Exklusiv-Interview mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière

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regionalHeute.de Redaktionsleiter Werner Heise stellte Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Fragen. Fotos: Moritz Eden
regionalHeute.de Redaktionsleiter Werner Heise stellte Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Fragen. Fotos: Moritz Eden | Foto: Moritz Eden

Region. Als Bundesinnenminister führt Dr. Thomas de Maizière (CDU) eines der wichtigsten Ministerien. Er ist unter anderem für die innere Sicherheit in Deutschland zuständig. Aus Anlass seines Besuches in der Region, haben wir mit ihm ein exklusives Interview zum Thema Sicherheit vor unserer Haustür und in der digitalen Welt geführt.


Was ist Ihrer Ansicht nach die größte Bedrohung der inneren Sicherheit in Deutschland?

Thomas de Mazière: Zunächst mal gilt nach wie vor: Wir leben in Deutschland in einem der sichersten Länder der Welt. Aber die Terrorgefahr ist hoch. Und leider ist in der letzten Zeit eine Zunahme von Extremismus in allen Bereichen zu verzeichnen. Auch die Gewaltkriminalität nimmt zu. Da müssen wir klare Kante zeigen und Extremismus und erst Recht Terrorismus in jeder Form und aus jeder Richtung hart bekämpfen. Dabei darf aber nicht die Alltagskriminalität in den Hintergrund rücken. Auch wenn hier die Entwicklung besser aussieht, dürfen wir beispielsweise beim Kampf gegen den Wohnungseinbruch nicht nachlassen.

Vor wenigen Tagen bat Facebook-Gründer und -Chef Mark Zuckerberg um Vergebung für die Art und Weise, wie Facebook verwendet wird, um Menschen zu spalten, anstatt diese zusammenzubringen. Wie sehen Sie Facebook? Hat das Netzwerk mit seinem Algorithmus dazu beigetragen, Deutschland zu verändern?

Thomas de Mazière: Natürlich ist das Internet und vor allem die damit verbundenen vielfältigen Möglichkeiten, rund um die Uhr mit der ganzen Welt zu kommunizieren großartig. Das hat auch enormen Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen. Gute wie schlechte gleichermaßen. Und natürlich haben gerade diejenigen, die wirtschaftlich am meisten davon profitieren, wie beispielsweise Facebook, hier auch eine besondere Verantwortung, dass ihre Angebote nicht für extremistische Inhalte und Propaganda missbraucht werden. Da hätte ich mir in der Vergangenheit deutlich mehr Engagement gewünscht. Und wir wollen, dass hinter jeder Meinung ein Mensch steht und keine Maschine.

Messenger-Dienste wie WhatsApp verschlüsseln die Kommunikation untereinander. Die neue deutsche Sicherheitsbehörde ZITiS will Medienberichten zufolge daran arbeiten, diese Verschlüsselung zu knacken. Stimmt das und falls ja, steht dies nicht im Widerspruch zum Postgeheimnis oder der digitalen Agenda der Bundesregierung, die sich das Ziel gibt Verschlüsselungs-Standort Nr. 1 auf der Welt zu werden?

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Thomas de Maizière bei einer Wahlkampfveranstaltung in Wolfenbüttel. Foto: Moritz Eden



Thomas de Mazière: Das Gegenteil ist richtig. Kriminalität verlagert sich zusehends auch in die digitale Welt. Außerdem kommunizieren Straftäter, insbesondere auch Terroristen natürlich auch über das Internet. Häufig verschlüsselt und verschleiert. Sicherheitsbehörden müssen auch im Internet ihre Aufgaben wahrnehmen und Gefahren abwehren und Straftaten aufklären können. Sie brauchen im Internet nicht mehr, aber auch nicht weniger Befugnisse als auf der Straße. Es wäre doch geradezu absurd, wenn wir akzeptieren würden, dass es Bereiche gibt, die sich jedweder Kontrolle per se entziehen. Und wichtig ist mir noch eins: Es geht nicht um die Überwachung bestimmter Kommunikationsformen als Selbstzweck. Es geht in bestimmten Einzelfällen darum, Straftaten zu verhindern oder Straftäter festzusetzen.

Polizeiarbeit ist Ländersache, hierdurch haben sich unterschiedliche Standards und Arbeitsmethoden entwickelt. Was muss sich Ihrer Ansicht nach in der Polizeiarbeit ändern und inwiefern sollte diese vielleicht Bundessache werden?

Thomas de Mazière: Wir brauchen die Kenntnisse und die Erfahrungen der Polizistinnen und Polizisten vor Ort. Da würde eine vollständige Zentralisierung sicher mehr schaden als helfen. Richtig ist aber, dass wir keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit in Deutschland haben sollten. Und da ist es zum Beispiel ein großer Schritt nach vorn, dass wir mit den Ländern vereinbart haben, ein Musterpolizeigesetz zu erarbeiten, das dann hoffentlich für alle gilt.

Einzelne Städte in Deutschland beklagen einen zu hohen Anteil an Flüchtlingen. Für Salzgitter gilt seit Kurzem eine vom Land verordnete Zuzugsbremse. Ist dies eine Lösung in Ihrem Sinne?

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Thomas de Maizière wirft der rot-grünen Landesregierung in Niedersachsen Versäumnisse vor. Foto: Moritz Eden



Thomas de Mazière: Ja. Über die Verteilung müssen die Kollegen im Land und in den Kommunen entscheiden. Dort liegen die nötigen Kenntnisse über die Besonderheiten vor Ort. Richtig ist aber, dass die vernünftige Verteilung ein wichtiger Beitrag für gelingende Integration sein kann. Und natürlich sollte sie auch verhindern, dass einzelne Kommunen unverhältnismäßig große Lasten zu tragen haben. Wir haben mit dem Integrationsgesetz die Möglichkeit für die Länder geschaffen, das Instrument der Wohnsitzauflage einzuführen, um die Verteilung der Flüchtlinge intelligent zu steuern. Leider hat es rot-grün in Niedersachsen bisher verpasst, dieses Instrument im vollem Umfang zu nutzen.

Die Bürger der Region Braunschweiger Land sehen sich immer mal wieder mit Meldungen, die im Zusammenhang mit Terror vor der eigenen Haustür stehen konfrontiert. 2015 wurde der Braunschweiger Karnevalsumzug kurz vor Beginn abgesagt, da eine konkrete Terrorgefahr vorgelegen haben soll. In Wolfsburg leben Terrorverdächtige, die dem IS angehören sollen und in Braunschweig hat der Verfassungsschutz eine Moschee im Visier. Wie gefährdet ist unsere Region, wieviel potentieller Terror steckt in ihr? Und warum wurde die konkrete Gefahr, die zur Absage des Braunschweiger Karnevalumzuges geführt, hat bis heute nicht benannt?

Thomas de Mazière: Wir leben in Europa in einem Raum gemeinsamer Werte der Freiheit. Und die Verbrecher des islamistischen Terrorismus sehen diesen Raum insgesamt als Feindesland. Die Gefährdung ist leider insgesamt und überall hoch. Die Sicherheitsbehörden arbeiten jedoch mit Hochdruck daran, alles erdenklich und rechtsstaatlich Mögliche zu unternehmen, um Anschläge zu verhindern. Und Gott sei Dank ist das in der Vergangenheit auch immer wieder erfolgreich gelungen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie immens schwierig es ist, bei einer vorliegenden Warnung zu entscheiden, ob eine Veranstaltung stattfinden darf oder nicht. Und ich wünschte mir da manches Mal etwas mehr Vertrauen in die Verantwortungsträger vor Ort.

Welche Frage wurde Ihnen in einem Interview noch nie gestellt und wie lautet die Antwort darauf?

Thomas de Mazière: Mir wurde noch nie die Frage gestellt, welche Frage mir noch nie gestellt wurde. Antwort siehe oben….

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