Berlin. In der Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan hat sich der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU), für Gespräche über Rückführungsabkommen mit den radikal-islamistischen Taliban ausgesprochen. "Wir müssen mit der faktischen Regierung in Kabul über Rückführungen reden, auch wenn wir dieses Regime nicht mögen", sagte Throm dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe).
"Wir können ja nicht erst abwarten, bis in Kabul ein Regierungswechsel vom Himmel fällt." Wenn Schweden es hinbekomme, Kriminelle nach Afghanistan abzuschieben, dann sollte das Deutschland auch gelingen, so Throm. Im vergangenen Jahr hat Schweden insgesamt fünf Personen nach Afghanistan abgeschoben.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese wies darauf hin, dass es etwa im Fall Afghanistans durchaus Möglichkeiten gebe, weil andere Länder wie Schweden "durchaus dorthin abschieben". Außerdem gebe es regelmäßig Abschiebeflüge aus der Türkei nach Afghanistan, sagte Wiese der Zeitung. "Jetzt ist es zentral, diese Möglichkeiten nicht nur auszuloten, sondern zu nutzen." Da müsse jetzt "mehr Zug reinkommen". Er erwarte von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entsprechenden Einsatz.
FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki kritisierte, dass die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Oktober geforderte Abschiebeoffensive bisher kaum vorankomme. Scholz habe "viel mehr versprochen, als seine Innenministerin hat umsetzen können", sagte Kubicki dem "Handelsblatt" (Donnerstagausgabe). "Es ist jedenfalls nicht unbedingt Ausweis einer guten Regierungsführung, wenn Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinanderfallen."
2021 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt. Der Gerichtshof legt das sogenannte Refoulement-Verbot in der Genfer Flüchtlingskonvention in Kombination mit dem Folterverbot in der Europäischen Menschenrechtskonvention so aus, dass nicht in Länder abgeschoben werden darf, in denen den Betroffenen Folter droht.
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