Region. Am Montag erstrahlte die Region Braunschweig in Orange – der Farbe des weltweiten Aktionstags „Orange Day“, der auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam macht. Zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen sollten das Bewusstsein für das Problem schärfen. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 360 Frauen getötet, dies ergibt der aktuelle Lagebericht des Innenministeriums. Doch wie sieht die Situation in unserer Region aus? regionalHeute.de hat bei der Polizeidirektion Braunschweig nachgefragt.
Die Polizeidirektion meldet, dass im Jahr 2023 insgesamt 16 Straftaten gegen das Leben im Kontext häuslicher Gewalt im Raum Braunschweig registriert wurden. Darunter sind sechs vollendete Taten und zehn Versuche. Dabei weist die Polizei darauf hin, dass solche Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen in die Statistik einfließen. Die Tatzeiten können also teils in früheren Jahren liegen.
Häusliche Gewalt, ein zentraler Aspekt im Kontext von Gewalt gegen Frauen, nimmt in der Region zu: 4.610 Fälle wurden 2023 registriert, was einen Anstieg von 682 Fällen im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Die meisten Opfer sind Frauen – 2.888 im Vergleich zu 1.155 männlichen Betroffenen.
Es braucht ein Netzwerk
Michael Pientka, Präsident der Polizeidirektion Braunschweig, betonte in einem Statement die Bedeutung von Vernetzung und Prävention:
"Häusliche Gewalt ist ein ernstzunehmendes Problem, das Spuren hinterlässt – bei den Opfern, den Betroffenen und in unserer gesamten Gesellschaft. Der Schutz vor häuslicher Gewalt ist eine Aufgabe, die der Staat nur gemeinsam mit der Polizei, der Justiz, den Beratungsstellen sowie weiteren Netzwerkpartnern bewältigen kann und wo die Gesellschaft insgesamt gefordert ist."
Als Erfolg hebt er die 2018 gegründete „Interdisziplinäre Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt“ (iKOST HG) hervor, ein Zusammenschluss von 51 Partnerorganisationen aus der Region Braunschweig, die gemeinsam Lösungen zur Unterstützung von Betroffenen entwickeln.
Gewalthilfegesetz auf der Kippe
Parallel zur regionalen Auseinandersetzung mit dem Thema steht auf Bundesebene ein Entwurf für ein Gewalthilfegesetz auf der politischen Agenda. Am heutigen Mittwoch hat das Bundeskabinett dem Gesetzesentwurf zugestimmt, der von Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) initiiert wurde. Ziel ist es, Frauen ein gesetzlich verankertes Recht auf Schutz vor Gewalt zu gewähren. Der Bund würde in diesem Zuge finanzielle Mittel für Frauenhäuser, Beratungsstellen und ähnliche Hilfsangebote bereitstellen.
Die Umsetzung bleibt jedoch ungewiss. Die Ampel-Koalition ist durch das Ausscheiden der FDP auf eine Minderheitsregierung geschrumpft. Eine Zustimmung im Bundestag hängt nun von der Unterstützung anderer Parteien ab. Während die CDU ein eigenes Konzept zum Schutz von Frauen vorgelegt hat, bleibt offen, ob dies eine Grundlage für Einigung oder Konflikt sein wird.
Die Zeit drängt. Kanzler Olaf Scholz will bald die Vertrauensfrage stellen, und es bleiben nur noch wenige Sitzungstage in dieser Legislaturperiode. Ein Scheitern des Gesetzes wäre ein Rückschlag für die vielen Betroffenen, die dringend Unterstützung brauchen, so sind sich auch die Gleichstellungsbeauftragten in der Region sicher.
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