Eklat nach Aktenmanipulations-Vorwurf: Ratsfraktionen fordern Beweise

Ein ungewöhnliches Bündnis: CDU, Grüne, Linke und Bürgerliste haben einen gemeinsamen offenen Brief verfasst, in dem sie die Art und Weise der gegen Oberbürgermeister Oliver Junk vorgebrachten Vorwürfe scharf kritisieren.

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So fassungslos wie am vergangenen Dienstag hat man Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk wohl selten erlebt.
So fassungslos wie am vergangenen Dienstag hat man Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk wohl selten erlebt. | Foto: Marvin König

Goslar. Nach dem Eklat um den Vorwurf der Aktenmanipulation in der Causa Kattenberg in der Ratssitzung am vergangen Dienstag haben sich CDU, die Grünen, die Linke und die Bürgerliste nun zu einem ungewöhnlichen Bündnis zusammengeschlossen. In einem gemeinsamen offenen Brief stellen sich die Fraktionen hinter Oberbürgermeister Oliver Junk und fordern Belege für die Vorwürfe von den anklagenden Fraktionen SPD und FDP ein.


Die unterzeichnenden Fraktionen wenden sich an die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden, Urte Schwerdtner (SPD) und Christian Rehse (FDP). Den offenen Brief veröffentlichen wir im folgenden in unveränderter Form:



Uns liegt nicht daran, den Inhalt einzelner Tagesordnungspunkte zu analysieren oder den Sachverhalt zu bewerten. Uns liegt vielmehr daran, in Bezug auf den Umgang innerhalb des Rates der Stadt Goslar deutlich zu machen, dass der von Ihren Fraktionen bzw. Fraktionsmitgliedern in der letzten Ratssitzung präsentierte Auftritt nach mehrheitlicher Auffassung in Art und Stil weder dem Organ des Rates gerecht wurde noch von einem respektvollen und verantwortungsbewussten Umgang unter den weiteren Ratsmitgliedern zeugten.

Alle Mitglieder des Rates sind gewählte Mandatsträger, wir alle haben den Auftrag und die Verantwortung, nach bestem Wissen und Gewissen unsere Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz wahr zu nehmen und nur zum Wohl der Allgemeinheit zu handeln. Und wir alle haben das Recht, ja sogar den Anspruch, fair und der Stellung als Volksvertreter entsprechend behandelt zu werden. Die Redebeiträger aus Ihren Fraktionen im Rahmen der letzten Ratssitzung lassen von dieser Verantwortung und Verpflichtung wenig erkennen.

Im weiteren Verlauf beantragten Ihre Fraktionen eine „aktuelle Stunde“. Eine aktuelle Stunde wird beantragt, um Themen von allgemeinem aktuellem Interesse zu debattieren. Sie ist somit ein Format der Ratsdebatte, an dem alle Fraktionen beteiligt werden sollten. Aus der Definition des Begriffs heraus wäre es Ihre Verantwortung gewesen, Thema, Aktualität und Allgemeininteresse frühzeitig darzulegen, damit alle Fraktionen sich an der aktuellen Stunde auch beteiligen können. Trotz Nachfrage auch im davor stattgefundenen Verwaltungsausschuss, dem nach dem Rat höchsten Entscheidungsgremium unserer Stadt, blieben Sie diese Informationen schuldig.

Die aktuelle Stunde befasste sich in der Folge mit einem Vorgang aus 2015. Das Thema selbst wurde in den Ratsgremien behandelt, aktuell gibt es weder Ratsanträge noch Vorlagen zum Thema. Die Aktualität für den Rat war hier nicht erkennbar. Vielmehr stützten sich die Wortbeiträge Ihrer Fraktionen auf Unterlagen, die sie nicht vorlegen wollten und auf offensichtliche Behauptungen ohne jeglichen Beleg. Eine Beurteilung des Sachverhaltes und der erhobenen Vorwürfe war für die übrigen Fraktionen nicht möglich.

Wir kritisieren daher den von Ihren Fraktionen gewählten Formen des Umgangs und des Stils sowie die Form der Zusammenarbeit. Dies im Übrigen vor dem Hintergrund der von Ihnen angeführten Kontrollfunktion des Rates. Diese Kontrollfunktion kann jedoch nur bei gleichem Kenntnisstand zu Sachverhalten ausgeübt werden.

Wir fordern Sie daher zu folgendem auf:

• Information der Ratsfraktionen, seit wann Ihnen der behauptete Vorgang bekannt ist
• Vorlage der von Ihnen zitierten Schriftstücke
• Nachweis der behaupteten Aktenmanipulation
• Information der Ratsfraktionen, wann Sie die Kommunalaufsicht und die Staatsanwaltschaft mit der Prüfung des Sachverhaltes beauftragt haben, beziehungsweise beauftragen werden.
• Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister ohne Beleg oder Beweis zu unterlassen

Zuletzt appellieren wir dafür, Ansehen des Rates, der Verwaltung und des Amtes des Oberbürgermeisters nicht zu schädigen oder für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. Ebenso wünschen wir uns, dass trotz unterschiedlicher Ansichten und Vorgehensweisen der Fraktionen Recht und Gesetz beachtet, demokratische Grundsätze eingehalten und das menschliche Miteinander nicht beschädigt werden."


Die zuständige Kommunalaufsicht im Innenministerium erklärte im Vorfeld der Ratssitzung am vergangenen Dienstag, dass sich ein entsprechender Vorgang in Prüfung befinde, der Vorgang aber zu komplex sei, um hierzu bereits Auskunft zu geben. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig teilte unserer Online-Zeitung am vergangenen Mittwoch mit, dass derzeit keinerlei Verfahren oder Strafanzeigen gegen oder unter Beteiligung von Dr. Oliver Junk anhängig seien.


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