Sigrid Herrmann über Brandts Verhältnis zum Journalismus


Der Vorsitzende des Ortsvereins Stefan Hillger, Sigrid Herrmann und der Organisator der Veranstaltung, Ottmar Bosse. Foto: Privat
Der Vorsitzende des Ortsvereins Stefan Hillger, Sigrid Herrmann und der Organisator der Veranstaltung, Ottmar Bosse. Foto: Privat

Braunschwieg. Anlässlich des Geburtstages von Willy Brandt am 18. Dezember hielt die Journalistin und Autorin Sigrid Herrmann auf Einladung des SPD-Ortsvereins Wilhelmitor-Gartenstadt einen Vortrag über Brandts Verhältnis zum Journalismus, den Journalisten und Künstlern.


Der Ortsverein führt regelmäßig zu besonderen Gedenktagen Veranstaltungen im Croatia Grill Madamenweg durch, auch zu Wilhelm Bracke.„Brandt hat im Grunde nie aufgehört, Journalist zu sein“, schrieb 1972 der Britische Publizist Terence Prittie. Bereits als Schüler mit 14 Jahren veröffentlichte Brandt, der damals noch Herbert Ernst Karl Frahm hieß, Berichte, auch zu politischen Themen. Darunter litten die schulischen Leistungen. Ein Lehrer riet seiner Mutter: „Halten Sie Ihren Sohn von der Politik fern. Der Junge hat gute Anlagen. Aber die Politik wird ihn ruinieren.“ 1932 im Antrag auf Zulassung zum Abitur gab Brandt „Journalist“ als Berufswunsch an.


Bekannt ist, dass Brandt Bücher veröffentlichte und in seinen Wahlkämpfen massive Unterstützung von Künstlern und Publizisten erfuhr. Mit Gunter Grass verband ihn eine langjährige Freundschaft. Weniger bekannt ist Brandts eigene Tätigkeit als Journalist. Während seiner Emigration, als er den Namen Willy Brandt annahm, arbeitete er für norwegische Zeitungen. In Stockholm gründete er 1940 zusammen mit zwei Kollegen eine Presseagentur, die 70 Tageszeitungen belieferte. Er berichtete über den Spanischen Bürgerkrieg und 1945 über die Nürnberger Prozesse. Auch viele von Brandts engsten Mitarbeitern und Vertrauten kamen aus dem Journalismus, wie Egon Bahr. In seinen Wahlkämpfen als Kanzlerkandidat bekam Willy Brandt große Unterstützung von Künstlern und Publizisten. Sie veröffentlichten Bücher, Zeitungsanzeigen und gründeten das „Wahlkontor deutscher Schriftsteller“. Im Haus von Grass wurde die „Sozialdemokratische Wählerinitiative“ ins Leben gerufen. Grass tourte 1969 mit einem VW-Bus auf Wahlkampfreise über 32 000 km durch Deutschland, sprach bei 46 Pressekonferenzen und vor 60 000 Wählern.


Brandt war der erste Kanzler, der gebeten wurde, bei einem Schriftstellerkongress zu sprechen. Während Brandts Zeit verkehrten Maler, Theaterleute, Schriftsteller und Journalisten im Kanzlerbungalow. 1971 feilten Grass, der Historiker Golo Mann und Eberhard Jäckel an Brandts Rede zur Verleihung des Friedensnobelpreises. Die Referentin Sigrid Herrmann fasste es am Schluss zusammen: „Keiner hat wie Brandt Kulturschaffende, besonders Schriftsteller, so für sich mobilisieren können. Am Wahlkampf 1972 beteiligte sich unter dem Motto „Willy wählen“ eine nie dagewesene Zahl von Autoren und anderen Künstlern. Dies zeigte ihren Respekt und ihre Sympathie für Brandt.“ Eine späte Wirkung von Brandts Kniefall 1970 in Warschau war die Oper „Der Kniefall von Warschau“, die 1997 uraufgeführt wurde. Komponist war Gerhard Rosenfeld, das Libretto stammt von Philipp Kochheim, seit März 2013 Operndirektor am Staatstheater Braunschweig.


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