Braunschweig. Laut einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion befindet sich das Mobilitätskonzept der SPD zum Haushalt 2020 auf der Zielgeraden. Die Partei sieht Braunschweig damit in einer Vorreiterrolle im Wandel des Mobilitätsverhalten. Doch die Gruppe "MoVeBs – Mobilität und Verkehr in Braunschweig" kritisiert die SPD-Offensive. Ihr gehen die Vorschläge nicht weit genug.
Nachdem bereits alle 14 Anträge des Konzepts während der Sitzung des Bauausschusses am Freitag angenommen worden seien, gehe die SPD-Ratsfraktion nun auch von einer Zustimmung im anstehenden Verwaltungsausschuss am Dienstag, 18. Februar und der finalen Ratssitzung aus: „Überall befindet sich das Mobilitätsverhalten der Menschen in einem grundlegenden Wandel. Es ist unser Anspruch, dass Braunschweig in diesem Wandel eine Vorreiterrolle einnimmt. Das SPD-Mobilitätskonzept ergänzt daher den bereits eingeschlagenen Weg der Verwaltung zum Ausbau der Stadtbahn und der ÖPNV-Angebote und wird dazu beitragen, Braunschweigs Mobilität fit für die Zukunft zu machen“, betont Nicole Palm, stellvertretende Vorsitzende und planungspolitische Sprecherin der SPD- Ratsfraktion, die Bedeutung des Konzepts.
Drei Schwerpunkte im SPD-Konzept
"Im Kern nehmen wir mit dem Konzept drei Schwerpunkte in Angriff: Wir wollen den Radverkehr mit mehr Mitteln in sechsstelliger Höhe ausstatten und so attraktiver und sichererer gestalten, schließlich sind die Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur durch die wachsende Anzahl an Radfahrern massiv gestiegen“, so Palm. Dazu müsse das bestehende Mobilitätsangebot konsequent ausgebaut und untereinander vernetzt werden: „Als SPD-Ratsfraktion möchten wir die Menschen nicht durch Verbote, sondern durch sinnvolle und verständliche Alternativangebote dazu ermuntern, auch mal auf das Auto zu verzichten. Hierfür muss aber eine infrastrukturelle Grundlage gelegt werden, wir sehen auch hier noch große Potenziale“, so Palm weiter. Beispiele im Mobilitätskonzept der SPD-Ratsfraktion seien die Installation einer App, die neben den gängigen ÖPNV-Angeboten auch Sharingangebote intelligent verknüpft und übergreifende Fahrscheine anbietet, sowie die anvisierte Einführung von Kurzstreckentickets.
Zustimmung gab es in den Gremien bisher auch für das dritte Kernanliegen der SPD-Ratsfraktion, das Park-and-Ride-Angebot grundlegend neu zu denken: „Als kreisfreie Stadt mit einem großen Umland ist Braunschweig stark von Pendlern abhängig. Wir sehen in P & R-Plätzen, die hochwertig gestaltet und sinnvoll ins Verkehrsnetz integriert sind, daher ebenfalls große Chancen – auch, um den Verkehr im Innenstadtbereich oder zu den Stoßzeiten zu entlasten.“ Grundsätzlich sieht die SPD-Ratsfraktion die Stadt Braunschweig mit Blick auf die Mobilität auf dem richtigen Weg: „Der Stadtbahnausbau wird diverse neue Fahrgastpotenziale erschließen, mit Blick auf den Radverkehr werden wir dazu Teststrecken für neue Velo-Routen, also reine Fahrradstraßen, beantragen. Die Stadt befindet sich in Bewegung und das spüren unsere Bürgerinnen und Bürger“, resümiert Palm abschließend.
"Maßnahmen zur Einschränkung des Autoverkehrs fehlen"
Anders sieht dies MoVeBs. Das SPD-Mobilitätskonzept sei nicht ausreichend für die Mobilitätswende und den Klimaschutz, heißt es in einer Pressemitteilung der Gruppe. Die von der SPD vorgeschlagenen Maßnahmen klängen zwar gut, seien aber nicht geeignet, eine Mobilitätswende im Sinne des 1,5°C oder wenigstens 2,0°C-Ziels wie im Pariser Abkommen vereinbart einzuleiten. Positiv sei anzumerken, dass zusätzliche, umweltfreundliche Angebote geschaffen würden. Jedoch würden keine Maßnahmen zur Einschränkung des Autoverkehrs vorgeschlagen, sodass insgesamt sogar mehr Verkehr entsteht.
"Autoverkehr verteuern, verlangsamen und ihm die Fläche entziehen"
"Ein Wandel der Mobilität scheitert nicht am Geld, er scheitert am Unwillen, Flächen umzuverteilen und umweltfreundlichen Verkehrsformen mehr Raum zu geben. Die SPD muss hier Stellung beziehen, ob sie neben dem öffentlichen Verkehr auch dem Fuß- und Radverkehr mehr Raum zuzugestehen bereit ist.“ sagt Martin Schwerter von MoVeBs. Eine Reduktion des Autoverkehrs könne nur erreicht werden, wenn man Autofahren verteuere, verlangsame, oder ihm die Flächen entziehe. All dies vermeide das Konzept der SPD. Alternativen zum Autoverkehr würden angesprochen, jedoch fehle die wichtigste Form von Mobilität im Konzept – Fußverkehr. „Vor Fußverkehr muss man nicht warnen, wie die SPD das vorschlägt, man muss ihn stärken. Zu-Fuß-Gehen ist die Grundlage für städtisches Leben, für Läden, Cafés soziale Kontakte, Spiel auf der Straße, für alle vom Kind bis zum Senior. Ohne Fußverkehr stirbt die Stadt“, meint Leonhard Pröttel von MoVeBs.
Die SPD werde sich daran messen lassen müssen, ob sie bei aktuellen Projekten, wie zum Beispiel dem Umbau des Bültenwegs für den Radverkehr oder der Salzdahlumer Straße im Rahmen des Stadtbahnausbaus willens ist, Flächen vom Autoverkehr zum Umweltverbund umzuverteilen. "Wir möchten der SPD dringend raten, ihr Verhältnis zu den verschiedenen Verkehrsformen schnellstmöglich zu klären und sich progressiv für alle Verkehrsformen des Umweltverbundes einzusetzen. Mit Konzepten, welche die wichtigsten Fragen nach Flächenverteilung in einer Stadt ausklammern, wird sie keine Stadt nachhaltig entwickeln oder Wahlen gewinnen können", so MoVeBs abschließend.
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