Sehbehinderte Frau stürzt - Parkzonenpflicht für E-Scooter gefordert

Geht es nach dem Blinden- und Sehbehindertenverband, sollen die Roller künftig nicht mehr überall abgestellt werden. Doch was sagt die Stadt Braunschweig?

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Symbolbild | Foto: Axel Otto

Braunschweig. Schon seit längerem gibt es Diskussionen über im Weg liegende und wild in der Gegend abgestellte E-Scooter. Dass daraus eine reelle Gefahr entstehen kann, musste kürzlich eine sehbehinderte Frau in Braunschweig erfahren, die laut Medienberichten über einen Roller stürzte und sich verletzte. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen fordert daher, dass nun endlich gehandelt werden müsse.



"E-Scooter stellen nicht nur in Braunschweig, sondern in allen Städten, in denen sie zur Verfügung stehen, für viele Menschen, insbesondere aber für blinde und hochgradig sehbehinderte Passanten eine gefährliche Stolper- und Sturzgefahr dar", teilt Jochen Bartling vom Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen mit. Gefährlich seien sie auch für weitere Gehwegnutzer wie Rollstuhlfahrende, Rollatorennutzer, Passanten mit Kinderwagen oder Senioren, die den Barrieren ausweichen müssten - manchmal über die Straße.

In mehreren Städten – vor kurzem auch in Braunschweig – seien seheingeschränkte Menschen über liegende oder quer abgestellte Roller gefallen und hätten sich verletzt. "Wenn E-Scooter nur noch an vorgegebenen, extra für sie eingerichteten verbindlichen Abstellflächen abgestellt und angeschlossen werden müssen, entfällt das wilde Abstellen auf Gehwegen", ist sich Bartling sicher. Wichtig sei ihm dabei, dass die Abstellflächen für E-Scooter nicht zulasten der Fußgänger gehen dürften.

"Zustand gefährlich und unhaltbar"


Auf die Frage, wie so etwas in der Praxis aussehen könnte, angesichts dessen, dass das Geschäftskonzept des E-Scooter-Verleihs gerade auf eine möglichst große Flexibilität setzt, teilt Jochen Bartling mit: "Ehrlich gesagt stellen wir zunächst mal fest, wie sich die Situation in den Städten darstellt und halten den Zustand für gefährlich und unhaltbar. Körperliche Unversehrtheit hat nach unserer Auffassung Priorität vor einer Flexibilität, die diese Folgen hat."


Um so eine Regelung umzusetzen, sei man zurzeit im Gespräch mit Kommunen und deren Verwaltungen. Allerdings sieht die Stadt Braunschweig dafür aktuell keine rechtliche Grundlage, wie sie auf Anfrage von regionalHeute.de mitteilt. "Für Elektrokleinstfahrzeuge, unter anderem E-Scooter, werden im ruhenden Verkehr die für das Abstellen von Fahrrädern geltenden Parkvorschriften angewandt. Dementsprechend sind nach aktueller Rechtsprechung keine verpflichtenden Regelungen zu festen Abstellflächen möglich", teilt Shirin Schönberg vom Referat Kommunikation der Stadt Braunschweig mit.

Straßenverkehrsordnung müsste geändert werden


Für eine bundesweite Änderung der derzeitigen Situation würde es beispielsweise einer Änderung der Straßenverkehrsordnung bedürfen. Hier könnte eine Einstufung als Sondernutzung festgelegt werden. Ein derartiger Antrag habe jedoch im Februar 2020 im Bundesrat keine Mehrheit gefunden. Lösungen für Niedersachen müssten auf Landesebene diskutiert und entschieden werden.


In Braunschweig setzt man daher auf Freiwilligkeit. Abstellflächen, wie sie jetzt am Hauptbahnhof entstehen, seien ein ergänzendes Angebot der Stadtverwaltung zur freiwilligen Nutzung. E-Scooter Anbieter würden das ordentliche Abstellen der Fahrzeuge in festgelegten Bereichen durch das Instrument einer weiträumigen Parkverbotszone unterstützen. Damit könne eine indirekte verpflichtende Nutzung hervorgerufen werden, so die Stadtsprecherin.

Parkverbotszonen definiert


Für eine rücksichtsvolle Integration der Fahrzeuge in das Braunschweiger Verkehrssystem habe die Stadt Braunschweig eine Qualitätsvereinbarung zur freiwilligen Selbstverpflichtung ausgearbeitet. Diese stelle Regeln auf und definiere neben Geschäftsgebieten auch Parkverbotszonen, in denen keine E-Scooter von Anbietern dauerhaft abgestellt werden dürften. Dazu zähle zum Beispiel die Fußgängerzone in der Innenstadt.


Generell gelte: E-Scooter seien so zu parken, dass Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder gefährdet würden. Auch einem Umkippen müsse vorgebeugt werden. Des Weiteren sei das Abstellen der Fahrzeuge in den Parkverbotszonen sowie an folgenden Orten in Braunschweig untersagt: Gehwege bei Beeinträchtigung der Barrierefreiheit (abgesenkte Bordsteine, Rollstuhlrampen), taktile Leitsysteme für Blinde und sehbehinderte Menschen, Straßen und Radwege, Zufahrten, Ein- und Ausgänge sowie Rangierbereiche des öffentlichen Verkehrs und Überquerungsstellen (zum Beispiel Aufstellflächen an Ampeln und Fußgängerüberwegen).

Routinemäßige Kontrollgänge


"Auch die Parkraumüberwachenden achten bei ihren routinemäßigen Kontrollgängen auf E-Scooter", verspricht Shirin Schönberg. Wenn durch rücksichtslos geparkte E-Scooter andere Verkehrsteilnehmende gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt würden, leite die Stadtverwaltung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.


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