Region. Mehr als ein Jahr sind die bedarfsgerechten Verkehre „flexo“ in der Region unterwegs. Das Thema stand am heutigen Mittwoch somit auch auf der Tagesordnung im Ausschuss für Regionalverkehr. Am Ende konnte ein positives Fazit gezogen werden, berichtet der Regionalverband Großraum Braunschweig in einer Pressemitteilung.
„Der ÖPNV soll individueller auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten werden. Alle Menschen haben einen Anspruch auf Mobilität und damit Teilhabe am öffentlichen Leben. Mit unserem neuen Angebot flexo wollen wir eine attraktive Mobilität schaffen, ein flexibles Angebot vor allem im ländlichen Raum“, hatte Verbandsvorsitzender Detlef Tanke bei der Einführung des Bedarfsbus-Angebots vor gut einem Jahr gesagt.
Nach gut einem Jahr resümiert Tanke, dass mehr als 85.000 Fahrgäste flexo im ersten Jahr genutzt haben. „Diese Zahl stimmt uns sehr zufrieden.“
Was genau ist flexo?
Flexo ist ein zusätzliches, sogenanntes on-demand-Angebot (auf Bestellung) im ÖPNV und ergänzt das bestehende Netz aus Schienenverkehr sowie regionalen und lokalen Buslinien. Zugleich leistet es einen Beitrag zum Klimaschutz, denn die Kleinbusse fahren nur dann, wenn mindestens eine Fahrt gebucht wird. Zudem werden mehrere Fahrtwünsche in die gleiche Richtung gebündelt. Flexo-Haltestellen sind selten weiter als rund 300 Meter von der eigenen Haustür entfernt. „Häufig werde ich gefragt, warum wir so etwas anbieten, wo es doch andere privatwirtschaftliche on-demand-Angebote gibt. Der Unterschied ist, dass flexo in unser ÖPNV-Angebot integriert ist“, erklärt Verbandsdirektor Ralf Sygusch. „Die Fahrgäste bezahlen den normalen ÖPNV-Preis. Wir disponieren die Fahrt so, dass die Fahrgäste pünktlich zur nächsten Abfahrt von Bahn oder Bus an der nächstgrößeren Station sind. Flexo fährt nur, wenn es nicht zeitgleich eine Linien-Bus- oder eine Bahnverbindung gibt. Unsere Busse sind zudem barrierefrei.“
Hohe Erwartungen
Das neue Angebot war mit hohen Erwartungen gestartet sowohl vonseiten der Landkreise und Kommunen als auch vonseiten der Verkehrsunternehmen. Für die Kommunen speziell in den ländlich geprägten Räumen bietet es die Chance auf neue Mobilitätsangebote für ihre Bürgerinnen und Bürger.
Gifhorns Landrat Tobias Heilmann sagt: „Gerade in unserem großen Flächenlandkreis reichen die Linienverkehre nicht aus, um allen Menschen ein gutes Mobilitätsangebot zu machen. Flexo ist deshalb ein sehr gutes Angebot für viele Bürgerinnen und Bürger, mit dem ÖPNV zum Arzt, zum Einkaufen oder zum nächsten Bahnhof zu kommen“, betont Gifhorns Landrat Tobias Heilmann. „Der Landkreis unterstützt das flexible Bedienangebot auch finanziell. Ich würde mir wünschen, dass sich ein solches Bedarfsbus-Angebot dauerhaft etabliert, damit viele Menschen am öffentlichen Leben auch ohne eigenes Auto teilnehmen können.“
In acht Gebieten ist flexo inzwischen unterwegs. Im September 2021 ist flexo als Vorphase in der Samtgemeinde Wesendorf / Wahrenholz (3 Fahrzeuge) gestartet. Seit Dezember 2021 ist er auch in Baddeckenstedt/Hoheneggelsen (2 Fahrzeuge), Cremlingen (1 Fahrzeug) und Seesen (3 Fahrzeuge), seit Januar 2022 in Lehre (2 Fahrzeuge), Salzgitter-Bad und –Thiede (7 Fahrzeuge) und seit Mai 2022 in Hohenhameln /Algermissen (1 Fahrzeug)
Wird flexo gut genutzt?
Mehr als 85.000 ‚Fahrgäste sind in den verschiedenen Gebieten seit der Einführung mit flexo gefahren. „Vor dem Hintergrund einiger Anlaufschwierigkeiten hat sich das Angebot sehr positiv und auf einem stabilen Niveau entwickelt“, freut sich Verbandsdirektor Ralf Sygusch. „Einen Schub bekam die Nachfrage im vorigen Sommer mit der Einführung des 9-Euro-Tickets und hat sich auf dem Niveau nahezu gehalten.“
Besonders gut angenommen wird es in Seesen mit derzeit wöchentlich mehr als 700 Fahrgästen, dicht gefolgt von Salzgitter-Bad mit rund 400 Fahrgästen in der Woche. Auch in Lehre, Salzgitter-Thiede und Wesendorf/Wahrenholz bewegen sich die Fahrgastzahlen wöchentlich im dreistelligen Bereich. In Lehre wurde ein zweites Fahrzeug bereits frühzeitig zur Verfügung gestellt. In Seesen wird morgens und mittags für den innerstädtischen Bedarf für Fahrten von und zum Schulzentrum zurzeit ein weiteres Fahrzeug eingesetzt. In Hohenhameln, wo flexo erst seit Mai 2022 am Start ist, wird das Angebot ebenfalls gut angenommen. In den Gebieten Cremlingen und Baddeckenstedt/Hoheneggelsen ist die Nachfrage bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben. „In diesen beiden Gebieten prüfen wir gemeinsam mit den Kommunen, ob die Gebiete richtig zugeschnitten sind und wie das Fahrgastpotential gesteigert werden kann“, sagt der Verbandsdirektor.
Die modernen, barrierefreien und geräumigen 8-Sitzer-Fahrzeuge hat der Regionalverband über seine Tochterfirma, die Regionalbahnfahrzeuge Großraum Braunschweig (RGB) GmbH, für das flexo-Projekt beschafft. Je ein Kinderwagen oder ein Rollstuhl oder ein Fahrrad finden Platz im Fahrzeug. Das Farb-Design ist an die enno-Züge angelehnt: anthrazit / verkehrspurpur. In allen Gebieten fahren die gleichen Fahrzeuge und haben dadurch einen hohen Wiedererkennungswert. Über die RGB GmbH vermietet der Regionalverband die Kleinbusse an die Verkehrsunternehmen.
Wie geht es weiter?
Der Regionalverband als Koordinator des ÖPNV und alle Verkehrsunternehmen in der Region stehen vor einer schwierigen Situation durch den enormen Anstieg der Energiepreise, der weltweiten Material- und Lieferengpässe und der sehr engen Personaldecke. Obwohl die flexo-Busse als PKW gelten und deshalb mit einem Führerschein Klasse B und einem Personenbeförderungsschein gefahren werden dürfen, fehlen den Unternehmen auch hierfür Fahrerinnen und Fahrer.
Das Projekt flexo war als Pilotprojekt zunächst auf ein Jahr angelegt. Es wird vom Land Niedersachsen gefördert. Die Förderperiode wird nun bis Mitte 2023 verlängert. Alle flexo-Angebote in den acht Pilotgebieten der Region werden darüber hinaus mit Mitteln des Regionalverbandes, aber auch finanzieller Unterstützung der Kommunen und der Landkreise mindestens bis Ende 2023 betrieben. „Wir setzen darauf, dass das Land Niedersachsen nach den entsprechenden Ankündigungen zum Koalitionsvertrag solche flexiblen Angebote künftig finanziell unterstützt“, betonen Sygusch und Tanke.
Wie funktioniert die Buchung?
Flexo kann unter der kostenlosen Hotline: 0531-7938400 für alle Gebiete gebucht werden. Künftig wird es auch die Möglichkeit geben, die Fahrten über eine App zu buchen. Daran wird gearbeitet. Für das flexo- Angebot wird eine komplexe Buchungs- und Routingsoftware entwickelt. Sie muss alle Linien-Busverkehre berücksichtigen, um beispielsweise Parallelverkehre mit schon vorhandenen Linienbussen auszuschließen. Diese Software ist die Voraussetzung für die Fahrgast-App, die im ersten Halbjahr 2023 an den Start gehen soll. Sygusch: „Die Fahrgäste werden auch künftig ihren flexo per Telefon bestellen können, die App ist eine Möglichkeit, weitere Zielgruppen zu erreichen.“
mehr News aus der Region