Region. Die DLRG Niedersachsen warnt vor dem Betreten von Eisflächen auf niedersächsischen Gewässern. Dr. med. Frank Streiber, Landesverbandsarzt aus Niedersachsen und Martin Witt, Leiter Einsatz vom DLRG Landesverband Niedersachsen, erklären mögliche Gefahren und geben Tipps.
Erst ab einer Eisstärke von mindestens 15 Zentimetern bis 20 Zentimetern, bei fließenden Gewässern, erwägen Behörden eine Eisfläche überhaupt freizugeben. Eltern müssten ihre Kinder auf die Gefahren des Eises unbedingt hinweisen. Bei einem Unfall wärendie Wasserrettungskräfte der verschiedenen Hilfsorganisationen und der Feuerwehr unter der Notrufnummer 112 jederzeit erreichbar.
Was passiert eigentlich bei einer Unterkühlung?
Hierzu fragte die DLRG Niedersachsen bei Dr. med. Frank Streiber, Landesverbandsarzt aus Niedersachsen, nach. Schreiber: „Es kann aus diversen Gründen zu einem Körperwärmeverlust kommen. Sowohl durch kaltes Wasser in dem ich mich befinde (auch im Sommer!), durch die Kälte der Umgebungsluft oder aber auch durch kalten Wind." Durch Muskelzittern versuche der Körper Wärme zu erzeugen. „Befindet sich der Körper im Wasser, versucht er dieses auch, aber die Wirkung wird umgekehrt, da die Wärme durch das Wasser vom Körper weggeleitet wird. Folge: Man kühlt noch schneller aus als an Land.", erklärtder Landesverbandsarzt. Im Körper komme es außerdem zu einer Zentralisation. Das bedeute, dass sich die Gefäße in den Gliedmaßen verengen, damit die inneren Organe, wie Herz und Gehirn, auch weiterhin mit Wärme versorgt werden. Je stärkerdie Körperkerntemperatur sinkt, desto mehr trübe das Bewusstsein ein. Zwischen 28 und 32 Grad würden dann Reflexe anfangen zu erlöschen und das Zittern höre auf.
Wenig Bewegung ist die Devise
Auf die Frage, wann eine Unterkühlung des Körpers bestehe, erläuter Dr. Streiber: „Eine milde Hypothermie tritt bereits ab einer Körpertemperatur von 35° auf. Bedrohlich und kritisch wird es, wenn die Körpertemperatur unter 28° sinkt." Dabei werde die Person bewusstlos und es trete eine Atemlähmung, sowie ein Herz-Kreislauf-Stillstand ein - infolge von Herzrhythmusstörungen. Im Eiswasser könne das innerhalb von zwei, drei Minuten passieren. Doch ist man dann gleich dem Tode geweiht? Auch für Dr. Schreiber nicht aufzulösen: „In diesem Stadium ist es schwierig zu sagen, ob die Person noch am Leben ist oder bereits tot ist. Das ist bei einer Reanimation unbedingt zu beachten. Bei Hypothermie wird eindeutig länger reanimiert und auch versucht den Körper wieder zu erwärmen nach dem Grundsatz: Niemand ist tot, solange nicht warm und tot." Schwere Schäden würden oft bei der Erwärmung entstehen. Man solle den Körper möglichst wenig bewegen, trotzdem aber aus der Gefahrenzone bringen und mit langsamer Erwärmung am Rumpf beginnen. Eventuell gebe der Rettungsdiensterwärmte Infusionen – immer unter Kontrolle der Vitalfunktionen.
Vom Retter zum Opfer
Doch wie verhalte ich mich, wenn ich sehe, dass jemand anderes auf dem Eis einbricht? Hierzu wurde Martin Witt, Leiter Einsatz vom DLRG Landesverband Niedersachsen, gefragt. Grundsätzlich gelte, dass die Eisrettung geübten Personen vorbehalten und mit hohen Risiken verbunden sei. Sehr schnell könne ein Retter hier zum Verunfallten werden. Aus diesem Grunde solle man wirklich nur im äußersten Notfall selbst tätig werden und insbesondere die Eigensicherung beachten. „Zunächst gilt es mit schnell greifbaren Helfern oder umstehenden Passanten eine Sofortrettung zu organisieren", erklärt Martin Witt. Folgende Dinge könnten durch die meisten Personen dennoch durchgeführt werden: Alarmierung von Wasserrettungskräften „Notruf 112“, sowie das Organisieren von Hilfsmitteln am Ort des Geschehens (Leitern, Bretter, lange Stangen, Tische, Schlitten, Leinen). Zu beachten sei hierbei, dass ein Eingebrochener im Eiswasser durch schnell fortschreitende Unterkühlung meist so entkräftet ist, dass er den zugeworfenen oder zugeschobenen Gegenstand meist nicht mehr halten könne. Ist eine Rettung ohne Eigengefährdung nicht möglich, muss auf die alarmierten Wasserrettungskräfte gewartet werden. Witt: „Ein eingebrochener Retter wird schnell zum weiteren Unfallopfer."
Nicht verlocken lassen!
Auch für die eingebrochene Person hat Martin Witt Rat: „Merkt man auf dem Eis, dass die Tragfähigkeit plötzlich nachlässt, sollte man sich flach auf das Eis legen und so das Eigengewicht auf eine möglichst große Fläche verteilen." Es sei ratsam denselben Weg zum Ufer zu nehmen, den man gekommen ist -auch wenn ein anderes Ufer näher erscheine. Das Eis habe dort immerhin schon einmal sicher getragen. Sollte man schon eingebrochen sein, könne man versuchen bei stabiler Eisdecke sich seitlich flach (Brust- oder Rückenlage) auf das Eis zu schieben und vorsichtig zum Ufer zu rollen. Keinesfalls solle man in der Nähe der Einbruchsstelle aufstehen. „Ist die Eisdecke dünn genug, kann man versuchen, mit Fäusten oder dem gesamten Oberkörper das Eis Stück für Stück Richtung Ufer zu brechen und zu entkommen", verdeutlicht Witt und hofft auf die Vernunft der Bürger. „Auch wenn es verlockend ist auf das Eis zu gehen, bitte erst dann, wenn die Behörden das Eis wirklich freigegeben haben. Es kann sonst schnell zu einer tödlichen Gefahr werden."
Die Eisregeln sind unter www.dlrg.de abrufbar. Außerdem weist dieDLRG in ihren Schwimmkursen auf die Gefahren des Eises hin und gibt hier bereits Tipps für die Eigen- und Fremdrettung. Infos zu den Kursen finden Sie ebenfalls auf der Homepage der DLRG.