Wie mag sich ein Flüchtling in Deutschland fühlen?

von Sina Rühland




Braunschweig.  Demokratie leben, Toleranz fördern. Die Otto-Bennemann-Schule ist als "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ausgezeichnet. In diesem Rahmen fanden am Donnerstag Workshops zum Thema Demokratie statt. Diskussionen und praktische Beispiele sollten die Schüler zum Nachdenken und Handeln anregen; ihnen praxisnah erläutern, wie wichtig Vielfalt für die Gesellschaft ist. 



Zu der Eröffnung des Demokratie-Tages war auch SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Carola Reimann erschienen. "Angebote wie diese Arbeitsgruppen sind wichtig, um Vorurteile gar nicht erst aufkommen zu lassen – es ist immer Mut und Überzeugung nötig. Toleranz und Weltoffenheit müssen auch gelebt werden. Zivilcourage heißt, dass sich Minderheiten und Flüchtlinge bei uns gut aufgehoben fühlen", sagte Reimann. Sie sprach damit aktuelle Geschehnisse, wie die Demonstrationen deutscher Hooligans gegen Salafisten oder die rechtsextreme terroristische Vereinigung NSU an. "Fremdenhass und Rassismus sind gegenwärtig", sagte sie und verriet, dass der Bundeshaushalt 10 Millionen Euro mehr für Projekte gegen Intoleranz vorgesehen hätte.

Der Schulleiter der Otto-Bennemann-Schule, Klaus Boner sprach ebenfalls zu den rund 550 teilnehmenden Schülern: "Demokratie lebt davon, dass sich Menschen engagieren. Sie ist es wert geschützt und erhalten zu werden."

Flucht bedeutet Angst




In unterschiedlichen Arbeitsgruppen behandelten die Schüler Themen wie Zivilcourage in Notsituationen, Rassismus im Alltag oder Chancengleichheit. Der 20-jährige Student Torben Kruse führte mit Schülern Diskussionen um Asyl und Flucht. "Wir tolerieren Intoleranz nicht", sagte er und stellte die Frage, ob denn eigentlich jeder in Deutschland willkommen sei. Kruse konfrontierte die Schüler mit leisen und lauten Vorurteilen der Gesellschaft; bat sie, sich zu fragen, was sie an der Stelle eines Menschen tun würden, der in eine fremde Kultur flüchten müsste. Welche Gründe gebe es überhaupt zu fliehen? "Armut", sagten viele. Es fielen noch Schlagworte wie Krieg oder Verfolgung auf Grund von Religion oder Sexualität.

Einer der Schüler brachte die Situation in Kralenriede vor. Er würde nahe des Asylbewerberheimes arbeiten und hätte dort weniger gute Erfahrungen gemacht. Die Lage ist für die Menschen vor Ort derzeit angespannt – zu viele Menschen wohnen auf zu geringem Raum. Eine Schülerin erzählte, dass in ihrem Wohnort acht asylsuchende Menschen in einem Nachbarhaus wohnen würden: "Und das ist allemal besser, als die Menschen wie in Massentierhaltung zusammenzupferchen."

Torben Kruse erklärte, wie komplex der Antrag auf Asyl in Deutschland sei; gerade, wenn man die Sprache nicht verstehe. Er unterhielt sich mit den Schülern über den Weg der Flucht, über das Dubliner Übereinkommen und die Drittstaatenregelung. Kruse nannte Zahlen und Fakten, aus einer Ecke hörte man den Satz "Das Boot ist voll". Die meisten Jugendlichen schienen ergriffen von den Tatsachen. Eine junge Frau berichtete von ihren Großeltern: "Oma und Opa sind vor vielen Jahren von Afghanistan in die Niederlande geflüchtet – nach zehn Jahren sind sie wieder ausgewiesen worden, mussten zurück."

Eine Frage hatte der Student noch an die Schüler: "Wie viele von euch kennen eigentlich Menschen, die flüchten mussten?". Es gingen nicht viele Arme hoch.


mehr News aus Braunschweig