einfachen Umfeld einen Sanierungsfall gemacht. Er hinterlässt dem Klinikum einen abenteuerlichen Schuldenberg. Die gute und engagierte Arbeit des medizinischen und Pflegepersonals wird durch die enorme Verschuldung massiv erschwert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden verunsichert.
Die Verantwortung für die desolate finanzielle Lage trägt jedoch nicht nur der gehende Geschäftsführer des Klinikums allein. Die Trennung kann nur der Auftakt für eine transparente Aufarbeitung der Maßnahmen aller Entscheidungsträger und Verantwortlichen im Klinikum sowie im Rathaus sein. Bereits die seinerzeit dramatisch gescheiterte Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Göttingen hat die Spitze der Stadtverwaltung zusammen mit dem Geschäftsführer des Klinikums zu verantworten.
Das heutige finanzielle Desaster ist eine schwere Bürde für die Zukunft des Klinikums, für die Beschäftigten und auch für alle Menschen der Region. Wir brauchen einen glasklaren Neuanfang für das Städtische Klinikum, das den Klinikstandort Braunschweig langfristig sichert und den Bürgerinnen und Bürgern ein bestmöglich arbeitendes Klinikum auf einem gesicherten und wirtschaftlich stabilen Fundament bietet. An der kommunalen Trägerschaft des Städtischen Klinikums darf nicht gerüttelt werden!
Enorme Sanierungsmaßnahmen in einem herausfordernden Umfeld muss die neue Geschäftsführung meistern. Als Braunschweiger CDU-Bundestagsabgeordneter werde ich gemeinsam mit dem CDU-geführten Bundesgesundheitsministerium diesen Neuanfang bestmöglich unterstützen.“
Grüne Ratsfraktion Braunschweig
Die Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN reagiert auf die anstehende personelle Veränderung in der Geschäftsführung des Städtischen Klinikums mit der klaren Forderung nach Neuausrichtung und bedankt sich bei Dr. Andreas Goepfert für seine Tätigkeit in den vergangenen Jahren, heißt es in der Mitteilung.
„Herr Dr. Goepfert hat unser Braunschweiger Klinikum die letzten Jahre in schwierigen Zeiten mit großem Einsatz geführt. Wir können jedoch aufgrund der letzten Entwicklungen nachvollziehen, dass er sich im Einvernehmen mit der Stadt zu diesem Schritt entschieden hat. Diese Entscheidung ist sicher nicht leicht gefallen und verdient Respekt. Für seinen Einsatz danken wir ihm ausdrücklich und wünschen ihm für seinen weiteren Weg alles Gute“, sagt Leonore Köhler, Fraktionsvorsitzende und finanz- und personalpolitische Sprecherin der Grünen im Rat der Stadt Braunschweig.
Gleichzeitig begrüßen die Grünen den nun eingeleiteten Schritt hin zu einem personellen Neustart an der Spitze des städtischen Klinikums. „Das Klinikum steht vor tiefgreifenden strukturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen, nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Defizits, das in den kommenden Jahren bewältigt werden muss. Mit der Medizinstrategie 2028 liegt jedoch ein klarer Fahrplan vor, der nun mutig und mit frischer Energie von einer neuen Leitung umgesetzt werden muss. Wir freuen uns, dass es der Stadt gelungen ist, akzeptable und tragbare Bedingungen für diesen Neustart mit Herrn Göpfert zu verhandeln“, so Köhler.
Deutliche Kritik üben die Grünen an der bisherigen Haltung der CDU. „Die Forderung der CDU, Dr. Göpfert ohne jegliches Konzept von der Klinikumsleitung freizustellen, war unverantwortlich und wirkte wie der Versuch, bloß eine neue Schlagzeile zu produzieren. Eine Abberufung ohne Aufhebungsvertrag hätte dem Klinikum unkalkulierbare Kosten durch fortlaufende Lohnzahlungen eingebracht - ein völlig untragbares Szenario angesichts der angespannten Haushaltslage. Mit dem jetzt geschlossenen Aufhebungsvertrag wurde eine tragfähige und finanziell vernünftige Lösung gefunden", stellt Leonore Köhler klar.
Bereits der kürzliche Einsatz von Sascha Altendorf als zweiter Interimsgeschäftsführer mit kaufmännischem Fokus setzt ein erstes klares Signal für Veränderung: „Diese Entscheidung hat bereits zusätzliche Handlungsfähigkeit gebracht und war ein richtiger und notwendiger Zwischenschritt, um zentrale Themen wie wirtschaftliche Stabilisierung und strategische Weiterentwicklung zielgerichteter anzugehen“, erklärt Köhler.
„Jetzt gilt es, schnellstmöglich eine dauerhafte kaufmännische Geschäftsführung zu installieren und eine qualifizierte und zukunftsorientierte Nachfolge von Herrn Göpfert zu finden. Der anstehende Besetzungsprozess muss zügig auf den Weg gebracht werden. Wir werden diesen Weg eng begleiten – mit dem Ziel, das Klinikum dauerhaft in öffentlicher Hand zu sichern und den Beschäftigten rasch Sicherheit zu geben“, so Köhler abschließend.
AfD-Ratsfraktion
Auch die AfD-Ratsfraktion äußert sich zum Rücktritt des Klinikum-Geschäftsführers. So erklärt Stefan Wirtz, Fraktionsvorsitzender der AfD im Rat der Stadt Braunschweig, in einer Stellungnahme: "Die finanzielle Schieflage des Städtischen Klinikums war den Ratsgremien und -fraktionen seit langem bekannt. Schon die erste Ratsfraktion der AfD äußerte früh Zweifel an der Durchführung des Zwei-Standorte-Konzepts nach den Erfahrungen aus Ansbach. Dennoch hat der im Jahr 2016 auf die Teilnahme von nur noch 3 Ratsfraktionen verkleinerte Aufsichtsrat (SPD, CDU, Grüne; als vierte Fraktion hätte damals die AfD einen Vertreter entsenden können) bis zuletzt die Probleme ausgesessen -- auch mit Kenntnis des CDU-Teilnehmers. Der Aufsichtsrat hat hier viel zu lange passiv auf eine bessere Entwicklung gewartet
Angesichts der Doppelaufgabe, ein großes, unzureichend finanziertes Umbauprojekt und gleichzeitig die Bewältigung des Tagesgeschäfts stemmen zu müssen, hat sich die vom Finanzdezernenten als "einzigartig" bezeichnete Braunschweiger Besetzungsvariante, nur einen alleinigen Geschäftsführer damit zu betrauen, nun als vor allem einzigartig verfehlt erwiesen.
Die seit kurzem von der CDU geäußerten schrillen Töne von sofortiger Entlassung des Einzelgeschäftsführers waren jedoch angesichts bestehender Vertragsvereinbarungen völlig unbedacht und unprofessionell, seit heute kann deren Ratsfraktion derlei auch nicht mehr äußern; der bisher komplett unbeteiligte CDU-Bundestagsabgeordnete Müller fällt jedoch weiterhin mit dieser Unsinnsforderung auf.
Wie dann eine halbwegs vernünftige Arbeitsübergabe stattfinden soll, bleibt dabei sein Geheimnis -- hier geht es mehr um das Triumphgeheul, den Kopf des bisherigen Klinikumsleiters als politische Trophäe vorweisen zu wollen.
Wir hatten bereits bei den Planungen zu einem zusätzlichen Finanz-Geschäftsführer, vorgesehen ab April 2026, angeregt, auch die Besetzung der jetzigen Goepfert-Position frühzeitig vorzubereiten, um selbst zum regulären Vertragsende des Dr. Goepfert eine gründliche Übergabe zu ermöglichen. Hierfür wird die Zeit bis zum Jahresende nun schon fast zu knapp. Von einem Interims-Finanzdirektor war da noch gar nicht die Rede, dieser wird auch seinerseits viel mit der eigenen Amtsübergabe zu tun haben. Weiteres Kriegsgeschrei der CDU ist nun also absolut unangebracht, diese Fraktion hätte viel früher aktiv wirklich eingreifen können."
Sollten weitere Stellungnahmen eingehen, wird der Artikel ergänzt.