Berlin. Der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall fordert Union und Liberale auf, SPD und Grüne im Bundestag bei dem Vorhaben zu unterstützen, Unternehmen noch vor der Bundestagswahl bei den Netzentgelten zu entlasten. "Die hohen Netzentgelte belasten die Industrie extrem. Da haben wir nicht noch ein halbes, dreiviertel Jahr Zeit, bis eine neugewählte Regierung die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen hat, im Amt ist und den Haushalt auf den Weg bringt", sagte Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagausgabe).
Deshalb appelliere er an CDU/CSU und FDP, "beim Thema Senkung der Netzentgelte nochmal zu prüfen, ob sie SPD und Grünen nicht doch noch die Hand reichen", sagte Zander: "Wir brauchen hier schnellstmöglich Entlastung. Für die mittelständische Industrie wären es immerhin rund 5 Cent pro Kilowattstunde."
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte jüngst klargestellt, vor der Neuwahl werde es keine Wirtschaftswende mehr geben. Größere Gesetzesvorhaben der Rest-Ampel werde die Union im Bundestag nicht unterstützen. Dazu sagte Gesamtmetall-Chef Zander der NOZ: "Das Wirtschaftsdynamisierungspaket war ja keine Riesenreform. Es wäre allerdings eine Verbesserung mit vielen kleinen Schritten gewesen. Das wird bedauerlicherweise nicht mehr kommen."
Umso wichtiger sei es nun, zumindest bei den Netzentgelten für Entlastung zu sorgen. "Es geht um fünf bis zehn Milliarden Euro, es wäre wirklich gut angelegtes Geld. Und die Schuldenbremse müsste dafür nicht ausgesetzt werden", so Zander.
Die Arbeitgeber erhoffen sich von einem Regierungswechsel eine Senkung der Lohnnebenkosten. "Die Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung drohen in den nächsten Jahren völlig aus dem Ruder zu laufen. Derzeit laufen wir auf 42 Prozent vom Bruttoentgelt zu, wenn nicht endlich gegengesteuert wird, landen wir 2035 bei gut 50 Prozent. Das ist weder für Arbeitnehmer noch für Arbeitgeber zu stemmen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die nächste Bundesregierung müsse "die ausufernden Sozialversicherungsbeiträge endlich in den Griff bekommen". Nach Ansicht von Zander sollten die Sozialversicherungsbeiträge "nicht höher liegen als bei 40 Prozent". Aus Erfahrung wisse man, "dass ab dieser Grenze Beschäftigungsverluste drohen".
Zander hob hervor: "Wenn in lohnintensiven Branchen die Sozialversicherungsbeiträge steigen und steigen, sehen wir vielfach auch ein Abgleiten in die Schwarzarbeit." Es gehe nicht darum, den Sozialstaat zu schleifen, sagte Zander und fügte hinzu: "Aber die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft müssen schon ausbalanciert sein. Und da sehe ich bei der Sozialdemokratie aktuell noch kein Umdenken. Sich im Wahlkampf allein als Partei für soziale Wohltaten und den Spitzenkandidaten als Friedenskanzler zu verkaufen, kann es doch wohl angesichts der dramatischen Wirtschaftslage nicht sein."
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