Tiddische. Gestern haben die Vorsitzende des Besamungsvereins Gifhorn e.V. Petra Both, Zuchtinspektor der Masterrind Berend Raupers und Betriebsleiter Jens Röhl ab 19 Uhr zum Sommertreffen eingeladen. Bei einem Betriebsrundgang wurde über Aktuelles zur Rindervermarktung und -zucht informiert, bevor der Abend an der „Schlemmerstation“ seinen Ausklang fand.
Der Begriff „Besamungsverein“ führt oft zu drei Reaktionen: Stirnrunzeln, Grinsen oder beides. Für viele ist das Thema Besamung wohl eher befremdlich. Für einen Landwirt, der Milch produziert, ist es Alltag. Schauen wir also, was dahintersteckt.
Beim Besamungsverein dreht sich alles um die Kuh. Foto: Annabell Pommerehne
Genau wie bei Frauen produziert der Körper einer Kuh nur dann Milch, wenn sie ein Baby versorgen muss. Damit eine Kuh regelmäßig Milch geben kann, muss sie also regelmäßig ein Kalb bekommen. Das wiederum bedeutet, dass die Kuh regelmäßig tragend werden muss. Man darf sich nun vorstellen, dass ein Bulle kein zärtlicher Liebhaber ist. Um die Verletzungsgefahr gering zu halten und vor allem auch um Krankheitsübertragungen zu vermeiden, werden Kühe heute überwiegend künstlich besamt.
Bullen sind keine zärtlichen Liebhaber
Die Rolle des Besamers übernimmt in vielen Fällen der Landwirt selbst, nachdem er eine Schulung zum „Eigenbestandsbesamer“ absolviert hat. Als Alternative bieten Zuchtverbände so genannte Besamungstechniker an, die von Betrieb zu Betrieb fahren und dort die Kühe besamen. Ein weiterer Vorteil der künstlichen Besamung ist, dass gezielt gezüchtet werden kann. So ist es heute möglich, sich einen Bullen auszusuchen, der genau die Merkmale vererbt, die man sich für sein zukünftiges Kalb wünscht. Dabei ist es nun nicht mehr notwendig, den Bullen zur Kuh zu bringen – man bringt einfach das Sperma zur Kuh, was natürlich logistisch einfacher, sicherer und schneller ist.
Ein vererbbares Merkmal ist beispielsweise die Fähigkeit, viel Milch zu produzieren. Aber auch auf Tiergesundheit wird in der Zucht sehr viel Wert gelegt. Entgegen der Meinung vieler, liebt der Landwirt seine Tiere und stellt ihr Wohl in den Vordergrund. Letztlich kann auch nur eine gesunde Kuh wirtschaftlich sein und das ist das Ziel einer jeden Wirtschaft, so auch der Land- und Viehwirtschaft.
Tierwohl steht im Vordergrund
Unter anderem mithilfe der künstlichen Besamung, Forschung und innovativer Technologien konnte in den letzten Jahrzehnten ein großer Zuchtfortschritt erreicht werden. Das Thema Genetik wird dabei sehr großgeschrieben, weil anhand der Genetik eines Tieres bereits Rückschlüsse auf die vererbbaren Merkmale gezogen werden können. Anstelle Tiere anzupaaren und abzuwarten, welche Merkmale sich in welchem Ausmaß an das Kalb vererben, kann dies heute anhand der genetischen Besonderheiten der Tiere schon vorher festgestellt werden.
Rund 50 Gäste versammelten sich auf dem Betrieb in Tiddische um Betriebsleiter Jens Röhl und Zuchtinspektor Berend Raupers. Foto: Annabell Pommerehne
Nach einer Begrüßung durch Betriebsleiter Jens Röhl, informierte Zuchtinspektor Berend Raupers beim Sommertreffen über den aktuellen Stand der „genetischen Züchtung“ und auch der Vermarktung von Rindern, insbesondere ins Ausland. Raupers ist Beauftragter der Masterrind GmbH. Die Masterrind, mit Sitz in Verden, ist deutschland- und europaweit das führende Unternehmen in den Bereichen Rinderzucht und Vermarktung.
Familie ist das Herz des Betriebes
Bei einem kleinen Rundgang konnten die rund 50 Gäste des Sommertreffens einen Einblick in den Milchviehbetrieb von Jens Röhl bekommen. Mit 100 Milchkühen und noch einmal derselben Anzahl an Jungtieren zählt der Betrieb heute schon zu den kleineren Familienbetrieben. Familie ist hier Herz und Motor: Drei Generationen packen täglich auf dem Hof mit an, unterstützt von zwei Auszubildenden, die jedes Jahr wieder liebevoll in die Familiengemeinschaft aufgenommen werden.
Levi Röhl ist der erste, der sich traut so viele Cola-Kisten wie möglich zu stapeln. Die Kühe auf der Weide lässt dieses waghalsige Vorgehen eher kalt. Foto: Annabell Pommerehne
Auch beim Sommerfest halfen alle Familienmitglieder, inklusive „alter und neuer“ Auszubildender, tatkräftig mit. So verkaufte zum Beispiel der erste Sohn der Familie, Elischa Röhl, ökologisch hergestelltes Bauernhofeis und Josia Röhl, der zweite Sohn, stellte den von ihm initiierten neuen Betriebszweig vor: Er schaffte sich mit Unterstützung seiner Eltern zwei Weiland-Hühnermobile an und verkauft seit einiger Zeit im eigenen Hofladen Eier aus Freilandhaltung. Daneben wurden Ponykutschfahrten, waghalsiges Cola-Kistenklettern, Leckereien aus der „Schlemmerstation“ und kühle Getränke organisiert. In der Strohhalle wurden Tische und Bänke aufgebaut, an denen das ein oder andere Fachgespräch geführt werden konnte.
Eier aus Freilandhaltung
Letztendlich war das Sommertreffen des Besamungsvereins ein gemütliches und herzliches Zusammenkommen für Jung und Alt, Fachleute und interessierte „Kuh-Neulinge“.
Vor der Strohhalle, die mit Tischen und Bänken bestückt wurde, konnten sich die Gäste an der "Schlemmerstation" satt essen. Foto: Annabell Pommerehne
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