Flaschensammeln und Grundsicherung: Altersarmut auf Rekordhoch

Trotz der angekündigten Rentenerhöhung im Juli bleibt Altersarmut in Niedersachsen ein großes Problem – auch in der Region.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Region. Immer öfter sieht man sie, auch in der Region: Ältere Menschen, die auf der Suche nach Pfandflaschen die öffentlichen Mülleimer durchsuchen. Nicht nur in den größeren Städten, auch in den kleineren Orten gehören sie längst zum alltäglichen Bild. Die Altersarmut steigt besorgniserregend an.



Wie aus der Sozialberichterstattung 2024 des Landesamtes für Statistik Niedersachsen hervorgeht, erreichte die Armutsgefährdung für Menschen ab 65 in Niedersachsen im Jahr 2023 einen Höchststand – ganze 17,9 Prozent der Bürger dieser Altersgruppe gelten demnach als zumindest von Armut bedroht. Als armutsgefährdet gelten laut des Landesamtes dabei alle Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 60 Prozent des regionalen Durchschnitts.

Frauen besonders gefährdet


Besonders eklatant ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen: Bei den Männern ab 65 sind 14,9 Prozent von Armut bedroht, bei den Frauen jedoch 20,4 Prozent – also jede fünfte Frau in Niedersachsen über 65. Gründe hierfür sind Rentenlücken durch Kinderbetreuung und Ähnliches, aber auch der Umstand, dass viele Frauen während ihres Erwerbslebens lediglich in Teilzeit beschäftigt waren und daher auch weniger in die Rentenkasse einbezahlt haben.

Immer öfter Grundsicherung im Alter nötig


Wenn die Rente nicht zum Leben reicht, muss oft zusätzlich die Grundsicherung beantragt werden, was für viele Betroffene eine mit Scham behaftete Notwendigkeit ist. Wer ein Leben lang gearbeitet und somit seinen Lebensunterhalt selbst und unabhängig bestritten hat, tut sich oft schwer damit, im Alter den Staat um Hilfe bitten zu müssen. Die Folge ist, dass das eigene Selbstwertgefühl beeinträchtigt wird und das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen steigt. Durch die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten kommt außerdem die soziale Teilhabe zu kurz – die Menschen vereinsamen. Zwar lag der Anteil der 65-Jährigen und Älteren, die von erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen betroffen waren, mit 4,4 Prozent unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (7,7 Prozent), aber die Quote ist im Zehnjahresvergleich um 1,0 Prozentpunkte gestiegen: Im Dezember 2023 bezogen bereits 69.220 Personen über der Regelaltersgrenze Grundsicherung im Alter.

Renten steigen – vorerst


Zum 1. Juli sollen die Renten um 3,74 Prozent steigen. Das erscheint zunächst erfreulich, jedoch könnte für einige Rentner bereits im Dezember die Gesamtrente durch eine Änderung bei der Witwenrente, die dann in Kraft tritt, sogar weniger werden: Der Rentenzuschlag für langjährige Erwerbsminderungsrentner soll dann als Einkommen auf Witwenrenten und Grundrenten angerechnet werden. Welche Auswirkungen das auf die Altersarmut auch in Niedersachsen haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Verschärfung der Lage droht


Durch den demografischen Wandel droht eine Verschärfung der Situation: Die Menschen werden nicht nur immer älter und beziehen damit länger Rente, auch der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge. Das führt dazu, dass zwar immer mehr Menschen Altersrente beziehen, aber zeitgleich immer weniger Erwerbstätige in die Rentenkasse einzahlen. Eine Reform der gesetzlichen Rente gilt als überfällig, wurde jedoch von CDU und SPD nicht konkret im Koalitionsvertrag festgehalten – eine eigene Kommission soll lediglich Vorschläge für eine echte Reform bis zur Mitte der Legislaturperiode ausarbeiten. Ob die neue Regierung auch der zunehmenden Altersarmut etwas entgegensetzen kann, bleibt abzuwarten.