Zeit der Masken-Not: 700.000 Masken auf Facebook sorgten für Verwirrung

In einem Facebookpost wurden 700.000 Masken angeboten. Später fanden sie ihren Weg nach Italien.

von Julia Seidel


Von links: Peter Kemfert, Vertriebsleiter, Claudia Klauenberg, Geschäftsführerin und Vertriebsmitarbeiter Marc Glunz mit verschiedenen Masken.
Von links: Peter Kemfert, Vertriebsleiter, Claudia Klauenberg, Geschäftsführerin und Vertriebsmitarbeiter Marc Glunz mit verschiedenen Masken. | Foto: Julia Seidel

Braunschweig. Es war ein Aufregerthema auf Facebook. In einem Post, der von einer Privatperson abgesetzt wurde, waren 700.000 Schutzmasken angeboten worden. Sie seien direkt verfügbar, wie es darin hieß. Und das, obwohl zurzeit ein Mangel an Schutzbekleidung in Deutschland bestehe. Schließlich wurde der Beitrag auch in regionalen Gruppen auf Facebook gepostet. Die Community war empört. Wo kamen die Masken her? Hier konnte es nicht mit rechten Dingen zugehen. Letztendlich wurde der Post editiert. Die Masken gingen nach Italien. Ein Shitstorm brach los. regionalHeute.de recherchierte die Hintergründe.


Bei den 700.000 Masken, um die es sich auf Facebook drehte, handelte es sich um einfache OP Masken, die die Firma OxygenConcept aus Braunschweig in Asien bei einem offiziellen deutschen Händler beschafft hatte. Bei dieser Beschaffungsmaßnahme handelte es sich um einen Testlauf des Unternehmens, das normalerweise vor allem Inhalationstechnik für Menschen und Pferde anbietet. Auch Desinfektionsmittel auf Salz-Wasser-Basis stellt das Unternehmen bereits seit Jahren her und kennt somit mögliche Abnehmer im Gesundheitsbereich. Mit der Beschaffung von Masken sollten neue Wege beschritten werden, wie Geschäftsführerin Claudia Klauenberg im Gespräch mit regionalHeute.de berichtet. Hier kam der Kontakt zu Marc Glunz zustande, der bereits in der Vergangenheit in der Automobilbranche im Bereich des Engpassmanagements gearbeitet hat und für Sonderbeschaffungen zuständig war. Da die Automobilbranche derzeit ruht, ist Glunz nun für OxygenConcept tätig. Die Kontakte, die Glunz bei seiner bisherigen Tätigkeit sammeln konnte, sollten auch bei der Beschaffung von Schutzmasken von Vorteil sein.

Masken wurden dem Innenministerium angeboten



Die Lager in Deutschland seien leer. Man habe sich also direkt an eine Firma in Asien gewendet. Dort sei es möglich verschiedene Arten von Masken zu beschaffen. Die 700.000 Masken aus dem Testlauf habe man auch dem Innenministerium angeboten. Dieses wiederum habe auf ein Bewerberverfahren bis Ende Juni verwiesen. "Das ist eine Sache, die ich nicht verstehen kann", so Glunz. "Wir brauchen die Masken jetzt!" Außerdem komme hinzu, dass der Preis der Masken derzeit stark variiere und ein fester Betrag über einen solchen Zeitraum nicht haltbar sei.

Wie das Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung hingegen berichtet, werde Schutzkleidung und ähnliches nicht im Rahmen von Vergabeverfahren, die Angebotsfristen von mehreren Monaten aufweisen, beschafft. Im Fall von Dringlichkeit könne auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, die Fristen für die Beschleunigung offener oder nichtoffener Verfahren erheblich zu verkürzen. Aufgrund der sehr dynamischen Marktsituation wären Erleichterungen im Vergaberecht auch von der europäischen Kommission beschlossen worden. Es könne jedoch sein, dass unterschiedliche Vergabeverfahren eine unterschiedliche Laufzeit haben, da der Bedarf an Schutzkleidung nicht mit Mai ende. Wieso die Firma jedoch auf eine Frist von Ende Juni verwiesen wurde und um welches Ausschreibungsverfahren es sich dabei gehandelt hatte, konnte das Ministerium auf Nachfrage von regionalHeute.de bis zum heutigen Mittwochnachmittag nicht abschließend sagen.

Da die Masken in Deutschland so schnell keinen Abnehmer gefunden hatten, ging Marc Glunz, nach eigenen Worten, "proaktiv an die Sache ran". So kam es, dass die Masken schließlich nach Italien geschickt wurden.

Andere Absatzwege wurden gefunden



In seinem Facebookpost wollte sich Glunz Luft verschaffen, aufmerksam machen, provozieren. Und dies ist ihm gelungen. So gingen viele Kommentare unter seinem Post ein. In vielen wurde er beschimpft. Manche haben ihm vorgeworfen übertriebene Preise für die Masken zu verlangen. Er solle sie lieber verschenken. "Ich habe niemals irgendwo einen Preis genannt", erklärt er darauf. Dieser hätte er Interessierten in Privatnachrichten sagen wollen. Zudem müsste das Unternehmen die Ware aufgrund der hohen Nachfrage derzeit selbst zu überhöhten Preisen einkaufen. Dazu kommen die Verzollung und die Logistik. "Wir als Unternehmen können es und nicht leisten umsonst zu arbeiten", erklärt er. Anfangs habe er noch versucht auf die Kommentare zu antworten, jedoch nahmen diese schnell ein größeres Ausmaß an, sodass er nicht mehr hinterherkam. Misstrauen aufseiten der Facebook-Community.

Dabei ist Claudia Klauenberg bei der Sache Eines äußerst wichtig: Die Masken werden für sie im Auftrag hergestellt und verfügen über Zertifikate. Dieser Herkunftsnachweis werde auch an die Endkunden weitergeleitet. Generell würden die Masken, bei denen es neben den OP-Masken auch die begehrten FFP2 Masken geben würde, in Zukunft nur im Auftrag bestellt werden. "Es sind so viele Masken abhandengekommen, von denen man nicht weiß, wo sie sind. Ich will nichts mit geklauter Ware zu tun haben!" So sollen die Masken demnächst auch das Logo der Firma tragen. Gekauft werde zudem nicht dort, wo die Lager voll sind. Denn dies seien die Orte, bei denen man sich nicht sicher sein könne, von wo die Masken tatsächlich stammen.

Auch für das Unternehmen berge die Beschaffung der Masken gewisse Risiken. Um sicherzugehen, dass die Masken auch tatsächlich ankommen, solle demnächst ein Mitarbeiter rüberfliegen, um den Transport zu überwachen. Marc Glunz und Vertriebsleiter Peter Kemfert stünden derweil mit mehreren Krisenstäben in Kontakt. Auch mit der Feuerwehr in Braunschweig sei ein reger Austausch entstanden.


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